Werden Veränderungen der Präsentationsrate präattentiv registriert?

Erich Schröger & Andreas Widmann

Institut für Allgemeine Psychologie der Universität Leipzig
Universität Leipzig, Seeburgstraße 14-20, 04103 Leipzig
E-Mail: schroger@rz.uni-leipzig.de

Unser Hörsystem durchsucht die auditive Umwelt permanent nach potentiell relevanten Schallsignalen, um diese gegebenenfalls einer genaueren (auditiven und/oder visuellen) Bearbeitung zu unterziehen. Eine Kategorie von potentiell relevanten Schallen stellen Veränderungen vor einer in irgendeiner Hinsicht regulären auditiven Stimulation dar. Solche Veränderungen (wie etwa der Wechsel des Ortes einer Schallquelle oder die Frequenz und Dauer eines Schalles) lösen eine bestimmte Welle im ereigniskorrelierten Hirnrindenpotential aus Diese sogenannte Veränderungsnegativierung wird auch dann erzeugt, wenn die Person der auditiven Stimulation keine Beachtung schenkt. Üblicherweise werden solche Veränderungen auch bei langsamen Stimulationsraten von weniger als 0.2 Hz ausgelöst. Wir wollten prüfen, ob dies auch für Veränderungen der Stimulationsrate selbst zutrifft. Zu diesem Zweck wurden Versuchspersonen, die in einem Buch lasen und die Reize ignorierten, kurze Schalle schnell (> 3 Hz) oder langsam (< 1 Hz) dargeboten. Gelegentlich wurde die isochrone Darbietung unterbrochen, d.h. der Schall ertönte um 40% zu früh. Überraschenderweise wurde von diesen seltenen Verkürzungen des Interstimulus-Intervalls nur dann eine Veränderungsnegativierung ausgelöst, wenn die Stimulationsraten um die 3 Hz betrug; bei langsameren Raten trat sie nicht auf. Eine mögliche Erklärung für diese Befunde ist, daß bei kurzen Interstimulus-Intervallen, das stille Intervall dem Reiz als eine Eigenschaft (so wie seine Dauer oder seine Frequenz) zugeschrieben wird, und somit eine Veränderung des Intervalls als eine Veränderung des Schalles gewertet wird. Bei langen Interstimulus-Intervallen kommt es nicht zu dieser Ankopplung an den Schall und eine Veränderung wird nicht mehr präattentiv registriert.

Poster in der Gruppe Last-Minute II, Mittwoch, 31. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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