Spielen statt Schielen: Behandlung der unilateralen Schwachsichtigkeit (Amblyopie) durch oszillierende Sinusoidalgitter

U. Kämpf, F. Muchamedjarow, F. Brockmann & K. Sadowicz

Institut für Allgemeine Psychologie/Augenklinik, Technische Universität Dresden
Mommsenstr. 13, 01062 Dresden
E-Mail: uwe@psy1.psych.tu-dresden.de

Einäugige Schwachsichtigkeit aufgrund herabgesetzter Kontrastsensitivität, sogenannte Amblyopie, ist eine funktionelle Sehstörung. Sie tritt hauptsächlich ein im Gefolge von Strabismus, d.h. Schielen von Geburt an, aber auch bei Anisometropie, d.h. stark unterschiedlicher Refraktion der Linsen des rechten vs. linken Auges. Um Doppelbilder zu unterbinden, blendet das Gehirn - vereinfachend gesagt - im ersteren Falle das schwächere Auge zugunsten des stärkeren aus, im letzteren Falle erhält ein Teil der beteiligten visuellen Kanäle nicht ausreichend visuelle Reize.
Bisherige Behandlungsansätze zur Überwindung der Amblyopie setzen vor allem auf die passive Occlusion, das Zukleben des gesunden Auges. Unser Vorgehen hingegen fußt auf den Traditionen sogenannter aktiver Pleoptik, in Verbindung mit neuesten Erkenntnissen zur visuellen Architektur. Durch die schmalbandig-selektive Stimulation neuronaler Kanäle mit computergenerierten sinusoidalen Gittern soll die Reaktivierung des in einem stationären Hemmungsregime fehlstabiliserten amblyopen Systemes unterstützt werden. Dem sind Forschungen im Grenzbereich von Psychophysik, Hirnphysiologie und Neuroinformatik zugrundegelegt, welche die Verursachung der Amblyopie durch das Ausbleiben der Synchronisation neuronaler Oszillatoren nahelegen, was auf Störungen in der Interaktion visueller Kanäle bei der Merkmalsbindung hinweist.
Ergebnisse zweier placebokontrollierter Studien zeigen deutliche Verbesserungen an einer Stichprobe von Amblyopie betroffener Kinder zwischen 4 und 12 Jahren nach nur 14-tägiger Anwendung des Stimulators. Eine Reanalyse von Daten aus der Literatur zeigt, daß unter Bedingungen, die den unseren nahekamen, auch von anderen Untersuchern solche Effekte in der Tendenz gefunden worden waren, wobei sie allerdings wegen der Rezidiva nicht weiter beachtet wurden. Unsere Philosophie ist es hingegen, durch fortgesetztes Üben mit dem Stimulator während wiederholter Zeiträume praktisch über die gesamte Adoleszenzphase gegen diese Rezidiva anzukämpfen. Dazu wurde der Stimulator in den Hintergrund von Computerspielen integriert, wodurch die Aufmerksamkeit gebunden, und zusätzlich ein förderlicher Effekt seitens der für die Spielbewältigung erforderlichen sensomotorischen Koordinationsleistungen bewirkt wird.

Poster in der Gruppe Last-Minute I, Montag, 29. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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