Konsistenzeffekte im Deutschen

Alexandra Jesse, Hans-Christoph Nuerk, Ralf Graf & Dominic W. Massaro

Fachbereich Psychologie, Philipps-Universität Marburg
Gutenbergstr. 18, 35032 Marburg
E-Mail: Jesse@stud-mailer.uni-marburg.de

Aktuelle Modelle der visuellen Worterkennung nehmen zumeist einen Einfluß der Phonologie auf das Lesen an. Empirische Belege dafür sind u.a. die Konsistenzeffekte, wie der Feedforwardkonsistenzeffekt: Wörter, die feedforward inkonsistent sind, d.h. für die es mehr als eine legale Aussprachemöglichkeit gibt (z.B. "Kran" und "dran"), werden langsamer erkannt als feedforward konsistente Wörter (z.B. "Tanz").
Umstritten ist jedoch die Frage, ob zwischen Orthographie und Phonologie eine wechselseitige Abhängigkeit besteht (MROM-P, Jacobs, Grainger, Rey & Ziegler, 1998) oder ob beide zwar eine Rolle spielen, aber voneinander unabhängig sind (FLMP, Massaro & Cohen, 1994). Für eine Interdependenz spricht z.B. der jüngst gefundene Feedbackkonsistenzeffekt (Stone, Vanhoy, & Van Orden, 1997): Ein Wort wird langsamer erkannt, wenn es mehr als eine Möglichkeit gibt, seine phonologische Struktur legal in Schrift umzusetzen (z.B. "Floh" und "Klo").
Im vorliegenden Experiment wurden Feedforward- und Feedbackkonsistenz orthogonal manipuliert und erstmals in der Fragmentationsaufgabe (Snodgrass & Mintzer, 1993), einer Perzeptuellen Identifikationsaufgabe, mit einsilbigen deutschen Wörtern (4- und 5-buchstabig) untersucht. Unsere Ergebnisse zeigen, daß sowohl Feedforward- als auch Feedbackinkonsistenz einen inhibitorischen Effekt auf die visuelle Worterkennung haben. Setzt man aber in die Analyse Subjektive Familiarität (Peereman, Content, & Bonin, 1998) als Kovariate ein, verschwinden die Effekte.
Ein reliabler Feedbackkonsistenzeffekt bleibt daher fraglich, da er zudem in einer Vergleichsstudie im Englischen, wo Subjektive Familiarität sich nicht zwischen den Stimulusgruppen unterschied, nicht nachgewiesen werden konnte. Um die vorhandenen formalen Modelle bezüglich der Interdependenz von Orthographie und Phonologie zu unterscheiden, wären daher weitere Studien nötig, bei welchen Konsistenz und Familiarität nicht konfundiert sind.

Poster in der Gruppe Last-Minute I, Montag, 29. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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