Motorradfahren und Lärm.

Ulrich Schulz

Universität Bielefeld
Abteilung für Psychologie, Univ. Bielefeld, 33501 Bielefeld
E-Mail: Ulrich.Schulz@post.uni-bielefeld.de

Motorräder sind unter den Kraftfahrzeugen, die am Straßenverkehr teilnehmen, nach den LKW die zweit-lautesten. Insofern verwundert es nicht, daß einige Motorräder an bestimmten Orten zu bestimmten Zeiten von den Anwohnern als Lärmbelästigung empfunden werden. An einigen besonders empfindlichen Strecken hat dies zu teilweisen oder vollständigen Sperrungen geführt. Durch Herabsetzung der Höchstwerte für die Motorradgeräusche beim Betrieb im Straßenverkehr wurde versucht, mit technischen Mitteln eine wirksame Lärmminderung zu erzielen. Es hat sich aber gezeigt, daß effiziente Lärmminderung nur dann erzielt werden kann, wenn auch der Mensch auf dem Motorrad mitzieht. Wesentliche Probleme hierbei sind, daß einige Motorradfahrer sehr spezielle Einstellungen und Vorlieben für das Geräusch ihrer Maschine (Sound) haben, die sich entweder in einer lärmerzeugenden Fahrweise mit einem nicht manipulierten Motorrad oder im Betrieb eines Fahrzeugs mit einer manipulierten oder nicht zugelassenen Abgasanlage äußern können. In diesem Beitrag sollen neuere umfangreiche und systematische Untersuchungen zu diesen Einstellungen und Bewertungen des Motorradgeräuschs berichtet werden.
Basierend auf eigenen Vorstudien in Form von 100 Interviews wurde in Bielefeld ein umfangreicher Fragebogen entwickelt, der Einstellungen und Bewertung des Fahrzeuggeräuschs durch Motorradfahrer erfaßte. In die Untersuchung wurden vier Gruppen von Motorräder einbezogen: Normale Straßenmaschinen, Sportler, Chopper und Enduros. Insgesamt nahmen 113 Personen an der Untersuchung teil. Die einzelnen Teilgruppen waren annähernd gleich besetzt und jede Teilgruppe bestand annähern zur Hälfte auf Fahrern, die eine nicht serienmäßige Abgasanlage hatten.
Die Auswertung der Befragung zeigte, daß der Sound des Motorrades von vielen Fahrern als integraler Bestandteil des Designs, des Styling und des Erscheinungsbildes der Maschine gesehen wird. Bei Chopperfahrern sind diese Tendenzen besonders ausgeprägt. Fahrer, die nicht-originale Abgasanlagen nutzen, sind besonders engagierte Motorradfahrer. Generell wird ein kraftvoller, satter und teilweise ein mächtiger Klang gewünscht. Dieser wird von den Fahrern meistens angenehm, manchmal auch erregend empfunden. Als Gründe für das bewußte Fahren eines lauten Motorrades benennen die Befragten für ihre eigene Person fast ausschließlich positive Gründe: mehrheitlich die Liebe zum Sound und zum geringeren Teil die Warnung anderer Verkehrsteilnehmer. Negative Motive für das Fahren eines lauten Motorrades werden den anderen Fahrern unterstellt. Fast alle reglementierenden Maßnahmen zur Lärmbekämpfung werden von den Motorradfahrern abgelehnt. Nur Aufklärungsmaßnahmen werde gebilligt.

Referat in der Gruppe Verkehrspsychologie, Mittwoch, 31. März 1999, 10:30, HS 21

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