Phonographische Nachbarn in der Benennungsaufgabe

Ralf Graf & Hans-Christoph Nuerk

Institut fuer Psychologie, Katholische Universität Eichstaett
Ostenstr. 26, D-85072 Eichstaett
E-Mail: Ralf.Graf@ku-eichstaett.de

Von orthographischen Nachbarn (ein neues Wort entsteht durch Austausch eines Buchstabens) und phonologischen Nachbarn (ein neues Wort entsteht durch Austausch eines Phonems), können phonographische Nachbarn unterschieden werden. Phonographische Nachbarn entstehen als Schnittmenge orthographischer und phonologischer Nachbarn, wenn der Buchstabenaustausch exakt dem Austausch des zugeordneten Phonems entspricht.
Peereman & Content (1997) behaupten, daß der erleichternde Effekt orthographischer Nachbarn in der Benennungsaufgabe auf phonographische Nachbarn zurückzuführen sei und somit keinen genuin orthographischen, sondern zumindest partiell einen phonologischen Effekt darstelle. Allerdings stützen sie diese Schlußfolgerungen vor allem auf Experimente mit Pseudowörtern.
Im vorliegenden Experiment wird der Effekt orthographischer, phonologischer und phonographischer Nachbarn in der Benennungsaufgabe anhand deutscher einsilbiger Wörter (4- und 5-buchstabig) systematisch untersucht. Es zeigt sich, daß Wörter, die viele orthographische sowie viele phonologische Nachbarn besitzen, insbesondere dann verkürzte Benennungslatenzen aufweisen, wenn es sich um phonographische Nachbarn handelt. Dieser Befund legt nicht nur nahe, daß bei der visuellen Worterkennung phonologische Prozesse mitberücksichtigt werden müssen, sondern daß der Abruf aus dem mentalen Lexikon maßgeblich durch phonographische Nachbarn erleichtert wird. Im Rahmen des Simulationsmodells MROM-p (Jacobs, Rey, Ziegler & Grainger, 1998) ergeben sich hieraus Hinweise auf die Verortung des Auslesemechanismus für Benennungsaufgaben.

Referat in der Gruppe Visuelle Worterkennung: Orthographische, phonologische und lexikalische Verarbeitung, Dienstag, 30. März 1999, 17:00, HS 17

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