Wenn die Verhältnisse sich ändern: Häufigkeitsschätzungen und ihre Modellierung

Peter Sedlmeier & Ralph Hertwig

Universität-GH Paderborn und MPIB Berlin
FB 2 - Psychologie, 33095 Paderborn
E-Mail: sedl@psycho.uni-paderborn.de, hertwig@mpib-berlin.mpg.de

Bei Experimenten zu Häufigkeitsschätzungen wird die relative Häufigkeit der zu schätzenden Ereignisse über den Versuch hinweg in der Regel konstant gehalten. Die Konstanz von relativen Häufigkeiten über die Zeit hinweg ist jedoch im Alltag eine eher unrealistische Annahme. Wie wirkt sich eine Veränderung der Auftretenswahrscheinlichkeit über die Zeit hinweg auf Häufigkeitsschätzungen aus? Die Versuchsteilnehmer sahen hintereinander 200 Darbietungen von Musterpaaren auf einem Computerbildschirm, pro Darbietung jeweils ein Muster in der linken und eines in der rechten Bildschirmhälfte. Am Schluß des Versuches mußten die Versuchsteilnehmer für jedes der verwendeten 5 Muster die relative Häufigkeit angeben, mit der es über den gesamten Versuch hinweg in der linken Bildschirmhälfte aufgetreten war. Diese relativen Häufigkeiten veränderten sich über die Darbietungsfolge hinweg. Es stellte sich heraus, daß die gegen Ende des Versuches dargebotenen relativen Häufigkeiten die Schätzungen der Versuchsteilnehmer stärker beeinflußten. Wenn beispielsweise die dargebotene relative Häufigkeit für ein bestimmtes Muster über den Versuch hinweg anstieg, dann wurde die relative Häufigkeit dieses Musters überschätzt und wenn die relative Häufigkeit abnahm, dann wurde sie unterschätzt. Es wurde untersucht, wie gut zwei Modelle zu Häufigkeitsschätzungen, Hintzmans (1988) MINERVA 2 und Sedlmeiers (in press) PASS dieses Ergebnis reproduzieren konnten. Während die Simulation mit PASS eine gute Annäherung an die Schätzungen der Versuchsteilnehmer ergab, konnte der gefundene Effekt von MINERVA 2, zumindest in seiner gegenwärtigen Fassung, nicht modelliert werden.
Hintzman, D. L. (1988). Judgments of frequency and recognition memory in a multiple-trace memory model. Psychological Review, 95, 528-551.
Sedlmeier, P. (in press). Improving statistical reasoning: theoretical models and practical implications. Erlbaum.

Beitrag zum Symposium Verarbeitung von Häufigkeiten, Donnerstag, 1. April 1999, 08:30-12:00, HS 22

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