Motivierte Aufmerksamkeit: Kortikale Maße selektiver Verarbeitung

Harald T. Schupp, Almut Weike, Peter J. Lang & Alfons O. Hamm

Institut für Allgemeine und Physiologische Psychologie, Universität Greifswald
Franz-Mehring-Str. 47, 17489 Greifswald
E-Mail: schupp@uni-greifswald.de

In einer Serie von Studien wurde die Hypothese überprüft, daß emotionsrelevante Aspekte einer Situation zu charakteristischen Änderungen der Aufmerksamkeit führen, die Prozesse der Bewertung, Selektion und Fokussierung beinhalten. “Motivierte" Aufmerksamkeit wurde in einem passiven Bildbetrachtungsparadigma operationalisiert, in dem die Probanden affektive Bilder betrachteten. Eine Serie von Studien zeigte eine reliable Modulation der kortikalen Verarbeitung affektiver Reize entsprechend den Dimensionen Valenz und Aktivierung. (1) Angenehme Bilder führen bereits nach ca. 200 ms. zu einer stärkeren Positivierung gegenüber neutralen aber auch unangenehmen Bildinhalten. (2) Unangenehme Bilder lösen gegenüber neutralen Reizen ebenfalls (mit verzögerter Latenz) eine stärkere Positivierung aus. (3) Angenehme und unangenehme Bilder führen zu über mehrere Sekunden andauernden positiven Potentialverschiebungen. Während des Bildbetrachtens gelegentlich dargebotene Schreckreize ermöglichen zusätzliche Einblicke in die kortikale Informationsverarbeitung. Affektive Vordergrundreize modulieren nicht nur die Lidschluß-Schreckreaktion, sondern ebenfalls die schreckreizevozierte kortikale P3-Welle. Im Gegensatz zu der Lidschlußreaktion bildet die P3-Welle jedoch nicht die Valenz der Bilder ab, sondern ist bei aktivierenden angenehmen und unangenehmen Bildern deutlich verringert. Diese kortikalen Maße differenzieren nicht nur affektive gegenüber neutralen Kontexten, sondern variieren auch systematisch mit der Aktivierungsdimension innerhalb der aversiven und appetitiven Valenzklasse. In einer weiteren Studie wurden die Bildinhalte nach spezifischen, diskreten Kategorien menschlicher Erfahrung (z. B. Trauer, Ekel, Verstümmelungen, Erotik, Sport ) ausgewählt. Die Ergebnise zeigen die Bedeutung der Valenz- und Aktivierungsdimension auch für diskrete Bildkategorien, obwohl sich für spezifische Inhalte auch Abweichungen ergaben. Zusammengenommen zeigen diese kortikalen Maße die selektive Verarbeitung von aktivierenden, motivational relevanten Reizen an, die als Ausdruck einer intensiveren perzeptuell/zentralen Verarbeitung gesehen werden kann.

Referat in der Gruppe Emotion, Dienstag, 30. März 1999, 10:30, HS 22

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