Differentielle Effekte des nächtlichen Schlafs auf die Konsolidierung expliziter und impliziter Gedächtnisinhalte bei emotionalem vs. neutralem Lernmaterial

Ullrich Wagner & Jan Born

Universität Bamberg, Abt. Physiologische Psychologie
Markusplatz 3, 96045 Bamberg
E-Mail: ullrich.wagner@ppp.uni-bamberg.de

Der nächtliche Schlaf spielt eine bedeutende Rolle für die Gedächtniskonsolidierung. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass die explizite Gedächtnisbildung insbesondere vom Tiefschlaf (slow wave sleep, SWS) profitiert, der im frühen Schlaf dominiert, die implizite Gedächtnisbildung wie beispielsweise das Priming dagegen stärker vom REM-Schlaf (rapid eye movement sleep), der im späten Schlaf vorherrscht. Ziel der vorliegenden Studie war es zu untersuchen, inwieweit diese für neutrales Lernmaterial gefundenen Zusammenhänge auch für emotionales Lernmaterial gelten.
Zwölf männliche Probanden wurden im Schlaflabor je einmal bezüglich der ersten und der zweiten Nachthälfte untersucht. Sowohl vor dem betreffenden Schlafintervall (Lernphase) als auch danach (Testphase) bearbeiteten sie eine explizite Aufgabe (Lesen mehrerer Geschichten und spätere freie Wiedergabe) als auch eine implizite Aufgabe (Wordstem-Priming), die jeweils zur Hälfte neutrales und emotionales Lernmaterial umfassten. Der Schlaf wurde mittels polysomnographischer Aufzeichnungen überwacht.
Für die neutralen Aufgaben zeigte sich in Übereinstimmung mit früheren Befunden, dass die Erinnerungsleistung für explizite Gedächtnisinhalte in der ersten Nachthälfte signifikant besser war als in der zweiten, während das Priming tendenziell stärker von der zweiten Nachthälfte profitierte. Bei den emotionalen Aufgaben zeigten die beiden Nachthälften dagegen keine signifikant unterschiedlichen Effekte.
Diese Ergebnisse weisen auf eine differentielle Bedeutsamkeit des frühen und späten nächtlichen Schlafs für emotionales und neutrales Lernmaterial hin. Insbesondere die explizite Gedächtnisbildung wird bei emotional erregenden Lerninhalten im Vergleich zu neutralem Lernmaterial im späten, vom REM-Schlaf dominierten Schlaf positiv beeinflusst. Dieser Effekt steht möglicherweise im Zusammenhang mit einer erhöhten Amygdala-Aktivierung während des REM-Schlafs, wie sie in neueren PET-Studien nachgewiesen wurde.

Poster in der Gruppe Gedächtnis, Mittwoch, 31. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

Zur Programmübersicht

Zur Liste der Postergruppen, Referategruppen und Symposien

Zurück zur Teap '99-Homepage