Fehlidentifizierungen von „Doppelgängern" durch Augenzeugen in simultanen und sequentiellen Gegenüberstellungen

Jens Krähe & Hartmut Blank

Institut für Allgemeine Psychologie, Universität Leipzig
Seeburgstr. 14-20, 04103 Leipzig
E-Mail: blank@rz.uni-leipzig.de

Sequentielle Gegenüberstellungen (GÜen; alle an der GÜ beteiligten Personen werden nacheinander beurteilt) haben sich bisher simultanen GÜen (alle Personen werden gleichzeitig präsentiert) als überlegen erwiesen (genauer: bei Täterabwesenheit weniger Falschidentifizierungen, bei Täteranwesenheit gleich viel korrekte Identifizierungen).
Wir nehmen an, daß der letztere Befund unter bestimmten Bedingungen nicht gilt. Wenn z.B. eine der Vergleichspersonen dem Täter sehr stark ähnelt, dann könnte in einer sequentiellen GÜ (wenn die Vergleichsperson zuerst kommt) diese identifiziert und somit eine spätere Identifizierung des Täters verhindert werden.
In einem diesbezüglichen Experiment wurden bei einem simulierten Ereignis 54 Versuchspersonen drei verschiedene Täter präsentiert. Die GÜen fanden eine Woche später mittels Fotovorlage statt, wobei jeweils 6 Personen zur Auswahl standen, darunter der Täter (da sich unsere Hypothesen nur auf GÜen mit Täter beziehen, wurde auf die Bedingungen ohne Täter verzichtet).
Dabei wurden drei Versuchsbedingungen realisiert: a, eine GÜ mit sehr hoher Ähnlichkeit einer Vergleichsperson zum Täter (Zwillinge), b, eine GÜ mit einer Vergleichsperson hoher Ähnlichkeit (Brüderpaar) und c, eine Kontrollbedingung, in der keine der Vergleichspersonen eine hohe Ähnlichkeit zum Täter aufwies.
Wir fanden 1.: eine Tendenz zu mehr Fehlidentifizierungen der ähnlichen Vergleichspersonen (Zwilling, Bruder) bei sequentiellen im Vergleich zu simultanen Gegenüberstellungen. 2. (unerwartet): in allen Bedingungen (aber besonders deutlich in den beiden Ähnlichkeitsbedingungen) gab es mehr falsche Zurückweisungen der gesamten GÜ - und in der Folge weniger korrekte Täteridentifizierungen - bei sequentiellen im Vergleich zu simultanen GÜen. Diese Befunde lassen an einer generellen Überlegenheit sequentieller GÜen zweifeln.

Poster in der Gruppe Soziale Kognition, Mittwoch, 31. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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