Plausibilitätsunterschiede abduktiver Erklärungen im Bereich Rechnungswesen

Tanja Czech

TU Dresden, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl Wirtschaftspädagogik
Mommsenstrasse 13, 01062 Dresden
E-Mail: Tanja.Czech@mailbox.tu-dresden.de

Der Prozeß der Abduktion wird als 'Inferenz zu der besten Erklärung' definiert. Um ein überraschendes Ereignis zu erklären, bilden Personen unterschiedlich plausible Hypothesen. Ziel der Untersuchung ist es, von Berufsanfängern generierte Erklärungsansätze in der Domäne des Rechnungswesens auf deren Plausibilitätsgrad zu analysieren und zu vergleichen. Aus psychologischen, philosophischen und Ansätzen der Informatik wurden Faktoren abgeleitet, die das Konzept Plausibilität operationalisieren und als Bewertungsmaßstab dienen: 1)Einfachheit (Anzahl von zusätzlich zu den gegebenen Informationen getroffenen Annahmen), 2) Erklärende Breite (Spezifische, nur auf den gegebenen Fall anwendbare Erklärung oder allgemeine Erklärung mit der Domäne zugrundeliegenden Prinzipien), 3) Kohärenz (Zahl von Verbindungen und Assoziationen zwischen den gegebenenen Informationen und den erklärenden Aussagen), 4) Metakognitive Äußerungen (Verbalisierungen des (Nicht-) Verstehen und der (Un-) Sicherheit), 5) Zahl alternativer Erklärungen für das zu erklärende Ereignis. Die Probanden, Auszubildende des Berufs "Steuerfachassistent(in)" im zweiten Lehrjahr erhielten einen teilstrukturierten Erklärungs- und Fragebogen mit der Fallbeschreibung eines Unternehmens, das einen ungewöhnlich hohen Anstieg eines Bestandskontos in der Bilanz aufweist. Die Aufgabe der Probanden bestand darin, Erklärungsansätze für diese außergewöhnliche Bestandsmehrung zu notieren und die Wahrscheinlichkeit zu beurteilen, daß der Anstieg durch einen der von ihnen genannten Gründe erklärt wird. Trotz gleichen Ausbildungsstand variiert die Zahl und die erklärende Breite der Erklärungsansätze interindividuell. Es wurden zwischen zwei und 9 Erklärungsalternativen gebildet. Am häufigsten wird "Absatzschwierigkeiten" als Erklärung mit großer erklärender Breite genannt. Die "Höhe des Produktpreises" dominiert als spezifischer Erklärungsansatz, steuerliche Gründe finden fast keine Erwähnung. Die Ergebnisse werden im Lichte der Expertise-Forschung und bezüglich ihrer pädagogischen Relevanz diskutiert.

Poster in der Gruppe Denken und Problemlösen, Montag, 29. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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