Steckbrief

  • Länge des Aufenthalts

    19.09.2022 – 28.02.2023
  • Lehrsprache

    Italienisch
  • Studienrichtung

    Medizin und Pharmazie
  • Studiengang, Studienabschluss

    Medizin Staatsexamen, Staatsexamen
  • Förderprogramm

    Erasmus+
  • War Ihr Studium im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?

    Freiwillig
  • Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?

    Mehr als erfüllt
  • E-Mail-Adresse

  • veröffentlicht am

Vor dem Studium im Ausland

Ein Semester im Ausland zu studieren, war immer ein Traum von mir und ich habe mich sehr gefreut, als er in Erfüllung ging und ich eine Zusage bekommen habe. Die Chance für einen Zeitraum in ein fremdes Land und seine Kultur einzutauchen und die Sprache zu lernen, empfinde ich als großes Geschenk. In der Schule hatte ich lange Französischunterricht und im Laufe des Studiums meine Begeisterung für Italienisch entdeckt. Deshalb meine Wahl für Italien. Nach Süditalien wollte ich gerne, weil ich dachte, es sei schön dort zu überwintern.

2020/2021 habe ich meinen ersten Sprachkurs an der Uni Leipzig gemacht und dann im Jahr darauf die Prüfung in A1/A2 abgelegt. Da inzwischen alle Italienischen Partnerunis der medizinischen Fakultät mindestens B1 verlangten, war meine Freude groß, als ich dann trotzdem nominiert wurde.

Meine Finanzplanung bestand aus: „hoffentlich bekomme ich Auslands-BAföG und das Erasmus+ Stipendium“…

Um eine Unterkunft habe ich mich nicht rechtzeitig gekümmert, weil ich es völlig unterschätzt habe, wie schwierig es ist in Italien etwas für einen Zeitraum unter einem Jahr zu mieten. Zudem war ich bis kurz vor der Abfahrt damit beschäftigt UntermieterInnen für unsere Wohnung zu finden. Also mein erster Tipp: Kümmere dich rechtzeitig um ein Zimmer (Wir brauchten mehr Platz, weil wir als Familie unterwegs waren). Gehe rechtzeitig in die WhatsApp-Erasmus-Gruppen (ESN) und lass dir dort helfen, dann klappt es gut und wird nicht so stressig und vor allem nicht so teuer (Bari hat sehr hohe Preise was Unterkünfte angeht, teurer als Leipzig).

Medizin kann man in Bari auf Englisch und Italienisch studieren. Ich habe mich für den italienischen Kurs entschieden, weil ich die Sprache so viel wie möglich hören, und italienische Studierende kennen lernen wollte. In Leipzig hatte ich einen A1/A2 Kurs gemacht und mir nach der Zusage für das Erasmus-Semester einen Zugang für Babble gekauft. Das war das Geld für mich auf jeden Fall wert, weil ich dann jeden Tag mit Baby auf dem Rücken spazieren gegangen bin und mit der App geübt habe. Babble hat uns die ganze Zeit begleitet und viel als Ergänzung zum Unterricht gebracht.

In Bari habe ich versucht einen Sprachkurs an der Uni, "Italienisch als Fremdsprache" zu finden, dies gab es aber nicht. Ich habe mir dann privat einen Kurs an einer Sprachschule gekauft (ca. 300 Euro). Der Kurs hat mir viel Freude bereitet und viel gebracht. (https://burbujadespana.com/centro-estudios-linguisticos/).

Während des Studiums im Ausland

Die Organisation für die Erasmusstudierenden am Policlinico fand ich sehr nervenzehrend. Ich kann nur vom Medizinstudium in Bari sprechen, ich weiß, dass an anderen Fakultäten alles sehr gut funktionierte. Rückblickend ist einiges vergeben und vergessen, aber währenddessen war es für mich oft sehr stressig. So habe ich zum Beispiel mein Learning Agreement erst kurz vor Ende meines Aufenthaltes unterschrieben zurück bekommen. (Das, das man vorher unterschrieben bei der Stabsstelle Internationales einreichen soll.) Oder ich wusste ewig nicht, wann die Prüfungen sein würden und konnte mich nicht dafür anmelden…

Die Hauptkoordinatorin für die Erasmusstudierenden der Uni Bari erreichst du am besten über Teams. Emails hat sie sehr selten beantwortet und ans Telefon ist sie nie gegangen. Wenn du ins Erasmus- Büro des Hauptgebäudes der Universität gehst, kann es sein, dass sie sie dort für dich anrufen, wenn sie dir nicht weiter helfen können.

Wenn du, wie ich, Medizin studierst, dann sitzt deine verantwortliche Koordinatorin am Policlinico in der Abteilung für Neonatologie. Du findest sie am Tresen im ersten Stock auf der linken Seite. Sie spricht kein Englisch und du erreichst sie nur, wenn du persönlich hin gehst.

Lehrveranstaltungen: Auf der Website für das Medizinstudium wurden kurz vor Semesterbeginn die Stundenpläne veröffentlicht. Grundsätzlich gibt es erstmal nur Vorlesungen und keine Seminare oder Praktika wie bei uns. Du kannst dich aber privat um ein Praktikum kümmern, indem du die entsprechenden ProfessorInnen anschreibst. Die Vorlesungen waren sehr wechselhaft (die einen waren klasse, die anderen ermüdend, manchmal kam niemand, manchmal kam die Person super pünktlich). Aber ich bin sehr gerne hin gegangen und habe mich über die Möglichkeit gefreut die Pausen zum Schwatzen mit meinen SitznachbarInnen zu nutzen. In manchen Fächern werden Anwesenheitslisten geführt. Wenn du in dem Fach eine Prüfung machen willst, solltest du das berücksichtigen. Zusätzliche Angebote gab es nicht für Erasmusstudierende. Aber gut ist es, wenn du dich so früh wie möglich in die jeweiligen WhatsApp/Telegramm-Gruppen hinzufügen lässt. Außerdem gibt es zu jedem Fach eine Zusammenfassung (Dispensa), eine von den Studierenden angefertigte wörtliche Mitschrift der Vorlesungen, mit der du dich auf die mündliche Prüfung vorbereiten kannst.

Grundsätzlich würde ich dir das Erasmus in Bari nur empfehlen, wenn es dir nicht super wichtig ist, die Kurse anrechnen zu lassen oder du die Anrechnung zumindest nicht im darauffolgenden Semester sofort brauchst. Es kommt schon alles, aber es dauert eben und es kann auch mal ein halbes Jahr dauern.

Am Anfang haben wir in Airbnbs gewohnt und von dort aus eine Wohnung für uns drei gesucht. Wie gesagt, ich kann das nicht empfehlen, wir waren schlecht vorbereitet, weil wir die Situation unterschätzt hatten. In Italien wird viel weniger vermietet als in Deutschland. Nur ca. 20% der Immobilien sind auf dem Mietmarkt. Wenn du für ein Jahr bleibst, ist es wieder leichter eine möblierte Wohnung zu erschwinglichen Preisen zu mieten. Wir haben für die erste Hälfte dann ein Airbnb in der Innenstadt gemietet (ca. 50m2 für 800 Euro warm). Grundsätzlich würde ich sagen, hat jedes Viertel in Bari großartige Seiten und du kannst nicht viel falsch machen. Wir waren die erste Hälfte in Murat und das hat uns auf jeden Fall sehr gut gefallen, weil man schnell an vielen schönen Orten sein kann. Nur Japigia sollte man angeblich meiden, weil das immer noch sehr asbest-belastet ist. Unsere zweite Wohnung haben wir dann in Poggiofranco über einen Makler gefunden. Dort fanden wir es nicht so spannend wie in Murat, aber es hat uns auch gut gefallen und wir hatten mehr Sonne in der Wohnung. Wenn du im Winter in der Altstadt oder in älteren Häusern etwas mietest, kann das sehr kalt, feucht und schimmelig werden.

Also meine Empfehlungen: kümmere dich frühzeitig über die Erasmus- Gruppen vor Ort um ein Zimmer. Es kann gut sein, dass es teurer ist als in Leipzig. WGs wie bei uns gibt es oft nicht- du wirst ggf. vom Besitzer/Besitzerin mit anderen zusammengewürfelt. Oft sind die WGs nach Geschlecht getrennt.

Meine Situation weicht etwas von der klassischen Studi-Situation ab, weil ich mit Kind und Partner unterwegs war. Ich meine es gibt Zimmer zwischen 300 und 600 Euro im Monat. Die Miete ist auf jeden Fall der größte Kostenfaktor. Bei den Lebensmitteln variiert es und kommt darauf an, was du magst. Wenn du viel im Supermarkt einkaufen magst, dann wird es tendenziell teurer als in Deutschland. Wenn du Märkte und viel Obst und Gemüse, eingelegte Köstlichkeiten (Oliven, Artischocken, Pilze usw.) magst, vielleicht gerne kochst, dann bist du im Schlaraffenland. Es gibt in Bari in verschiedenen Vierteln die sogenannten "Mercati coperti", das sind überdachte Markthallen. Dort kannst du für wenig Geld viele Leckereien, Eindrücke und Sprachkenntnisse mit nach Hause nehmen.

Was auch sehr günstig und zu empfehlen ist, sind Ausflüge mit der Regionalbahn.

Also ich glaube, man kann mit dem, was man in Leipzig als Studi hat, in Bari eine schöne Zeit haben. Rückblickend würde ich dir raten, einen finanziellen Puffer einzuplanen. Ich hatte fest damit gerechnet noch vor Beginn des Semesters die Erasmus+-Förderung auf dem Konto zu haben. Ich habe sie dann im Dezember bekommen, aber ich glaube, das war nicht selbstverständlich- das Problem ist, dass ich und die meisten der Medizinstudierenden noch nicht das Learning-Agreement (das, das man am Anfang einreicht), unterschrieben zurück bekommen hatten. D.h. wenn du etwas anderes als Medizin studierst- kein Problem. Wenn du vom Policlinico abhängig sein wirst, solltest du nicht fest mit dem Geld planen. Manche der Studierenden haben bis Januar kein Geld bekommen, weil sie das LA nicht zuhause einreichen konnten.

Das Erasmus war eine sehr schöne Erfahrung, die mein Leben bereichert hat. Da wir als Familie unterwegs waren, würde ich sagen, es hat unser aller Leben bereichert und wir werden noch lange davon zehren können. Die Menschen in Apulien sind unglaublich warmherzig und gastfreundlich. Und kinderfreundlich, auch das war eine sehr besondere und wundervolle Erfahrung. Wir sind durch unser Kind unglaublich viel in Kontakt gekommen und uns bzw. unserem Kind wurde sehr viel Positivität entgegen gebracht. Eine besonders schöne Erfahrung war, dass wir von einer Kommilitonin nach Hause zu ihrer Familie eingeladen wurden. Während ihre „Nonna“, ihre Oma, für uns gekocht hat, hat sie uns die Gegend mit ihren Sehenswürdigkeiten gezeigt und wir haben den ganzen Tag zusammen verbracht.

Tipps für Bari und Umgebung: schaue dir den mercato coperto in der via nicolai an und mach Ausflüge mit der Regionalbahn, z.B. nach: Lecce, Pulignano a Mare, Ostuni, Matera.

Nach dem Studium im Ausland

Derzeit warte ich noch auf die Bescheinigungen meiner Leistungen aus Bari.

Was ich zurück in Leipzig vermisse: Die Sonne, die Qualität von Obst und Gemüse und die Freundlichkeit der Leute.

Was richtig schön zum Abschiednehmen war, war die Zugfahrt zurück nach Deutschland.