Steckbrief

  • Länge des Aufenthalts

    20.02.2023 – 13.08.2023
  • Lehrsprache

    Italienisch
  • Studienrichtung

    Geistes- und Sprachwissenschaften
  • Studiengang, Studienabschluss

    Romanische Studien B. A., Bachelor of Arts
  • Förderprogramm

    Erasmus+ , Selbst finanziert
  • War Ihr Studium im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?

    Freiwillig
  • Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?

    Mehr als erfüllt
  • E-Mail-Adresse

  • Instagram Account

Vor dem Studium im Ausland

Bereits zu Beginn meines Studiums (Hispanistik/Italianistik) war ich fest entschlossen, einmal ein Erasmus+-Semester in Italien zu absolvieren: Nicht nur das Studieren und Interagieren in einem universitären Kontext auf Italienisch und das Erleben der Kultur waren mir ein wichtiges Anliegen, sondern vor allem die Vertiefung meines Wissens über die italienische Literatur, Sprache und Kommunikation (auch in Bezug auf den Regionalaspekt Sizilien) sowie die Möglichkeit, Kontakte zu Verlagen herzustellen und zu erhalten, um Möglichkeiten zur Publikation meiner Gedichte und später vielleicht auch für Karriere und Arbeit zu gewinnen.

Eine Infoveranstaltung zu Erasmus+-Aufenthalten in der Romanistik der Universität Leipzig gab mir die Initialzündung sowie einen Überblick über die Partneruniversitäten in Italien. Letztlich habe ich mich für Palermo aufgrund der Attraktivität und dem Reichtum der Veranstaltungen und Kooperationen mit anderen außer-universitären Institutionen in den Bereichen von Literaturwissenschaft und Translationen entschieden. Zugleich aber hatte ich große Lust darauf, Sizilien und die Hauptstadt Palermo, seine Leute, seine Sprache und die immense Verflechtung seiner Kultur und Geschichte mit derjenigen Spaniens kennenzulernen.

Sogleich nach der Infoveranstaltung im Oktober 2021 konnte ich mit der Vorbereitung, Recherche und Finanzplanung beginnen, sodass ich die Bewerbung noch vor Beginn von 2022 abschließen und im Laufe der kommenden Monate die weiteren Schritte organisieren konnte. Innerhalb der Finanzplanung musste ich leider feststellen, dass ich kein Auslands-BaföG bekommen würde, ich allerdings garantiert auf einen Zuschuss von 250, - € / Monat für die reguläre finanzielle Unterstützung des Erasmus+-Stipendiums im Rahmen der Berufung auf Chancengleichheit (aufgrund meiner Schwerbehinderung, die mein Gangbild, das Gleichgewicht und die Feinmotorik betrifft) bauen kann, sodass ich mit der Finanzierung durch das Förderprogramm, gemeinsam mit der Finanzierung aus eigener Hand und der meiner Familie gut gerüstet sein würde. Bei Details oder eventuellen Problemen bei der Finanzplanung konnten mich mein Vater und ein guter Freund, die als Steuerberater bzw. als Versicherungsvertreter arbeiten, unterstützen.

Nehmt bitte derartige Unterstützung oder offiziell zugängliche Zuschüsse innerhalb des Förderprogramms wahr, wenn sie euch zustehen :)

Ab gut drei Monaten vor meinem Aufenthalt auf Palermo begann ich schließlich mit der Suche nach einer Unterkunft auf einschlägigen Kleinanzeigenportalen wie subito.it, idealista.it und immobiliare.it und kontaktierte auch die Studierendenwohnheime der Universität, da mit Beginn des Wintersemesters, spätestens aber um den Jahreswechsel herum, das Angebot am reichsten und sichersten war. Bei größeren Unsicherheiten oder Problemen konnte auch der Servizio Alloggio Unipa helfen, der kostenlos Unterstützung bei der Suche und Auswahl bereitstellt und auch die Studierendenwohnheime bereitstellt. Kurz vor Weihnachten habe ich schließlich eine Unterkunft auf immobiliare.it mittels Voranzahlung und Kaution absichern können (allerdings ohne zu wissen, dass dies letztlich die erste von dreien [!] sein würde... :)

Auch wenn die Università degli Studi di Palermo Kurse in englischer Sprache (letztlich vor allem innerhalb der Natur- und Sozialwissenschaften) für Erasmi anbietet, empfehle ich absolut, die Veranstaltungen auf Italienisch zu besuchen, um das Studium und die Struktur der Lehrveranstaltungen in der fremden Sprache zu erleben und darin einzutauchen und nicht zuletzt auch Muttersprachler:innen und Dozent:innen kennenzulernen, wobei mindestens ein Niveau zwischen B1 und B2 notwendig ist. Vor meiner Abreise allerdings war ich mir noch stark unsicher, ob es notwendig sein würde, einen entsprechenden Italienischkurs an der Universität Leipzig zu besuchen, doch letztlich erlangte ich im Rahmen meiner regulären Sprachkurse des Semesters und durch die Kommunikation mit Frau Siegmund die Sicherheit, dass ich bereits sehr gute Kenntnisse besaß, sodass sie mir ein begleitendes Dokument ausstellte, dass mir das Niveau attestiert, und ich in meiner Freizeit mittels verschiedener Lehrmaterialien eine eigene kleine abschließende Vorbereitung vornehmen konnte.

Ich rate euch allerdings ohne Zweifel, einen entsprechenden Sprachkurs mit dem geforderten Niveau an der Universität Leipzig, dem Sprachenzentrum oder Spracheninstitut zu besuchen und euch das Niveau entsprechend zertifizieren zu lassen. Beginnt außerdem, vor der Abreise viel in der jeweiligen Sprache, vielleicht sogar auch im Akzent und Dialekt eurer Zielstadt zu konsumieren (YouTube-Kanäle, Filme und Serien, Musik u.a.), nicht nur über "schöne und spaßige", didaktische oder sprachlich-kulturelle Inhalte, sondern vielleicht auch schon über die Inhalte eurer Kurse an der Gasthochschule, um einen groben Überblick darüber und nicht zuletzt die Begriffe und Ideen zu bekommen, die euch erwarten. Vielleicht kennt ihr sogar auch Mutterspracher:innen oder Sprecher:innen mit fortgeschrittenem Niveau in eurem Freundes- und Bekanntenkreis, mit denen ihr die Sprache trainieren und gerne auch frei nach Schnauze "palavern" wollt :)

Während des Studiums im Ausland

Insgesamt haben mich die Lehrveranstaltungen ungemein begeistert und inspiriert sowie Denkanstöße für Recherchen oder Wissensaneignungen für die kommenden Semester gegeben, wie etwa zu Grundbegriffen und philosophischen Dimensionen der Translationswissenschaft in einem Kurs "Letteratura e traduzione spagnola", obwohl ich zuvor gar keine Berührungspunkte damit hatte. Vor allem aber habe ich die Vorlesung zu zeitgenössischer italienischer Literatur (20. Jahrhundert, von Pirandello bis Sciascia) aufgrund ihrer Diskussionen zu den individuellen Stilen und Gedanken der Autor:innen sehr geliebt, auch wenn wir insgesamt gut 15 literarische Persönlichkeiten und jeweils drei Werke besprochen haben, mit denen wir auch für die Prüfung vertraut sein sollten, also wesentlich mehr Stoff in einem Semester der Uni Leipzig mit vergleichbarer Ausrichtung. Damit einhergehend war es außerdem besonders wichtig, die begleitende Literatur zu lesen, aber im Prinzip waren alle Dozent:innen wahnsinnig freundlich und herzlich und schätzen es ungemein, wenn man gerade als Erasmus-Student:in sehr engagiert ist und so gut mitarbeitet, wie es möglich ist.

Neben zahlreichen Angeboten des ESN (Erasmus Student Network) wie z.B. Karaoke-Abende, Feiern und Sprachentandems gibt es außerdem einen Buddy-Service, mit welchem man mit einer einheimischen studierenden Person an der Uni in Kontakt treten kann, um die Uni und die Stadt kennenzulernen und eine erste (im besten Fall bleibende) Bekanntschaft schließen zu können. Im Grunde habe ich mich mit meiner Buddy klasse verstanden, allerdings konnten wir uns leider nur einmal vor Vorlesungsbeginn persönlich treffen und haben uns danach hin und wieder bei Veranstaltungen nur noch flüchtig gesehen, da sie selbst privat und in ihrem eigenen Studium, vor allem am Wochenende, sehr stark eingespannt war, was ich sehr bedaure :(

Ich hoffe, ihr könnt einmal die Möglichkeit eines solchen Buddys wahrnehmen und auch in Kontakt bleiben.

Ich habe bereits angedeutet, dass meine zunächst gesuchte Wohnung sich als nur die erste von dreien herausstellen sollte: Diese lag in der Via della Libertà, die einstmals prächtigste und bis heute eine der teuersten Straßen Palermos, war allerdings sehr ungünstig gelegen mit der recht unzuverlässigen Busanbindung und der Notwendigkeit, jeden Tag zur Uni ans andere Ende der Stadt zu reisen (und einer Monatsmiete von knapp 300, - €!). Daraufhin konnten mich meine Mitbewohnerinnen bei der Suche nach einer anderen Unterkunft unterstützen, in welcher ich jedoch auch nur zwei Wochen bleiben konnte. In der WG, in der ich letztlich bis zum Schluss blieb, fühlte ich mich außerordentlich wohl, hatte tolle Mitbewohner, die alle Muttersprachler sind und aus Sizilien stammen, und war nur gut fünf Minuten vom Hauptbahnhof sowie 30 Minuten Fußweg vom Campus entfernt. Außerdem sind die berühmte Kreuzung Quattro Canti, die Kathedrale, die Via Roma und andere wichtige und beliebte Straßen und Plätze bequem zu Fuß erreichbar. Unter den Autobussen fahren nur die Linien 101 und 102 zuverlässig und durchgängig alle fünf Minuten und durchqueren die gesamte Stadt, aber es lohnt sich oftmals, die Strecken zu Fuß auf sich zu nehmen, um pünktlich anzukommen.

Von allen Möglichkeiten zum Wohnen empfehle ich WGs mit einheimischen Mitbewohner:innen am meisten, um die Sprache kontinuierlich zu sprechen, und zudem ist man in den meisten Fällen in großartiger herzlicher Gesellschaft. Achtet allerdings darauf, nicht allzu weit von der Uni entfernt zu wohnen und möglichst ein Mietenmaximum von 250, - € / Monat nicht zu überschreiten.

Insgesamt gab ich jeden Monat zwischen 750, - € und 900, - € aus, wovon die Unterkunft und Essen und Trinken (sowohl Essen gehen und Bars als auch Einkaufen) die meisten Kosten einnahmen. 250, - € davon entsprach der Miete für meine Unterkunft; außerdem habe ich weiterhin meine Unterkunft in Leipzig mit ähnlicher Miete unterhalten und mir mit meinen Mitbewohnern die monatlichen Kosten für Gas, Licht, Strom und Internet geteilt.

Zweimal habe ich Pakete über PosteItaliane erfolgreich nach Deutschland geschickt, da dies in der Regel zügig und zuverlässig durchgeführt wird, musste aber jedes Mal zwischen 40 und 50, - € bezahlen, abhängig vom Gewicht und der Entfernung. Hört euch auf jeden Fall in der Stadt und unter anderen Erasmus+-Studierenden um, was sie eventuell für günstige Alternativen zu Post und Paketversand kennen.

Es mag wie ein Klischee klingen, aber: Sizilien kennenlernen heißt wahrlich ein Stück leben und lieben (neu) lernen! Palermo ist eine chaotische, laute und (leider) noch immer von Vorurteilen und der von der Vegergangenheit im Griff der Mafia überschattete Stadt, aber sie ist ebenso leidenschaftlich, herzlich und voller wunderbarer Menschen, Orte und Köstlichkeiten. Tatsächlich habe ich ein wenig, aber nicht allzu viel Sizilianisch gelernt, da ich entgegen meiner Befürchtung fast ausschließlich ohne Probleme auf Italienisch mit den Einheimischen kommunizieren konnte.

Einige meiner Lieblingsattraktionen waren die Kapuzinergruft (welche ich allen Mutigen unter euch wärmstens empfehle) und die Katakomben aus frühchristlicher Zeit unweit der Kathedrale, die mich stark beeindruckt und inspiriert haben. In der Kleinstadt Carini, gut 45 Minuten mit der Bahn von Palermo entfernt, gibt es eine ähnlich gut erhaltende Katakombenanlage. Schließlich habe ich unter anderem mit einer ansässigen Expats-Gruppe Corleone, die berüchtigte Mafiawiege, mit seinem wichtigen Anti-Mafia-Museum und einigen gemütlichen Cafés und auf eigene Faust das atemberaubende Valle degli Templi in Agrigento besucht.

Meine liebste Kirche in Palermo ist die gotische Basilica San Francesco d'Assisi aus dem 11. Jahrhundert in einem tollen jungen Viertel unweit der Piazza Sant'Anna, neben der auch gleich meine Lieblingsdrinkbar Colletti liegt. Grüßt sie lieb von mir! :)

Schließlich empfehle ich von Herzen den Arancine-Hersteller Sfrigola mit einer großen Auswahl dieser köstlichen frittierten gefüllten Reisbällchen sowie das römisch-sizilianische Restaurant "Giulio Cesare" in Politeama, in welchem ich die besten Spaghetti Carbonara meines Lebens gegessen habe!

Nach dem Studium im Ausland

Die Anerkennung all meiner erbrachten Leistungen konnte ich nur wenige Tage nach meiner Rückkehr zügig vornehmen, und ich habe alle vorgeschriebenen Leistungspunkte erbringen können. Bei Fragen hat mich der Koordinator Herr Köhler zuverlässig unterstützen können.

Auch wenn ich mich wahnsinnig darauf gefreut habe, meine Familie, Freund:innen und Bekannten wiederzusehen, bemerke ich bis heute jeden Tag, wie sehr mir Palermo, sein Essen, seine Menschen fehlen... Keine laut diskutierenden Nachbarn mehr, die über die Straße hinweg miteinander reden und lachen, keine lauten Mopeds und sizilianischen Schlager vor dem Balkon mehr, die mich aus dem Schlaf reißen, und vor allem keine Arancine, rauchig-süßen Cocktails und Granite mehr direkt vor der Haustür! Vor allem aber fehlen mir meine Mitbewohner, die zu echt tollen und verlässlichen Freunden geworden sind, die Sonne und der Strand und die Gewissheit, jeden Tag Italienisch sprechen und vor allem in der Bibliothek der "Lettere e Filosofia" studieren zu können.

Erlaubt euch die Zeit zur Gewöhnung nach eurer Rückkehr, verbringt Zeit mit euren Liebsten, die ihr so lange nicht mehr gesehen habt und bleibt zugleich in Kontakt mit euren neuen Bekanntschaften, die ihr schließen konntet. Andererseits tut es auch gut, darüber nachzudenken, welche Eindrücke und Inspirationen das Studium bei euch hinterlassen hat. Gibt es vielleicht neue Interessensschwerpunkte oder Ideen für Recherchen und Arbeiten, die ihr im kommenden Semester in Leipzig weiterverfolgen könnt? Konntet ihr vielleicht sogar Denkanstöße für Haus- oder größere wissenschaftliche Arbeiten gewinnen? Habt ihr eure Sprachkenntnisse verbessert und könnt sie weiter vertiefen oder andere Lernende und Interessierte an einem Auslandsaufenthalt bei der sprachlichen Vorbereitung unterstützen?

Man sollte es stets bleiben, da Neugier und Ambition und Interesse an Neuem uns zu schier unglaublichen Erfolgen und zu persönlichem Wachstum befähigen können.