Soziale Aktivierung bei Zeugenbefragungen

Hartmut Blank

Institut für Allgemeine Psychologie, Universität Leipzig
Seeburgstr. 14-20, 04103 Leipzig
E-Mail: blank@rz.uni-leipzig.de

Unter sozialer Aktivierung versteht man das verstärkte Auftreten dominanter (z.B. gut gelernter) Verhaltensweisen in Anwesenheit anderer Personen (Zajonc, 1965), inbesondere wenn durch diese Personen eine Bewertungserwartung vermittelt wird. Solche Bedingungen sollten bei Zeugenbefragungen durch Autoritätspersonen (Polizisten, Richter) gegeben sein. Ausgehend von der Spekulation, daß das Abrufen zentraler Details einer beobachteten Szene (im Gegensatz zu peripheren Details) eine kognitive Entsprechung zu dominanten Verhaltensweisen darstellt, vermutete ich, daß bei Zeugenbefragungen durch bzw. in Anwesenheit mehrerer Autoritätspersonen mehr zentrale Details (im Verhältnis zu peripheren) berichtet werden als bei Befragungen durch eine einzelne, statusgleiche Person.
Umsetzung: 23 Studierenden wurden zunächst vier kurze Videoausschnitte (z.B. ein Verkehrsunfall) unter einer inzidentellen Instruktion gezeigt. 1 Woche später wurden sie entweder von einer/m Kommilitonin/en einzeln befragt (gemütliche Atmosphäre im Studierendenkeller) oder aber („Aktivierungsbedingung") durch mich in Anwesenheit von vier weiteren Personen (darunter ein respekteinflößender alter Professor), wobei sie zusätzlich gefilmt und auf Tonband aufgenommen wurden. Auf ein thematisches Stichwort hin sollte der Inhalt jeder Szene frei berichtet werden. Abhängige Variable war das Verhältnis zentraler zu peripheren Details in den Berichten (inhaltsanalytisch erfaßt), in Abhängigkeit von der Auftretenshäufigkeit eines Details über beide Befragungsbedingungen hinweg (als Maß für die Zentralität eines Details). Erwartung: häufige (seltene) Details sollten in der Aktivierungsbedingung noch häufiger (seltener) berichtet werden als bei Einzelbefragung.
Die Ergebnisse entsprachen nicht den Erwartungen. Es zeigte sich praktisch kein Unterschied im Verhältnis zentraler zu peripheren Details zwischen den beiden Bedingungen.

Poster in der Gruppe Soziale Kognition, Mittwoch, 31. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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