Zur Verarbeitung morphologischer Kasusinformation im Englischen

Lea Höfel & Thomas Jacobsen

Biologische Psychologie, Institut für Allgemeine Psychologie, Universität Leipzig
Seeburgstraße 14-20, 04103 Leipzig
E-Mail: jacobsen@uni-leipzig.de

In zwei Experimenten wurden Aspekte der sprachlichen Verarbeitung morphologischer Kasusmarkierung in einer Sprache mit rudimentärer Kasusmorphologie (Englisch) untersucht. Während das Deutsche Kasusinformation morphologisch reich markiert, ist die Kasusmorphologie im Englischen weitgehend erodiert. Eines der wenigen verbleibenden Beispiele stellen Wh-Pronomen dar (siehe (1b) & (2b)). Anknüpfend an Befunde für das Deutsche ((1a) & (2a)) wurde die Bedeutung von Akkusativ- und Dativ-Information für den Verbabruf mit Hilfe einer Satzvervollständigungsaufgabe untersucht. Zwischen beiden Kasus besteht, linguistisch betrachtet, eine deutliche Asymmetrie. Der Akkusativ kann als struktureller und "Default-Kasus" für Verb-Objekte angesehen werden. Der Dativ als Objekt-Kasus muß im Lexikoneintrag eines Verbs explizit codiert werden (lexikalischer Kasus). Sprecher des Deutschen verarbeiten Kasus bei Verbgenerierung im allgemeinen korrekt, machen allerdings in Dativ-Bedingungen weit mehr, charakteristische Fehler.
An Experiment 1 nahmen 20 englisch-muttersprachliche Studenten teil. Ihre Ergebnisse wichen nicht von denen von Experiment 2 ab, welches im folgenden geschildert wird. 50 Muttersprachler des Englischen (neun männlich), alle Studenten an der University of California, San Diego, wurden instruiert, Satzfragmente (1b & 2b, k=40) mit einem einzelnen Wort so zu vervollständigen, daß sich ein vollständiger und korrekter Satz ergibt.
(1a) "Wen hat Marie ..." (2a) "Wem hat Marie ..."
(1b) "Whom has Mary ..." (2b) "To whom has Mary ..."
Die Ergebnisse zeigten hypothesengemäß qualitativ eine Replikation der starken Dissoziation von strukturellem und lexikalischem Kasus der deutschen Befunde, sowie generell eine Erhöhung des Fehlerniveaus aufgrund der im Englischen stark erodierten Kasusmorphologie. Ergänzend zur linguistischen Analyse belegen diese Verhaltensdaten den Kasuszerfall auch auf der Ebene mentaler Repräsentation des individuellen Sprechers.

Poster in der Gruppe Sprache, Montag, 29. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

Zur Programmübersicht

Zur Liste der Postergruppen, Referategruppen und Symposien

Zurück zur Teap '99-Homepage