Im Deutschen gilt die Wortfolge Subjekt vor Objekt als Grundwortfolge. In Saetzen mit akkusativen Verben ("Der Junge wirft den Ball") repraesentiert das Subjekt den Handelnden (Agens), waehrend das Objekt die betroffene Entitaet (Patiens) repraesentiert. In unserer Studie gingen wir der Frage nach, ob sich fuer Saetze mit ergativen Verben ("Das Eis schmilzt dem Maedchen"), in denen das "Oberflaechensubjekt" das Patiens repraesentiert, eine Grundwortfolge etablieren laesst.
Den Probanden wurden Saetze mit Verben, welche sowohl die akkusative als auch die ergative Lesart zulassen, in jeweils zwei Wortstellungsvarianten zum selbstgetakteten Lesen dargeboten. Nach jedem Satz war ein Grammatikalitaetsurteil abzugeben. Beispiele:
(1) Der Richter zerbricht den Krug (akkusativ, Agenserst)
(2) Den Krug zerbricht der Richter (akkusativ, Patienserst)
(3) Dem Richter zerbricht der Krug (ergativ, Agenserst)
(4) Der Krug zerbricht dem Richter (ergativ, Patienserst)
Hinsichtlich der Akkuratheit der Antworten und der Lesezeiten zeigten sich sowohl Wortstellungs- als auch Verbtypeffekte: Wenn das Agens in Erstposition auftrat (1, 3), wurden bei akkusativen wie ergativen Saetzen weniger Fehlurteile abgegeben, die Lesezeiten auf dem zweiten Artikel und Nomen waren kuerzer. Bei akkusativen Saetzen (1, 2) war die Urteilsakkuratheit hoeher, und es fanden sich kuerzere Lesezeiten auf dem Verb und dem zweiten Artikel.
Insgesamt konnten wir zeigen, dass im Deutschen in akkusativen und ergativen Saetzen die Abfolge Agens vor Patiens praeferiert wird (Grundwortfolge). Des weiteren fanden wir, dass ergative Saetze schwieriger zu verarbeiten sind. Die Ergebnisse werden im Rahmen der Ergativitaetshypothese (Burzio 1986) interpretiert, derzufolge ein ergatives Verb der Subjektposition keine thematische Rolle (wie B. Agens oder Patiens) zuweist.
Poster in der Gruppe Last-Minute I, Montag, 29. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock
