Die Anwendung gemäßigter Strategien in Abhängigkeit von angedrohten Geldstrafen

Martin Beckenkamp

FR 6.4 Psychologie, Universität des Saarlandes
Postfach 151150, 66041 Saarbrücken
E-Mail: beckenkamp@cops.uni-sb.de

In sozialpsychologischen Publikationen zu sozialen-Dilemma-Situationen wird vielfach darauf hingewiesen, daß im Gegensatz zu dyadischen Situationen keine strategische Möglichkeit zur Induktion kooperativen Verhaltens gegeben sei, weil keine gerichteten Gegenmaßnahmen wie etwa tit-for-tat möglich sind. Auf der TeaP ’98 wurde vorgestellt (Beckenkamp und Ostmann), daß diese Behauptung theoretisch fragwürdig ist und measure-for-measure-Strategien durchaus kooperatives Verhalten induzieren können. Empirisch wurde die Häufigkeit der Anwendungen von measure-for-measure-Strategien in Abhängigkeit von angedrohten Geldstrafen unterschiedlicher Härte untersucht. In einer ersten Untersuchungsreihe ergaben sich signifikante Befunde, die auf eine optimale Sanktionshärte hinweisen: sowohl zu weiche als auch zu harte Strafandrohungen führen zu einer Reduzierung in der Anwendung von measure-for-measure-Strategien und einer Reduktion der Gruppeneffizienz. Dieser Befund muß jedoch durch weitere Daten einer zweiten Erhebungsserie relativiert werden. Aus beiden Serien zusammengefaßt ergibt sich das Bild, daß die Androhung sehr hoher Strafmaße durchaus wieder dämpfend und in die theoretisch erwartete und intendierte Richtung wirkt.
Die Androhung von Geldstrafen scheint in Abhängigkeit der angedrohten Härte zwei verschiedene Effekte in der Wahrnehmung betroffener Personen herzustellen. Als positiv wird wahrgenommen, daß die Androhung von Geldstrafen zur Verbesserung der Gruppeneffizienz und damit des Ergebnisses jedes Einzelnen dient. Als negativ werden unangemessen hohe Geldstrafen wahrgenommen, die bei entdeckten Verstößen die entsprechende Person zu schlecht stellen. Diese Wahrnehmung führt zur Fokussierung auf den eigenen Nutzen und Nichtkooperation. Weitere Erhöhungen steigern dann zwar auch die Gruppeneffizienz, aber aus “Beugung”. Diese Interpretation bedarf weiterer Belege, würde sich aber gut zu weiteren experimentellen Befunden und theoretischen Analysen der Sozialpsychologie integrieren.

Referat in der Gruppe Soziale Kognition: Meinung und Einstellung I, Dienstag, 30. März 1999, 18:00, HS 18

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