Steckbrief
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Länge des Aufenthalts
10.10.2022 – 22.12.2022 -
Stadt, Land
Vitoria-Gasteiz, Spanien -
Arbeitssprache
Englisch -
Studienrichtung
Wirtschaftswissenschaften -
Studiengang, Studienabschluss
Wirtschaftspädagogik M. Sc., Master of Science -
Förderprogramm
Erasmus+ -
War Ihr Praktikum im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?
Freiwillig -
Wie haben Sie Ihr Praktikum organisiert?
Eigenständig -
Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?
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E-Mail-Adresse
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veröffentlicht am
Vor dem Praktikum im Ausland
Mit dem Masterabschluss in Wirtschaftspädagogik hat man die Möglichkeit, als Lehrer*in an berufsbildenden Schulen (in Kombination mit dem dazugehörigen Referendariat) zu werden. Da bis zu meinem Start ins Referendariat noch viel Zeit war, entschied ich mich für ein Praktikum an einer Schule im Ausland. Beworben habe ich mich bei vielen verschiedenen Schulen in den unterschiedlichsten EU-Ländern. Da ich mich in Ländern beworben habe, deren Amtssprache nicht Englisch ist, war es ein Kriterium meiner Suche, dass Englisch die Kommunikations- und Unterrichtssprache sein muss. Den besten Überblick für schulische Praktika habe ich bei erasmusintern.org erhalten, das wie eine internationale Stellenbörse aufgebaut ist und so eine Bewerbung sowie die Interaktion mit den Schulen bzw. den verantwortlichen Personen erleichtert hat. Mein Weg hat mich letzten Endes nach Vitoria-Gasteiz geführt, da mich die Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Schnelligkeit im Antworten des Praktikumsbeauftragten überzeugt hat. Ebenso konnte ich den Start des Praktikums individuell festlegen, was mir sehr zugute kam, da ich noch bis Oktober meine Masterarbeit geschrieben hatte.
Nach meinem letzten Pflichtpraktikum im März 2022 habe ich mir Ende April ein Beratungsgespräch bei der Stabsstelle Internationales der Universität Leipzig über meine Finanzierungsmöglichkeiten informiert. Die Erasmus+-Finanzierung wurde mir empfohlen und so hatte ich von Anfang an eine Vorstellung, welche finanzielle Unterstützung mich erwarten würde.
Wer sich an die Semesterzeiten hält, hat prinzipiell die Möglichkeit, über das Studentenwohnheim der ansässigen Universität eine Wohnung bzw. ein Zimmer zu bekommen. Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, in die aktuelle WhatsApp-Gruppe der Erasmus-Studierenden von Vitoria-Gasteiz zu gehen (z.B. per Anfrage über Facebook), da regelmäßig Personen nach WG-Partnern suchen. Da ich nur für einen kurzen Zeitraum da war, konnte ich darauf leider nicht zurückgreifen, bekam aber Unterstützung von meinem Prakitkumsbeauftragten. Die Freundin seiner Tochter hatte ein Zimmer in ihrer Wohnung frei, welches ich für meinen Aufenthalt beziehen durfte.
Durch die Erasmus+-Förderung erhält man Zugang zu einem von der EU geförderten Sprachportal, in dem man sein aktuelles Sprachniveau durch einen Onlinetest nachweisen kann. Ebenfalls gibt es viele kleinere Sprachkurse, die man nach der Registrierung kostenfrei durchführen kann. Meine Arbeitssprache war Englisch, sodass ich mich nicht groß darauf vorbereiten musste. Jedoch war ich in Spanien, also sind Grundkenntnisse in Spanisch auf jeden Fall hilfreich. Ebenso liegt Vitoria-Gasteiz im Baskenland. Das ist eine autonome Region in Spanien, die neben dem (kastillianischen) Spanisch auch eine eigene Sprache besitzt, das Baskisch. In schulischen Einrichtungen kommt man zwar gut mit Englisch aus, im Alltag und "auf der Straße" ist spanisch jedoch empfehlenswert - je mehr, desto besser. Baskisch zu können ist kein Muss. Da es jedoch ein wichtiger Teil der Region ist, ist es im Sinne einer interkulturellen Kompetenz nicht verkehrt, sich mit dieser Sprache während des Aufenthalts ebenfalls auseinanderzusetzen.
Während des Praktikums im Ausland
Die Carmelitas-Schule ist eine sehr facettenreiche Einrichtung, da sie von der Krippe bis zum Abitur alles anbietet. Sie zählt zu den privaten Schulen, ist aber von der Kirche teilfinanziert. Die Schule hat sich Multilingualität zum Leitbild gemacht, sodass Unterricht nicht nur auf Spanisch, sondern auch auf Englisch und Baskisch in allen Jahrgängen durchgeführt wird. Ebenfalls arbeitet die Schule in einem Erasmus-Schülerprogramm, bei dem Schüleraustausch mit Schulen aus Frankreich, Deutschland, England, Italien und Polen möglich ist. Ebenso wird das American Dual Baccalaureate Diploma als Sprachzertifikat zusätzlich zum Abitur und den allgemeinen Cambridge Zertifikaten für B2 angeboten.
Mit diesen ganzen Highlights war die Arbeit an der Schule sehr abwechslungsreich. Schule in Spanien muss man selbst erleben, das lässt sich nicht einfach in ein paar Worte fassen. Und das im positiven Sinne. Ein immer freundliches und hilfsbereites Kollegium, eine fortschrittliche Digitalisierung des Unterrichts sowie eine hauseigene Mensa tragen zu diesem positiven Bild bei.
Die Wohnung der Bekannten lag nur sieben Gehminuten von der Schule entfernt und grenzte an das Stadtzentrum. Prinzipiell ist in Vitoria-Gasteiz alles sehr gut zu Fuß zu erreichen, sodass man eigentlich nicht auf den ÖPNV angewiesen ist. Und wenn doch, dann ist dieser um einiges günstiger als in Deutschland.
Wie bereits erwähnt kann ich nur empfehlen, sich frühzeitig in die aktuelle WhatsApp-Gruppe einladen zu lassen und das Wohnungsgesuch aufzugeben. Auch finden sich so schnell andere Studierende oder Praktikanten, mit denen man unterwegs sein kann.
Oftmals bekommen Praktikant*innen an Schulen kein Entgelt. Da hat diese Einrichtung auch keine Ausnahme gemacht. Jedoch wurde mir das tägliche Mittagessen in der Mensa zugesichert. So war eine große warme Mahlzeit bereits "bezahlt" und einen Einblick in die alltägliche baskische Küche gab es gratis dazu. Auch ist es Teil der Kultur, von Kolleg*innen zur Pause zu einem Kaffee oder kleinen Snack eingeladen zu werden.
Die Warmmiete (ca. 300€/Monat) der Wohnung hat fast die gesamte Erasmus+-Förderung aufgebraucht, sodass definitiv aus eigener Tasche die Kosten für Lebensmittel, ÖPNV, Freizeit und Ausflüge gezahlt werden musste. Lebensmittel aus dem Supermarkt sind preislich ähnlich wie in Deutschland. Nur vegetarische oder vegane Ersatzprodukte sind vergleichsweise teuer, da die Wenigsten von diesen Produkten Gebrauch machen. Essen und Getränke in Bars, Cafés und Restaurants sind dagegen sehr günstig und jeden Donnerstag gibt es in vielen gastronomsichen Einrichtungen "Pintxos" - eine Kleinigkeit zum Essen gratis zu einem Getränk. Da jedoch das Leben erst am Abend so richtig anfängt, gehen viele Leute aus zum Trinken. Auch Barhopping ist beliebt. Wer in einen Club oder eine Disco will, der bleibt meist bis um vier oder ums sechs des nächsten Morgens auf den Beinen. Kombiniert mit Ausflügen in andere baskische Städte wie Bilbao oder San Sebastián oder ein Besuch im Kino, der Eishalle, etc., zehren die Ausgaben am Ende des Monats doch ganz schön am Geldbeutel.
Ich habe (mit der Erasmus+-Finanzierung) für drei Monate mit ca 2.000€ gelebt. Wer sich gern mit spanischer Mode zu attraktiven Preisen einkleiden und viel reisen will, sollte jedoch mehr einplanen.
Ich empfehle auf jeden Fall die Nutzung einer Kreditkarte, denn die wird überall akzeptiert, selbst bei Kleinstbeträgen, und es entstehen keine zusätzlichen Kosten, wie wenn man Geld von einer deutschen Bank abheben will.
Die interessanteste Erfahrung während des Aufenthaltes war auf jeden Fall die spanische Mentalität und die Anpassung an den spanischen Tagesablauf. Es ist üblich, früh nur eine (kleine) Tasse Kaffee oder Tee zu trinken und Frühstückskekse zu essen. Die erste Frühstückspause (in der Schule) gibt es erst gegen um elf, halb zwölf. Mittagessen ist prinzipiell nach 14 Uhr. Daher schließen auch viele Läden zwischen zwei und fünf, um die "Siesta" abzuhalten. Da das Frühstück eher klein ausfällt, ist das Mittagessen umso größer und mit mehreren Gängen. Wahrscheinlich einer der Gründe, warum das Leben erst so richtig nach 20 Uhr losgeht.
Für manche kann Vitoria verglichen mit San Sebastián oder Bilbao nach einer gewissen Zeit etwas trist und klein wirken. Wer jedoch die Natur liebt, der wird auch die vielen Parks um Vitroia lieben. Sie bilden einen "Grünen Ring" rund um die Stadt und sind wunderbar zu erlaufen.
Ebenso bietet die Stadt regelmäßig verschiedenste kleine Feste an und viele Veranstaltungen sind kostenfrei!
Nach dem Praktikum im Ausland
Da ich mein Studium vor dem Praktikum abgeschlossen habe, war die Anerkennung kein Thema für mich. Wäre das Praktikum jedoch beispielsweise ein Blockpraktikum während des Lehramtstudiums gewesen, dann ist die Schule auf jeden Fall bereit, alle möglichen Vorkehrungen zu treffen, um das Praktikum anerkennen zu lassen. Ohne den Druck der Anerkennung konnte ich nach eigenem Ermessen mit der mir zugeteilten Lehrerin entscheiden, welche Stunden ich zum Unterrichten übernahm, bei welchen ich assistierte und bei welchen ich hospitierte.
Welche drei Dinge würde ich nach meiner Rückkehr vermissen? Bezogen auf die Arbeit an der Schule auf jeden Fall der geübte Umgang mit digitalen Medien und die unerschöpfliche Freundlichkeit im Kollegium. Bezogen auf den Alltag auf jeden Fall die günstigen Tarife des ÖPNV.
Für einen erfolgreichen Übergang von Praktikum zu Studium oder Arbeit würde ich auf jeden Fall genügend Zeit für die Rückreise empfehlen. So hat man die Möglichkeit, sich wieder an den aus Deutschland gewohnten Tagesrhythmus zu gewöhnen und sich ebenfalls wieder auf die anderen Temperaturen einstellen zu können. Auch wenn Vitoria im Norden Spaniens liegt und das Baskenland eher zu den regenreicheren Regionen gehört, ist es durchschnittlich fünf bis zehn Grad wärmer als in Deutschland.
Entdecker*in bleiben - und die Vielfalt in Europa mit eigenen Augen sehen! Man lernt ein Leben lang und ein Aufenthalt in einem anderen Land lässt einen nicht nur viel über eine vielleicht noch unbekannte Kultur lernen, sondern auch viel über sich selbst.