Endogene und exogene Interferenzen beim Aufgabenwechsel: Befunde bei rechts- und linkshemisphärisch geschädigten Patienten

A. Springer, A. Mecklinger, D.Y. von Cramon & G. Matthes-von-Cramon

Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung, Leipzig
Stephanstr. 1a, 04103 Leipzig
E-Mail: springer@cns.mpg.de

Wir prüften bei hirngeschädigten Patienten, ob sich Teilaspekte eines postulierten kognitiven Verhaltens-Kontrollsystems (zentrale Exekutive) dissoziieren lassen. In alternierender Abfolge wurden zwei einfache visuelle Klassifikations-Aufgaben (A,B) bearbeitet. Dies ermöglicht, zum einen die endogene Kontrolle interferierender Aufgaben-Schemata, die zu Switch-Kosten führen (Leistungseinbußen in Reaktionszeiten und Fehlerraten durch den Aufgabenwechsel), zu untersuchen, und zum anderen die Suppression von externen interferierenden Stimulus-Merkmalen.
12 Patienten mit linksseitiger vs. 11 mit rechtsseitiger Hirnschädigung sowie 23 Kontrollpersonen in vergleichbarem Alter bearbeiteten in konstanter Reihenfolge zwei Aufgaben-Sequenzen (AABB vs. AAAABBBB). Neutrale Stimuli enthielten nur das antwortrelevante Merkmal, Crosstalk-Stimuli hingegen das relevante sowie ein irrelevantes Merkmal. Gemessen wurden Switch-Kosten (Switch- vs. Noswitch-Trials) und Interferenz-Effekte (neutrale vs. Crosstalk-Trials). Überdies sollten höhere Switch-Kosten auftreten, wenn der Aufgaben-Wechsel die Aktivierung eines zuvor inhibierten Merkmals erfordert (Inhibitionseffekte).
Linkshirnig geschädigte Patienten (LP) zeigten generell signifikant höhere Switch-Kosten und stärkere Inhibitionseffekte als die anderen Gruppen. LP ohne Sprach-/Sprechstörungen unterschieden sich jedoch nicht von der Kontrollgruppe. Die rechtshirnig geschädigten Patienten hingegen zeigten stärkere Interferenzeffekte als die LP und die Kontrollgruppe. In der 4er-Aufgabensequenz fanden sich verglichen mit der 2er-Sequenz für keine der Gruppen Unterschiede in den Switch-Kosten, was auf deren Übungsresistenz hindeutet.
Die Ergebnisse deuten an, daß endogene Kontroll-Prozesse beim Aufgabenwechsel durch ein linkshemisphärisches, sprachspezifisches neuronales Netzwerk realisiert werden. Die Verfügbarkeit verbaler Repräsentationen der Aufgabeninstruktion scheint dabei die Kontrolle interferierender Aufgaben-Schemata zu unterstützen. Für rechtshirnige Läsionen zeigt sich ein Defizit bei der Suppression exogener Interferenz. Die Ergebnisse weisen damit auf eine Dekompositionierbarkeit exekutiver Funktionen und insbesondere auf die Relevanz inhibitorischer Prozesse hin.

Poster in der Gruppe Gedächtnis, Mittwoch, 31. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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