Semiprobabilistisches Begriffslernen

Wolfgang Bösche & Rainer Schmidt

Institut für Psychologie, TU Darmstadt
Steubenplatz 12, 64293 Darmstadt
E-Mail: st001232@hrz1.hrz.tu-darmstadt.de

Es wird eine Begriffslernaufgabe untersucht, in der ein Merkmal, das sog. Zeichen, den Vorhersagewert anderer Merkmale als entweder deterministisch oder rein zufällig regelt (semiprobabilistisches Paradigma). Je nach Vorhersagbarkeit der Rückmeldung in einem Durchgang ergeben sich zwei Arten von Reizen: deterministisch kategorisierbare (regelhafte) und rein zufällige Reize, entsprechend einer regelhaften bzw. unvorhersagbaren Rückmeldung. Diese Aufgabe kann grundsätzlich auf verschiedene Weise bewältigt werden: Zum einen können nur einfache Reizdimensionen betrachtet werden (elementare Auffassung), dann ist keine Abhängigkeit der Kategorisierungen vom Zeichen zu erwarten. Zum anderen ist eine bedingte Kategorisierung anhand des Zeichens möglich (konfigurale Auffassung); hier werden die vom Zeichen als unvorhersagbar angezeigten Reize anders als die regelhaft angezeigten kategorisiert. Diese Kategorisierung kann zufällig oder sogar systematisch gegensätzlich zu den regelhaften Reizen erfolgen.
Die Daten zweier Experimente belegen die konfigurale Auffassung der Aufgabe. Lernkurven verlaufen unterschiedlich für beide Arten von Reizen. Die charakteristischen, für zufällig rückgemeldete Reize nicht monotonen Verläufe, können durch ein konnektionistisches Netzwerkmodell mit Konfigurationsknoten abgebildet werden. Dies gilt für Experiment 1 auch für die beobachteten Realisierungseffekte bei der relevanten Dimension: Binäre Kodierungen wurden signifikant schneller als kategoriale gelernt, und dies kann durch eine 0-1-Kodierung im Modell beschrieben werden. Dagegen widerspricht Experiment 2 den Vorhersagen konnektionistischer Modelle. Erstens führt die Negativ-Zuweisung des an sich irrelevanten Zeichens (FEHLENDES Zeichen weist auf deterministische Kategorisierbarkeit) zu beschleunigtem Erlernen der regelhaften angezeigten Reize, und zweitens können bei einer Positiv-Zuweisung (VORHANDENES Zeichen weist auf deterministische Kategorisierbarkeit) Kategorisierungen der zufälligen Reize beobachtet werden, die denen der regelhaft angezeigten systematisch entgegenlaufen. Es wird versucht, die unterschiedlichen Befunde auf Unterschiede zwischen den Experimenten zurückzuführen.

Referat in der Gruppe Kategorisierung, Montag, 29. März 1999, 16:00, HS 15

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