Über die Auswirkungen der Aktivierung von Selbstwissen auf die Art der Informationsverarbeitung

Benjamin Schubert

Institut für Psychologie, TU-Berlin
Franklinstr. 5-7, 10587 Berlin
E-Mail: ben@hal.gp.tu-berlin.de

Unter Feldabhängigkeit wird die Tendenz von Personen verstanden, bei der Verarbeitung von Informationen von einem kontextuellen Bezugsrahmen beeinflußt zu werden. Meßbar ist diese, typischerweise als Personenvariable verstandene, Tendenz mit dem „Embedded Figures Test“ (EFT, Witkin et al., 1950). Hierbei besteht die Aufgabe der Probanden darin, möglichst schnell eine vorgegebene einfache Figur zu erkennen, die in eine komplexe Figur (d.h. einen Kontext) eingebettet ist.
Kulturvergleichende Studien haben gezeigt, daß Angehörige individualistischer Kulturen die vorgegebenen Figuren besser aus dem Kontext herauslösen können, d.h. weniger feldabhängig sind, als Mitglieder kollektivistischer Kulturen. Ziel der vorliegenden Studie war es zu zeigen, daß dieser Befund vermittelt durch die Zugänglichkeit unterschiedlichen Selbstwissen in diesen Kulturen zustande kommt.
So definieren Angehörige individualistischer Kulturen das Selbst bevorzugt durch abstrakte, d.h. vom Kontext unabhängige Merkmale, während Mitglieder kollektivistischer Kulturen das Selbst durch den Bezug zu anderen Personen und damit kontextgebunden definieren. Daher sollten hoch zugängliche autonome Selbstkonstrukte feldunabhängige, hoch zugängliche soziale Selbstkonstrukte jedoch feldabhängige Informationsverarbeitung begünstigen.
Um diese Hypothese zu überprüfen, sollten die Versuchspersonen zunächst entweder Unterschiede zu anderen Personen aufschreiben (Aktvierung autonomen Selbstwissens) oder aber Gemeinsamkeiten mit anderen Personen bennen (Aktvierung sozialen Selbstwissens). Anschließend bearbeiteten die Teilnehmer in einer zweiten, für sie augenscheinlich unverbundenen Untersuchung den EFT.
Versuchspersonen, bei denen autonomes Selbstwissen aktiviert worden war, zeigten erwartungsgemäß kürzere Lösungszeiten, d.h. geringere Feldabhängigkeit als Personen, bei denen soziales Selbstwissen aktiviert worden war.
Die Ergebnisse werden einerseits in bezug auf die Frage, ob Feldabhängigkeit lediglich als Personvariable zu verstehen ist, und andererseits hinsichtlich ihrer Bedeutung für die kulturvergleichende Forschung diskutiert.

Referat in der Gruppe Soziale Kognition: Kategorisierung und Gruppenprozesse I, Montag, 29. März 1999, 14:30, HS 18

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