Steckbrief

  • Länge des Aufenthalts

    01.09.2022 – 31.05.2023
  • Lehrsprache

    Englisch
  • Studienrichtung

    Geistes- und Sprachwissenschaften
  • Studiengang, Studienabschluss

    Anglistik B. A., Bachelor of Arts
  • Förderprogramm

    Erasmus+
  • War Ihr Studium im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?

    Freiwillig
  • Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?

    Überwiegend erfüllt

Vor dem Studium im Ausland

Die Entscheidung, ins Ausland zu gehen, habe ich mir nicht leicht gemacht. Aufgrund von Corona war in meinen ersten 3 Semestern quasi keine Präsenzlehre möglich, wodurch sich erst in meinem 4. Semester so etwas wie ein normaler Unialltag entwickeln konnte, den ich dann auch direkt wieder hinter mir gelassen habe, um ins Ausland zu gehen. Obwohl im Rahmen meines Anglistikstudiums ein Auslandsaufenthalt nicht obligatorisch vorgeschrieben ist, wird er (verständlicherweise) empfohlen. Ich habe mich schlussendlich dafür entschieden, dieser Empfehlung nachzugehen. Da ich vor allem meine Sprachkenntnisse verbessern wollte, lag ein Aufenthalt im englischsprachigen Ausland nahe. Da die Förderungssituation an den UK-Unis nach dem Brexit noch ungeklärt war, als ich mich bewarb, entschied ich mich, die irischen Unis als Wunschunis anzugeben.

Ich habe ungefähr ein Jahr vor Beginn des Auslandsstudiums begonnen, mich zu informieren, nach Universitäten zu schauen und an meiner Bewerbung zu arbeiten. Die Erasmus-Wegzehrung war dabei ungemein hilfreich. Darüber hinaus habe ich mit den Erasmus-Koordinator_innen meines Zweitfaches Kontakt aufgenommen, um Fragen der Anrechnung bei einigen konkreten Auslandsmodulen zu klären. Außerdem hatte ich mit einigen ehemaligen Erasmus-Studis aus Leipzig Kontakt, die gerade aus Galway zurückgekehrt waren.

Gewohnt habe ich im Wohnheim. Die Uni in Galway hält einige Zimmer für Erasmus-Studis zurück. Einige Monate vor Beginn des Aufenthalts erhält man eine Email mit der Benachrichtigung, dass das Zimmer-Kontingent nun für die Bewerbung freigeschaltet ist, und dann heißt es: Windhundverfahren.

Da die Lehrveranstaltungen meines Hauptfaches sowohl in Leipzig als auch in Galway auf Englisch abgehalten wurden, musste ich für den Auslandsaufenthalt keinen Sprachkurs belegen/absolvieren.

Während des Studiums im Ausland

Es war für mich überraschend, dass die meisten Lehrveranstaltungen nur 50 Min. dauern. Für die Vorlesungen fand ich dies enorm hilfreich, da man sich einfach besser konzentrieren konnte. In den Seminaren hätte ich mir manchmal doch die gewohnten 90 Min. gewünscht, damit auch tatsächlich mal eine Diskussion hätte in Gang kommen können.

Eine weitere Umstellung für mich waren die Midterms, also die Prüfungsphase in der Mitte des Semesters (zusätzlich zu den Finals am Ende des Semesters). Ich empfand diese als sehr zeitaufwändig, da auch fast jede einzelne Lehrveranstaltung beide Prüfungsleistungen verlangt und ich seit Woche 3 gefühlt konstant am Essays schreiben war. Im Nachhinein würde ich definitiv weniger als die üblichen 30 ECTS pro Semester belegen bzw. versuchen, Module mit mehr Klausuren und weniger Essays zu wählen. Generell hatte ich das Gefühl, dass die Uni in Galway mehr Arbeitsaufwand, aber weniger tatsächliches Können voraussetzt. Meiner Ansicht nach war das Niveau der Veranstaltungen teils deutlich tiefer angesetzt als in Leipzig, sodass ich nur empfehlen kann, sich auch an die Third Year/Final Year Module heranzuwagen.

Besonders ans Herz legen kann ich die Module der Irish Studies. Die Dozierenden sind wahnsinnig nett und super interessiert an ihren Themengebieten sowie an einem guten Miteinander im Seminar. Enttäuscht war ich von meinen Germanistik-Modulen, die auf Englisch gehalten wurden und dementsprechend auch nur oberflächlich die Texte diskutierten.

Die Wohnsituation in Galway ist extrem angespannt. Ich hatte das unglaubliche Glück, einen Wohnheimplatz zu ergattern. Die Wohnheime und deren Preise sind allerdings keinesfalls mit denen hier in Leipzig zu vergleichen! Für mein Wohnheimzimmer dort habe ich 630€/Monat gezahlt, und damit kam ich noch vergleichsweise billig weg, sowohl im Vergleich zu anderen Wohnheimpreisen als auch auf dem freien Markt. Die Wohnheime befinden sich auf dem Campus und somit in relativer Nähe zu den Lehrgebäuden (was gerade bei dem unzuverlässigen irischen ÖPNV ein Segen war). In puncto Komfort und Zimmergröße war mein Zimmer aber keineswegs mit meinem Wohnheimzimmer in Leipzig zu vergleichen.

Viele andere kommen 2-4 Wochen vor Beginn des Semesters, um vor Ort nach einer Unterkunft zu suchen (und finden diese größtenteils auch). Das Vor-Ort-Suchen ist definitiv ratenswert, denn es gibt viele online Scams, also Vorsicht!! Zudem knüpft man im Hostel erste Kontakte zu anderen internationalen Studierenden. Es gibt allerdings auch Studierende, die finden nichts und leben das ganze Semester im Hostel. Es gibt Studierende, die zelten. Oder mangels Unterkunft/finanzieller Mittel wieder zurückfliegen müssen. Ich will jetzt hier niemanden abschrecken, viele Studis finden auch mehr oder weniger problemlos eine Unterkunft, aber es ist ein Szenario, auf das zumindest wir damals nicht hingewiesen wurden.

Das Leben in Irland ist relativ teuer. Nicht umsonst erhalten Erasmusstudierende in Irland die höchste Förderpauschale. Doch selbst diese 450€/Monat haben nicht einmal gereicht, um meine Miete zu bezahlen. Ohne die finanzielle Unterstützung meiner Eltern wäre mein Auslandsjahr also nicht möglich gewesen. Darüber hinaus werden 30% der Erasmus-Förderung auch erst ausgezahlt, wenn man bereits aus dem Ausland zurückgekehrt ist, und stehen einem vor Ort also nicht zur Verfügung.

Ich habe es genossen, an einer sogenannten 'Campus-Uni' zu studieren, wo wirklich alle Uni-Gebäude auf einem gemeinsamen Gelände versammelt sind. Man trifft viel häufiger Leute, die man kennt und mit denen man sich dann kurz unterhält. Darüber hinaus habe ich insbesondere die Café-Szene in Galway in mein Herz geschlossen. Der Kaffee ist einfach unglaublich gut und die Rolle der Cafés als tatsächliche Study Spots ist viel größer als hier in Leipzig.

Außerdem mein Rat an alle: Konzentriert euch nicht ausschließlich auf die Uni und dafür vielleicht auch auf das Reisen und die Ausflüge durchs Land. In der Bib versauern könnt ihr auch in Deutschland. Die Mischung macht's.

Nach dem Studium im Ausland

Die Anerkennung all meiner 60 ECTS für Anglistik, Germanistik und SQ war unproblematisch. An dieser Stelle kann ich nur kurz kritisch anmerken, dass die Umrechnung der Noten vom irischen ins deutsche System sehr uneinheitlich ist. In Galway erhält man ab einer Leistung von mind. 70% die höchste Note (entsprechend streng in der Bewertung sind auch die irischen Dozierenden, insbesondere bei Essays). Hier in Leipzig allerdings wurde der Richtwert für die höchste Note auf 80% bzw. sogar 90% hochgesetzt, sodass eine irische 1,0 zu einer 1,3 bzw. 1,7 in Leipzig wird.

Tatsächlich habe ich mich sehr auf meine Rückkehr nach Leipzig gefreut. Galway war nach einer Weile dann doch einfach zu klein und zu touristisch für meinen Geschmack und am Ende waren das ständig regnerische, dunkle Wetter sowie das andauernde Essay-Schreiben zu viel für mich. Meine irischen Friends sehe ich nach wie vor regelmäßig und ich war seit Ende meines Aufenthaltes bereits häufig wieder in Irland.

Ich kann auf jeden Fall empfehlen, sich zu überlegen, wie man die Zeit direkt nach der Rückkehr überbrückt. Das irische Sommersemester endet Ende April/Anfang Mai, wenn hier in Deutschland das Sommersemester gerade erst richtig los geht. Ich habe daher unmittelbar nach meiner Rückkehr ein freiwilliges Praktikum absolviert, nach dessen Ende das Sommersemester hier dann fast zu Ende war und alle anderen auch wieder mehr Zeit hatten.

Selbst wenn in meinem Auslandsjahr nicht alles so lief, wie ich es mir vorgestellt oder vielleicht gewünscht habe, bin ich doch froh, diese Erfahrung gemacht zu haben, und würde es jederzeit wieder tun. Man lernt so viel über sich selbst und andere, entwickelt neue Fähigkeiten, man schließt Freundschaften und entdeckt neue Traditionen und Kulturen. Und selbst, wenn man entdeckt, dass einem etwas doch nicht so liegt oder so viel Freude bringt, wie man gedacht hatte, ist das immer noch ein Wissen, das für's weitere Leben wertvoll sein kann. Und man lernt sein Zuhause auf eine ganz neue Art schätzen.