Der Einfluss der Selbstkategorisierung auf die impliziten und expliziten Einstellungen zwischen Ost- und Westdeutschen

Michael Schiessl & Ulrich Kuehnen

Institut für Psychologie, Technische Universitaet Berlin
Franklinstr. 5-7, 10587 Berlin
E-Mail: schiessl@gp.tu-berlin.de

Untersucht wurde der Einfluss der situationalen Selbstkategorisierung auf die impliziten und expliziten Einstellungen zwischen Ost- und Westdeutschen.
Probanden waren 37 Studenten der Universitaet Jena und 34 Studenten der TU-Berlin. Implizite Einstellungen wurden mit Hilfe des Implicit Association Test, Greenwald (1998) gemessen. Explizite Einstellungen wurden mit zwei semantischen Differentialen erhoben. Als Aktivierung diente ein Fragebogen, wie er ueblicherweise im False-Consensus-Paradigma Verwendung findet. In der Aktiv-Bedingung sollten Probanden die Uebereinstimmung mit Ost- bzw. Westdeutschen bei der Beantwortung dreier nicht Ost/West relevanter Fragen einschaetzen. In der Neutral-Bedingung sollten sie die Uebereinstimmung mit Maennern und Frauen schaetzen.
Die Ergebnisse zeigten, dass Ost- und Westdeutsche auf dem impliziten Mass die Ingroup relativ zur Outgroup deutlich bevorzugen. Darueberhinaus konnte gezeigt werden, dass die statushoehere Gruppe (Westdeutsche) in der Aktivierungsbedingung eine relativ staerkere In-Group/Out-Group Differenzierung auf dem impliziten Mass aufwies, als in der Neutralbedingung. Auf dem expliziten Mass nahm die In-Group/Outgroup Differenzierung (positive Einschaetzung West im Vergleich zur positiven Einschaetzung Ost) nach der Aktivierung ab. Fuer die statusniedrigere Gruppe (Ostdeutsche) zeigte sich der umgekehrte Effekt; nach der Aktivierung der Gruppenzugehoerigkeit sank die In-Group/Outgroup Differenzierung auf dem impliziten Mass, auf dem expliziten Mass nahm sie zu.
Ausgehend von System Justification (Blair, Banaji 1996) wird die relativ schlechtere Einschaetzung der Ostdeutschen als Aktivierung eines negativen impliziten Autostereotypes interpretiert. Auf dem expliziten Mass hingegen zeigt sich ein bewusster Kompensationsprozess im Sinne von Tajfels Social Identity Theory. Fuer die Westdeutschen bedeutet die Aktivierung eine bessere Zugaenglichkeit impliziter positiver Evaluationen der eigenen Gruppe. Aufgrund sozialer Erwuenschtheit werden diese auf dem expliziten Mass korrigiert.

Referat in der Gruppe Soziale Kognition: Kategorisierung und Gruppenprozesse I, Montag, 29. März 1999, 14:00, HS 18

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