Die Verarbeitung von Häufigkeiten bei der Urteilsbildung

Martin Baumann & Josef F. Krems

TU Chemnitz
Reichenhainer Str. 41, 09107 Chemnitz
E-Mail: martin.baumann@phil.tu-chemnitz.de

Wir sind ständig gezwungen, unsere Meinungen aufgrund neuer Informationen zu aktualisieren. Dabei basiert die Einschätzung der Validität einer neuen Information oft auf dem Wissen darüber, wie häufig dieser Information ein bestimmtes Ereignis folgt oder nicht. Wie häufig regnet es, wenn am Morgen Regen vorhergesagt wird,und wie häufig regnet es nicht? Wir untersuchten in unseren Experimenten den Zusammenhang zwischen Aktualisierungsprozeß und Häufigkeitslernen. Zur Beschreibung des Aktualisierungsprozesses verwendeten wir das Modell von Hogarth und Einhorn (1992), das für die von uns in den Experimenten verwendeten Folgen von widersprüchlichen Informationen einen Recency-Effekt vorhersagt.
Die Versuchspersonen bearbeiteten zunächst eine Reihe von Klassifikationsaufgaben, bei denen sie anhand von probabilistischen Informationen ein Objekt einer von zwei Kategorien zuordnen mußten. Diese Phase diente dem Erwerb von Wissen über die Wahrscheinlichkeit, mit der die jeweilige Information die Kategorie vorhersagt. Anschließend gaben die Versuchspersonen Ratingurteile über die Kategorienzugehörigkeit eines Objekts gegeben die jeweilige Information ab.
Die Daten der Klassifikationsaufgaben zeigten in verschiedenen Experimenten den vorhergesagten Recency-Effekt für inkonsistente Informationen. In den Ratingurteilen konnten wir diesen Recency-Effekt nur finden, wenn die Versuchspersonen die Wahrscheinlichkeit der Kategorienzugehörigkeit einschätzen sollten, nicht bei Einschätzungen der absoluten Häufigkeit oder der "belief strength". Wir konnten ausschließen, daß dieser Effekt in den Wahrscheinlichkeitsratings auf falsch gelernte Häufigkeiten zurückzuführen ist.
Die Ergebnisse bestätigen damit weitgehend die Vorhersagen des Modells von Hogarth und Einhorn (1992). Sie machen aber auch deutlich, daß eine Differenzierung des Modells mit Blick auf die Form der Entscheidung (Rating, Klassifikation), die von der Versuchsperson verlangt wird, notwendig ist.

Beitrag zum Symposium Verarbeitung von Häufigkeiten, Donnerstag, 1. April 1999, 08:30-12:00, HS 22

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