Steckbrief
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Länge des Aufenthalts
21.10.2021 – 24.05.2022 -
Stadt, Land
Knoxville, Vereinigte Staaten von Amerika -
Arbeitssprache
Englisch -
Studienrichtung
Lehramt und Erziehungswissenschaften -
Studiengang, Studienabschluss
Englisch Lehramt an Gymnasien, Staatsexamen -
Förderprogramm
Anderes Stipendium -
War Ihr Praktikum im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?
Freiwillig -
Wie haben Sie Ihr Praktikum organisiert?
Mittlerorganisation (AIESEC, IEASTE, BVMD etc.) -
Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?
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E-Mail-Adresse
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veröffentlicht am
Vor dem Praktikum im Ausland
Da ich in meinem Erstfach Englisch für das Gymnasium studiere, war mir bewusst, dass ich irgendwann nochmal ins Ausland muss. Ich habe beschlossen, ein bisschen Recherche zu betreiben und bin dabei auf das Programm "Meet Young Germany in Your Classroom" vom pädagogischen Austauschdienst der Kultusministerkonferenz gestoßen. Ich fand es super interessant, da ein Fokus auf den Einsatz neuer Medien im Klassenzimmer gesetzt wird und ich selber im Fremdsprachenunterricht immer Fremdsprachenassistenten hatte und ich fand, dass das eine Bereicherung des Unterrichts war. Außerdem hatte ich zwei meiner Pflichtpraktika in den Semestern davor nur als Online-Ersatzleistungen, da wir wegen Corona nicht in die deutschen Schulen durften und ich den praktischen Aspekt des Studiums vermisst habe.
Nach dem Beschluss (was hatte ich denn zu verlieren?), habe ich mich spontan beworben und nach einigen Vorauswahlrunden und einem Bewerbungsgespräch wurde ich angenommen. Großer Pluspunkt war für mich auch, dass keinerlei Kosten auf mich zugekommen sind, da alles für uns bezahlt und vom Stipendium abgedeckt wurde.
Ich hatte das große Glück, dass Teil des Programms ein Vorbereitungstreffen in Bonn war, wo ich mich mit den anderen Teilnehmer:innen getroffen habe und wir Vorträge gehört haben, wie beispielsweise das Schulwesen in den USA organisiert ist, was beim Visumsantrag auf uns zukommen wird, was für Vorurteile uns vielleicht erwarten werden, was unsere Aufgaben als Fremdsprachenassistenten sein werden und wie wir uns in der Schule integrieren können. Das alles hat der PAD der Kultusministerkonferenz organisiert.
Mein Mentor an der High School in Knoxville hat währenddessen nach einer Gastfamilie für mich geschaut, die mich für den Zeitraum aufnehmen würde, was wunderbar geklappt hat.
Die Alltagssprache in Knoxville war natürlich englisch und da dies mein Erstfach ist, habe ich mich nicht besonders darauf vorbereitet. Ich habe mir jedoch Videos angeschaut, die mir mein Mentor aus dem Deutschunterricht seiner Schüler:innen geschickt hat, damit ich ein Gefühl dafür bekomme, auf welchem Niveau das Deutsch in seinen Kursen ist. Das war auch am Anfang das Schwierigste, da ich vorher noch nie Deutsch als Fremdsprache unterrichtet hatte und ich lernen musste, sehr viel Geduld zu zeigen und die Schülerinnen und Schüler immer wieder zu motivieren. Gerade auch weil Fremdsprachen keine verpflichtenden Kurse in Tennessee sind.
Während des Praktikums im Ausland
Meine Arbeit hat mir viel Spaß gemacht, insbesondere weil mein Mentor mich sehr gut unterstützt hat. Nach einer Eingewöhnungsphase am Anfang habe ich irgendwann meinen eigenen Kurs geleitet, meinen Unterricht selbst geplant und Noten vergeben. Mein Mentor hat mich immer bestärkt in dem, was ich tue und mich dazu ermutig, auch mal Dinge auszuprobieren, die nicht immer unbedingt geklappt haben.
Ich habe mit meinem Kurs beispielsweise Kochvideos gedreht, die wir bei einem Deutschwettbewerb eingereicht und sogar einen Preis gewonnen haben und die Schüler:innen haben als Abschlussarbeit einen Film gedreht zum Thema "Emil und die Detektive". Allerdings muss ich auch sagen, dass ich gemerkt habe, wie schwierig es ist, Lehrer in Tennessee zu sein. Während meiner Zeit fand eine große räumliche und finanzielle Umstrukturierung der Schule statt, bei dem die Lehrkräfte keinerlei Mitspracherecht hatten. Viele Dinge mussten sie selbst aus eigener Hand finanzieren und Krankentage waren durch Corona und die Grippewelle oft schnell "aufgebraucht".
Ich hatte das Glück, dass ich bei einer sehr großzügigen und liebevollen Gastfamilie gewohnt habe, die mir geholfen hat, meinen Führerschein noch einmal zu machen, (Tennessee wollte meinen deutschen Führerschein nicht anerkennen), mir ein Auto zur Verfügung gestellt hat, mit mir in den Urlaub gefahren ist und mich in das Familienleben integriert hat. Ich hatte dabei mein eigenes Zimmer mit Bad und Ankleide. Knoxville ist eine ziemlich teure Stadt, was das Wohnen angeht. Zumindest im Vergleich mit anderen Orten in den Südstaaten, da die Stadt aktuell schnell wächst und eine große und angesehene Uni hat. Daher war ich froh, dass ich nicht nach einem WG-Zimmer oder Ähnlichem suchen musste.
Ich habe ein monatliches Stipendium von 1000 Euro bekommen. Da ich meiner Gastfamilie nichts zahlen musste (weder für Essen, noch für die Unterkunft oder Benzin) konnte ich das gesamte Geld zum Reisen ausgeben. Eine Krankenversicherung wurde für uns bereits vom Programm aus organisiert, weshalb auch hier keine weiteren Kosten auf mich zukamen.
Das meiste Geld habe ich in meinem letzten Monat ausgegeben, als das Praktikum schon beendet war, ich aber durch die Grace Period noch im Land bleiben durfte und mit einem Camper Neuengland bereist habe.
Ich habe vor allem positive Erfahrungen gemacht. Viele Amerikaner:innen haben sich gefreut, dass man aus Deutschland in ihr Land kommt und sich für ihre Kultur interessiert. Alle wollten mir immer von ihren Vorfahren erzählen, die auch aus Deutschland kamen oder von ihrem Militärdienst in Deutschland. Diese Art von Gespräch hatte ich bestimmt im Durchschnitt zwei Mal die Woche. Ich hatte für mich die Regel entschieden, mit niemandem außer meinen Freunden und meiner Gastfamilie über Politik zu sprechen, da ich solchen Konfrontationen von Anfang an aus dem Weg gehen wollte.
Auch die Fragen der Schülerinnen und Schüler haben mich manchmal amüsiert (haben deutsche Schüler:innen denn auch Hefter und Papier?), manchmal aber auch etwas verzweifeln lassen, denn wie antwortet man, wenn einen ein 15jähriger fragt, ob man sich nicht "unfrei" fühle, wenn man keine Waffe tragen dürfe.
Knoxville an sich war ein toller Ort zum Leben, da ich nur eine knappe Stunde von den Smoky Mountains entfernt gewohnt habe, bin ich so viel wandern gegangen wie noch nie in meinem Leben.
Meine Lieblingsorte waren die Nationalparks, von den Everglades in Florida bis zum Acadia National Park in Maine. Ich hatte das Glück, dass ich ganz viel reisen und entdecken konnte und auch Orte gesehen habe, zu denen ich von Deutschland aus nicht einfach mal hingeflogen wäre.
Nach dem Praktikum im Ausland
Ich lasse mir mein Praktikum als Auslandsaufenthalt anrechnen, den ich brauche, um mein Staatsexamen absolvieren zu können. Da ich keine Kurse an der Uni in den USA belegt habe, musste ich mir auch keine Leistungspunkte anrechnen lassen.
Ich musste mich erst mal wieder dran gewöhnen, wieder Schülerin und nicht mehr Lehrerin zu sein. In einigen Modulen merke ich auch, dass ich ein ganzes Jahr lang keine Kurse belegt habe und muss etwas nach meinem Vorwissen suchen.
Ich vermisse am meisten meine Gastfamilie, die mir sehr ans Herz gewachsen ist, meine Schüler und Schülerinnen und meine Kollegen und Kolleginnen, die mich sehr offen und freundlich aufgenommen haben. Was ich nicht wirklich vermisse, ist das amerikanische Brot...
Ich würde jedem empfehlen, sich nicht zu sehr unter Druck zu setzen, wenn man wieder zurückkommt und sich ein paar Monate Zeit zu geben, um wieder wirklich in Deutschland anzukommen.
...weil so viele spannende Abenteuer auf einen warten und es schade wäre, diese zu verpassen.