Steckbrief
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Länge des Aufenthalts
09.09.2022 – 14.02.2023 -
Lehrsprache
Spanisch -
Studienrichtung
Psychologie -
Studiengang, Studienabschluss
Psychologie B. Sc., Bachelor of Arts -
Förderprogramm
Erasmus+ -
War Ihr Studium im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?
Freiwillig -
Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?
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veröffentlicht am
Vor dem Studium im Ausland
Das Auslandssemester war bereits mein zweites Erasmus, daher war mir bereits bewusst, wie viele wertvolle Erfahrungen und Eindrücke ich im Auslandssemester sammeln kann und ich war neugierig auf das Leben auf den Kanaren. Außerdem wollte ich wieder Gelegenheit haben, surfen zu gehen, den Winter im Warmen verbringen, eine Pause zur Erholung von dem Prüfungsstress an der Uni Leipzig haben und wieder mein Spanisch reaktivieren.
In Deutschland habe ich mich nur um die Erasmus Bürokratie mit der Uni Leipzig und der Universidad de La Laguna gekümmert. Das hat, soweit ich mich erinnern kann, wenige Monate vor der Ausreise begonnen. Eine Unterkunft habe ich vor Ort gesucht, allerdings bin ich dafür auch 2 Wochen vor Uni-Beginn schon angereist, das würde ich auch mindestens als Zeitspanne empfehlen (besser sogar noch 3 Wochen+).
Ich hatte vor Ausreise schon ein C1 Level durch frühere Auslandsaufenthalte und Sprachkurse, deshalb habe ich an der Uni Leipzig keinen Kurs mehr gemacht. Unterrichtssprache an der ULL war ausschließlich Spanisch und ich war daher sehr froh über mein Sprachlevel, weil es einiges an Stress erspart, sich verständigen zu können und gerade bei Gruppenarbeiten mit Studierenden vor Ort (was in vielen Modulen Teil der Prüfungsleistung war) tatsächlich mitarbeiten zu können. Allerdings ist der Aufenthalt auf jeden Fall auch mit einem niedrigeren Sprachlevel möglich, die allermeisten anderen Erasmus-Studierenden konnten weniger Spanisch und haben sich auch irgendwie durchgeschlagen, davon sollte man sich nicht abschrecken lassen.
Während des Studiums im Ausland
Ich habe fachfremd aus dem Bachelor Sozial- und Kulturanthropologie das Modul "Género, Cuerpo y Cultura" gewählt, welches ich sehr interessant fand. Grundsätzlich kann ich empfehlen, die Chance zu nutzen, Kurse aus anderen Fakultäten zu belegen. Was die Psychologie-Kurse angeht, habe ich keinen in besonders guter Erinnerung, alle waren okay, aber haben mich auch nicht sonderlich inspiriert (Psicología de la Educación, Prejuicio y Discriminación). An der ULL gab es keine besonderen Angebote für Austauschstudierende, wir hatten anfangs eher das Gefühl, ein wenig unterzugehen und nicht beachtet zu werden (daher: Keine Panik, wenn ihr vor Unibeginn keine Mail von der Uni bekommt und das Semester nicht direkt mit einer Erasmus Willkommensveranstaltung beginnt; am Anfang muss man sich seine Kurse und ersten Tage erstmal selbstständig zusammenbasteln und einfach erstmal hingehen)
Ich habe mir eine WG gesucht und bin auch in La Laguna fündig geworden. Der Campus Guajara liegt zwischen La Laguna und Santa Cruz, aber ich würde auf jeden Fall La Laguna präferieren zum Wohnen. Allgemein würde ich empfehlen, früh hier herzukommen und mit der Wohnungssuche vor Ort zu starten. Weil Steigungen und Verkehrsanbindung hier sehr stark beeinflussen, was eine gute Lage ist und was nicht, ist es auf Google Maps aus der Ferne nicht immer ersichtlich, wie weit Entfernungen real wirklich sind. Deshalb würde ich empfehlen, sich ein Bild vor Ort zu machen (ich habe auch eine Woche im Hostel verbracht und von dort gesucht, da hab ich auch direkt ganz viele andere getroffen). Allerdings würde ich mehr Zeit einplanen als ich das gemacht habe, ich denke 3 Wochen vor Unibeginn da sein ist hilfreich für die Wohnungssuche, weil sich die Lage vor Semesterbeginn auf dem Wohnungsmarkt schon zuspitzt.
Ich habe 350 Euro Miete gezahlt und dann die üblichen zusätzlichen Lebenshaltungskosten (Lebensmittel, Freizeitunternehmungen). ÖPNV ist sehr günstig (erst 15 Euro im Monat, dann komplett kostenlos aktuell). Die Gesamtkosten hängen sehr davon ab, was man macht, aber grundsätzlich ist das Leben hier ähnlich teuer für mich wie in Deutschland. Essen und Getränke in Cafés/Bars/Restaurants ist deutlich billiger. Ich habe eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung (Hanse Merkur Go Europe) für ca. 200 Euro abgeschlossen, was ich nach meiner Erfahrung hier auch allen empfehlen würde, weil das öffentliche Gesundheitssystem auf Teneriffa zum Teil stark überlastet ist und Privatpraxen zum einen oft viel schneller Termine haben und zum anderen auch besser ausgestattet sind.
Ich habe es keine Sekunde bereut, hierhergekommen zu sein. Insgesamt war es eine wahnsinnig schöne und bereichernde Zeit. Wenn ihr packt, denkt daran auch ein paar warme Sachen und Winterjacke etc. mitzunehmen, wenn ihr euch den Gipfel des Vulkans Teide nicht entgehen lassen wollt, da oben ist es nämlich verdammt kalt und ich war nicht vorbereitet für die Temperaturen (allgemein kann ich das nachts hochwandern für den Sonnenaufgang sehr empfehlen). Darüber hinaus wird es auch in La Laguna abends mal 15 Grad kalt und regnerisch, also eine gute Jacke ist schon sinnvoll. Teneriffa hat, was Outdoorsport angeht, wahnsinnig viel zu bieten. Es gibt super viele schöne Wanderrouten, viele andere Erasmus Leute haben vom Klettern draußen geschwärmt und für mich war vor allem Surfen wichtig.
Nach dem Studium im Ausland
Ich lasse mir einen Kurs anerkennen, das musste ich bereits vor dem Auslandsaufenthalt abklären mit der Modulverantwortlichen. Generell ist es eher schwierig, sich Leistungen anerkennen zu lassen, weil es wenige gleichwertige Kurse vor Ort gibt.
Ich vermisse das Meer, das Klima und natürlich die Menschen, mit denen ich meine Zeit vor Ort verbracht habe. Ich würde empfehlen, wenn möglich zum Sommersemester zurückzukommen, um die Rückkehr in den deutschen Winter nicht ganz so trist zu machen.
Entdecker*in.
Mich lässt diese Frage mit einem Unbehagen zurück, da sie mich an die "Entdeckung" Amerikas durch Columbus erinnert und aus postkolonialer Perspektive einen bitteren Nachgeschmack hat (https://bne-sachsen.de/angebote/kolumbus-hat-die-welt-entdeckt-oder-etwa-nicht/). Ich wünsche mir vielmehr, dass wir uns während und nach Auslandsaufenthalten unseres Privilegs bewusst werden, über Programme wie Erasmus und die des DAAD mit finanzieller Unterstützung in andere Länder reisen zu können und über einen Pass zu verfügen, der uns das ermöglicht, während es vielen anderen Menschen im Globalen Süden verwehrt bleibt, anstatt uns als Entdecker*innen zu glorifizieren. Dennoch finde ich es positiv, sich die Neugier vor dem Leben an anderen Orten zu bewahren und seinen Horizont erweitern zu wollen.