Morphologie und ihre Rolle bei der Segmentierung gesprochener Sprache

K. Mauth

Max Planck Institut fuer Psycholinguistik
Postbus 310, 6500 AH, Nijmegen, Niederlande
E-Mail: kerstin.mauth@mpi.nl

Waehrend der Verarbeitung gesprochener Sprache muessen Hoerer das akustische Signal so segmentieren, dass die Assoziierung phonologischer Information mit lexikalischen Repraesentationen moeglich ist. Neueste Untersuchungen zeigen, dass Hoerer eine Vielfalt verschiedener Segementierungsstrategien nutzen, wie z.B. den "Possible Word Constraint" (PWC), der besagt, dass Sprache so segementiert werden soll, dass keine unmoeglichen Sequenzen uebrigbleiben. Die Aktivierung eines Wortes wird reduziert, wenn der Parser realisiert, dass die Aktivierung dieses Kandidaten eine Segmentierung verlangen wuerde, die eine unmoegliche Sequenz uebriglassen wuerde. Unmoegliche Woerter sind in vielen europaeischen Sprachen einzelne Konsonanten. Andererseits gibt es in einigen dieser Sprachen Affixe, die aus nur einem Konsonanten bestehen, woraus sich die Frage ergibt, welchen Status diese Morpheme fuer den Segmentierungsprozess haben.
Diese Studie untersucht deshalb folgende Fragestellung: Werden Affixe schon waehrend des Segmentierungsprozesses als solche erkannt?
In einem "Word-Spotting" Experiment mussten hollaendische Muttersprachler Nomen in drei Arten von Nichwort-Kontexten finden: deur "Tuer" in (1) *deur+t (morphologischer Kontext), (2) *deur+p (konsonantischer Kontext), (3) *deur+tach (silbischer Kontext). Sollten Flexionsaffixe, die aus einem Konsonanten bestehen, eine eigene Zugriffsrepraesentation haben, dann sollte das Erkennen eines Wortes in morphologischem Kontext (1) einfacher sein als das Erkennen eines Wortes in konsonantischem Kontext (2).
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass das Erkennen von Woertern im silbischen Kontext 77 ms schneller moeglich war als die Worterkennung im konsonantischen Kontext, was bedeutet, dass hollaendische Hoerer den PWC nutzen. Die Worterkennung im morphologischen Kontext war schneller als im konsonantischen jedoch langsamer als im silbischen Kontext, was nahelegt, dass Affixe einen besonderen Status in Bezug auf den PWC haben.

Referat in der Gruppe Sprache II, Dienstag, 30. März 1999, 10:30, HS 17

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