Steckbrief

  • Länge des Aufenthalts

    05.09.2022 – 16.06.2023
  • Lehrsprache

    Spanisch
  • Studienrichtung

    Geistes- und Sprachwissenschaften
  • Studiengang, Studienabschluss

    Kulturwissenschaften B. A., Bachelor of Arts
  • Förderprogramm

    Erasmus+
  • War Ihr Studium im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?

    Freiwillig
  • Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?

    Überwiegend erfüllt

Vor dem Studium im Ausland

Durch Bekannte hatte ich schon früh von der Möglichkeit eines Erasmusstudiums erfahren und eigentlich schon mit dem Beginn meines Bachelorstudiums den Entschluss gefasst, ebenfalls einen gewissen Zeitraum im Ausland zu studieren. Als es dann im vierten Semester konkret wurde und ich begann, mich mit dem Bewerbungsprozess auseinanderzusetzen, war relativ schnell klar, dass ich gerne ins spanischsprachige Ausland gehen wollte. Zuerst zog ich einige Länder in Lateinamerika in Betracht, entschied mich aber schlussendlich dafür, dass Spanien weit genug weg wäre. Ich hatte dabei keine genau Vorstellung von der Geografie Spaniens, da ich vorher noch nie dort gewesen war und wusste nur ungefähr, wo Madrid und Barcelona liegen. Ich dachte mir jedoch dass mir eine etwas kleinere Stadt besser gefallen würde, da bestimmt sowieso schon alles überfordernd genug sein würde. Ich begann mich also bei der Stabsstelle Internationales umzusehen, welche Universitäten mit der Uni Leipzig kooperieren und dachte mir dabei, dass ich es eigentlich ganz schön finden würde, eine Zeit lang am Meer zu wohnen und kam so irgendwann auf Valencia (eigentlich nicht sehr klein). Ich hatte gehört, dass es schlau wäre, sich über mehrere Institute zu bewerben und da das Institut für Kulturwissenschaft ohnehin keinen Platz in Valencia anbot, bewarb ich mich über die Institute für Kommunikations- und Medienwissenschaften und Romanistik. Gleichzeitig bewarb ich mich über Kulturwissenschaften und das Arqus Programm für andere Städte in Spanien. Letztendlich bekam ich keinen Platz in Valencia angeboten, sondern stattdessen einen in Barcelona, einen in Granada und einen in Vigo. Vigo war schnell aus dem Rennen, da nach kurzer Recherche klar war, dass die dortige Uni kaum geisteswissenschaftliche Studiengänge anbietet, Barcelona war wie gesagt etwas zu groß und ich hatte außerdem Bedenken, weil ich gehört hatte, dass dort auch Katalanisch eine gängige Unterrichtssprache ist, und so fiel die Wahl letztendlich auf Granada, von dessen Lage und Beschaffenheit ich nur sehr ungenaue Vorstellungen hatte.

Als mir mit der Zeit klar wurde, dass sie Granada direkt am Fuß der Sierra Nevada mit mehreren 3000er Gipfeln befindet, die Küste ebenfalls nicht weit entfernt ist und auch in der Stadt ein breites kulturelles Angebot existiert, war ich sehr zufrieden mit meiner Wahl und freute mich auf den Beginn des dortigen Aufenthalts.

Noch in Deutschland machte ich mich über verschiedene Plattformen (Idealista, Facebook- und Whatsapp Gruppen) auf die Suche nach einem WG Zimmer. Dort schien es allerdings fast immer die Vermietung zu sein, die die Bewohner für die Zimmer auswählte und nicht die WG Bewohner:innen selbst. Außerdem waren alle Zimmer, die ich fand, bereits möbliert, was an sich praktisch für einen zeitlich begrenzten Aufenthalt schien, der Stil mir allerdings meist kaum gefiel. Nachdem ich mich damit abgefunden und schließlich trotzdem mit einigen Vermieter:innen in Kontakt gesetzt hatte, wobei einige Komplikationen auftraten, da z.B. die Kaution und eine Monatsmiete im Voraus verlangt wurden, überlegte ich ob, es nicht doch einfacher wäre, die ersten paar Tage in Granada in einem Hostel unterzukommen und dann vor Ort etwas Langfristiges zu suchen. Ich entschied mich aber dafür, die erste Zeit damit nicht unnötig zu erschweren und wenn möglich alles vor der Ankunft zu klären. Schließlich fand ich auch ein Zimmer, das mir halbwegs zusagte und dessen Vermieterin ziemlich vertrauenswürdig erschien, da sie mir als Absicherung Videos der Wohnung zuschickte, mir ihre Adresse und vollen Namen mitteilte und auch zum Kontakt per Telefon bereit war, was bei weitem nicht bei allen, mit denen ich Kontakt gehabt hatte, der Fall gewesen war. Über meine zukünftigen Mitbewohner wusste ich zu diesem Zeitpunkt nur das, was sie mir über diese mitteilte, nämlich dass einer aus Italien und einer aus Spanien stamme, beide Mitte zwanzig seien und arbeiten würden. Letztendlich habe ich mich gut mit ihnen verstanden, es war aber trotzdem eher eine Zweck-WG und da ich mir etwas anderes wünschte, zog ich zum zweiten Semester noch einmal um.

Mein Spanisch war vor dem Auslandsaufenthalt noch sehr rudimentär, weswegen ich einen B1 und B2 Sprachkurs an der Uni Leipzig machte, die ich mir in meinem Studium im SQ Bereich anrechnen lassen konnte. Auch von der Uni Granada wurde vor Ort ein Sprachkurs für Erasmusstierende angeboten, der allerdings mehrere hundert Euro kostete. An dem Institut an dem ich in Granada immatrikuliert war (Antropologia social y cultural) gab es keinen einzigen Kurs auf Englisch. Dort belegte ich im ersten Semester die Hälfte meiner Kurse, während ich die andere Hälfte am Institut für Soziologie belegte, wo mehrere englischsprachige Kurse angeboten wurden. Zu Beginn des zweiten Semesters hatte mein Spanisch schon einige Fortschritte gemacht und so belegte ich nur noch Kurse auf Spanisch. Allerdings hatte ich weiterhin Schwierigkeiten mit dem akademischen Spanisch, das in den Seminaren nötig war und sich stark von dem, was ich mit meiner WG und auf der Straße sprach, unterschied. Insgesamt lässt sich ein Erasmus Aufenthalt in Granada auch problemlos durchführen, wenn man kein oder nur sehr wenig Spanisch spricht, allerdings denke ich, wird man es dann auch nur schwer über die Grenzen der Erasmus-Blase hinausschaffen.

Während des Studiums im Ausland

Das Studium an der Uni Granada war insgesamt sehr viel verschulter als ich es aus Leipzig gewöhnt war. In vielen Kursen gab es Anwesenheitspflichten und Abgaben während des Semesters und auch sonst gab es nicht so wirklich die klassischen Vorlesungs- und Seminarveranstaltungen, sondern es fühlte sich eher wie Unterricht mit einer Klasse an. Nichtdestotrotz fand ich die Inhalte der meisten Kurse, die ich besuchte, sehr interessant, während ich die Dozierenden so ungefähr zu 60% als kompetent beschreiben würde.

Viel Zeit habe auch ich auf der Terrasse der Cafeteria meiner Fakultät (Filosofia y Letras) verbracht von der man einen schönen Ausblick über die ganze Stadt hatte und wo zu jeder Tageszeit andere Kommiliton*innen anzutreffen waren. Auch das Essen in den Mensen war gut, es gab dort jeden Tag ein recht üppiges Menü mit Fleisch oder Fisch und ein vegetarisches zum Preis von 3,50€.

Während des ersten Semesters wohnte ich nahe der Calle San Anton in einem Viertel, das verhältnismäßig weit von den Campi der Uni, die sich alle (bis auf den Medizincampus) eher im Zentrum bzw. im Norden der Stadt befinden, entfernt lag und dadurch auch eher wenig studentisch geprägt war. Im zweiten Semester wohnte ich direkt unterhalb des Campus Cartuja, an dem sich auch meine Fakultät befand, fühlte mich dort weitaus wohler und hatte auch viel kürzere Wege. Insgesamt sind aber die Distanzen in Granada nie wirklich groß und eigentlich immer zu Fuß zu bewältigen. Wer gerne im schicken historisch anmutenden Albayzin wohnen möchte, sollte sich darüber klar sein, dass dies wegen der mitunter steilen Hanglage mit ständigem Treppensteigen verbunden ist und sich außerdem gut überlegen, ob man in eines der dort existierenden "Erasmus Häuser" von Pablo ziehen möchte. Dort und anderswo werden Studierenden aus dem Ausland teilweise Mietverträge mit sehr strikten Regeln und sehr wenig Freiheiten ausgestellt, vor allem was Lautstärke, Besuch, abweichende Ein-oder Auszugszeiten und den Zugang der Vermietung zur Wohnung betrifft. Insgesamt ist der Wohnungsmarkt in Granada deutlich entspannter und auch günstiger als in den größeren Metropolen des Landes.

Meine finanzielle Situation gestaltet sich insgesamt relativ entspannt. Da ich in beiden meiner WGs nur knapp über 200€ Miete zahlte und auch die Energiepreise dort im Winter nicht so stark explodierten wie in Deutschland, blieb mir noch fast die Hälfte der monatlichen Erasmus Förderung von 390€ für anderes. Da auch die Lebensmittelpreise unter dem deutschen Durchschnitt liegen, hatte ich mit dem Kindergeld, das mir meine Eltern monatlich überwiesen, genug über, um mir eine gute Zeit zu machen. Allerdings hatte ich mit meinen günstigen Wohnungen wahrscheinlich auch etwas Glück, denn ich habe eine Menge Leute getroffen, die für ihre Zimmer eher 300-400€ Miete zahlten.

Mir hat besonders die Nähe zu den Bergen in Granada sehr gut gefallen. Die Möglichkeit, so schnell aus der Stadt raus und in einer für mich so besonderen Natur zu sein, habe ich vorher nie gehabt.

Ebenfalls stark fasziniert hat mich das ständige Leben auf den Straßen, die Bars und Cafés die immer voll sind, was nicht zuletzt an der lokalen Tapaskultur liegt.

Trotz der guten Zeit, die ich hatte, gab es natürlich immer wieder auch emotionale Auf und Abs. Mit den anderen Erasmusstudierenden kommt man schnell in Kontakt und kann sich leicht eine schöne Zeit machen. In meinem Fall verschwand allerdings mit den abreisenden Erasmusstudierenden nach dem ersten Semester auch ein Großteil der sozialen Kontakte, denn auch zu den spanischen Kommiliton*innen hatte sich zunächst ein eher oberflächlicher Kontakt etabliert. Im zweiten Semester hatte ich dann zunächst wenig Lust, wieder von vorne anzufangen und noch mal neue Leute kennenzulernen und so fehlte es mir manchmal an wirklich vertrauten Bekannten, die in einem fremden Land manchmal noch wichtiger als sonst schon sind.

Nach dem Studium im Ausland

Die Anerkennung der im Ausland erbrachten Leistungen unterscheidet sich, soweit ich das verstanden habe, von Institut zu Institut und muss mit dem jeweiligen Erasmus Koordinator:in abgesprochen werden. In meinem Fall lief sie problemlos ab, ich konnte mir alles im Wahlbereich anrechnen lassen, wobei auch meine in Granada erzielten Noten mit übernommen wurden.

Abschiede haben fast immer etwas Trauriges an sich und so auch in meinem Fall. Es gab allerdings auch einige Umstände, die mir Vorfreude auf die Rückkehr nach Deutschland bereitet haben und so war es eigentlich ein passender Zeitpunkt, um das Kapitel Granada abzuschließen. Zurück in Leipzig fühlte sich zunächst einiges fremd an und ich mich etwas wie ein Gast, zumal ich zum jetzigen Zeitpunkt kein eigenes Zimmer besitze und wirklich zu Gast bei Freunden bin. Je mehr vertraute Orte man aufsucht und je mehr vertraute Leute man trifft, desto mehr kehrt jedoch ein Gefühl der Zugehörigkeit und Heimat zurück.