Steckbrief

  • Länge des Aufenthalts

    01.10.2018 – 15.01.2019
  • Lehrsprache

    Englisch
  • Studienrichtung

    Geistes- und Sprachwissenschaften
  • Studiengang, Studienabschluss

    Arabistik und Islamwissenschaft B. A., Bachelor of Arts
  • Förderprogramm

    Erasmus+
  • War Ihr Studium im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?

    Freiwillig
  • Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?

    Erfüllt

Vor dem Studium im Ausland

Mir war von Beginn an klar, dass ich in meinem Bachelorstudiengang ein Semester im Ausland verbringen will. Die Angebote meines Instituts für Auslandsaufenthalte waren eher klein und für mich nicht attraktiv. Also entschied ich mich dazu, über ein anderes Institut ein Erasmusaufenthalt in der Türkei zu absolvieren. Für Ankara und die Hacettepe Üniversitesi habe ich mich entschieden, da Ankara einem einen anderen Blick auf die Türkei ermöglicht als ein Aufenthalt in Istanbul und die die Hacettepe Üniversitesi zu einer der besten des Landes gehört.

Mit der Vorbereitung für mein Auslandsaufenthalt konnte ich erst so richtig 4 bis 2 Wochen vor Beginn des Semesters starten, da wir erst dann alle Informationen bekommen haben. Um eine Unterkunft zu finden, ist diese Vorlaufzeit in Ankara aber absolut in Ordnung. Ich hatte schon lange vorher ein Auge auf eine Facebook-Gruppe mit Zimmerangeboten für Erasmusstudierende geworfen und bin hier im Endeffekt auch fündig geworden. Im Wintersemester 18/19 waren alle Wohnheimzimmer an der Hacettepe schon vergeben und privates Wohnen wäre so oder so meine einzige Option gewesen. Studentenwohnheime an der Hacettepe sind sehr restriktiv, mit strenger Geschlechtertrennung und nächtlichen Ausgangssperren, und weit außerhalb des Stadtzentrums (dafür aber direkt auf dem Campus). Ich war also sehr froh, im Zentrum in einer WG zu leben.

Ich hatte im Vorlauf auf meinen Auslandsaufenthalt zwei Semester Türkisch im Zuge meines Islamswissenschaften-Bachelors. Das Niveau nach zwei Semestern war aber nicht höher als A1, also lange nicht genug, um Kurse auf Türkisch zu belegen.

Die absolute Mehrheit der Kurse an der Hacettepe finden auf türkischer Sprache statt, nur einzelne Institute so wie Anglistik, Amerikanistik, Politikwissenschaften und Internationale Beziehungen haben Kurse in Englisch. Die Mehrheit meiner Kurse wurden also in diesen Fächern belegt (es war also kein Problem, Kurse außerhalb seines Partnerinstituts zu belegen). Vorsichtig sollte man sein, da manchmal Kurse, die auf Englisch ausgeschrieben werden, trotzdem auf Türkisch stattfinden, da das Sprachniveau auf Englisch der Studierenden und Lehrenden manchmal eher niedrig ist.

Für das alltägliche Leben in Ankara ist ein Niveau von mindestens A1 unerlässlich, da die absolute Mehrheit der Bevölkerung dort keine Fremdsprachen spricht. Dies macht natürlich das Erlernen der Sprache während des Aufenthalts viel, viel einfacher und für mich war es eine tolle Chance, mein gelerntes Türkisch anzuwenden. Ohne Vorkenntnisse könnte es aber zu einem sehr holprigen Start kommen.

Während des Studiums im Ausland

Das Studium an der Hacettepe hat mich sehr positiv überrascht. Die Lehrenden und StudentInnen waren in den meisten Fällen hochmotiviert und die Inhalte der Lehrveranstaltungen waren sehr zeitgemäß. Besonders meine Kurse aus dem Institut für Internationale Beziehungen waren auf einem sehr hohen Niveau und haben mir geholfen, mit meinem doch eurozentrischen Weltbild zu brechen. Für alle Erasmusstudierenden gab es die Möglichkeit, an einem Türkisch Sprachkurs teilzunehmen, der an unser Level angeknüpft hat. Außerdem wurden wir von der wunderbaren Tuba Yildirim und ihrem Team im EU-Office betreut, die immer ein offenes Ohr für unsere Probleme hatte und ohne die unsere Antragstellung für unsere Aufenthaltsberechtigung nicht ansatzweise so einfach gewesen wäre.

Wie bereits beschrieben habe ich während meines Aufenthalts in Ankara privat in einer WG mit zwei türkischen Studentinnen meiner Universität gewohnt. Die Wohnung war zentral gelegen, nur 15 min zu Fuß entfernt von Kizilay, dem zentralen Umsteigeplatz der Stadt. Aus oben genannten Gründen würde ich jedem privates Wohnen empfehlen, man sollte aber vorsichtig sein, dass man in der Nähe von öffentlichen Verkehrsmitteln so wie der Metro oder der Ankaray wohnt, da tägliches Minibusfahren teuer werden kann und nerven kostet. Ich habe zwar von meiner Wohnung im Zentrum aus 1,5 Stunden zur Universität gebraucht, konnte dafür aber selber kochen, auf dem Markt einkaufen gehen und ein ganz normales Wohnviertel in Ankara kennenlernen. Außerdem hatte man es so viel einfacher zum Busterminal oder zum Flughafen zu kommen, um andere Teile der Türkei kennenzulernen.

Meine finanzielle Situation vor Ort war durch das Erasmusgeld und ein Stipendium (inkl. Auslandsbonus) sehr, sehr komfortabel. Das Leben in Ankara ist momentan und war besonders während der Währungskrise 2018 sehr billig für Menschen mit einem Einkommen in Euro. Ich würde sagen, ein normaler Monat in Ankara hat mich nicht mehr als 300 Euro gekostet. Mein Zimmer hat um die 100 Euro gekostet, Essen in der Mensa liegt zwischen 1 Euro und 50 Cent. Supermärkte können teilweise fast deutsche Preise haben, auf Märkten kriegt man hingegen Obst und Gemüse für einen Bruchteil. Auswärts Essen kostet meistens zwischen 3 und 6 Euro. Auch Reisen innerhalb der Türkei sind kostengünstig: Fernbusse kosten selten mehr als 10 Euro, Flüge selten mehr als 30 Euro. Auch Übernachtungen in Airbnbs und Hotels lagen meistens bei 10 - 20 Euro pro Person. Ich hatte circa 600 Euro im Monat zur Verfügung und konnte gefühlt endlos essen gehen und reisen, was definitiv eine neue Erfahrung für mich war.

Was mich an Ankara besonders überrascht hat, war seine Studentenkultur, die Stadt ist definitiv eine Studentenstadt. Es gibt eine schier endlose Zahl an Bars und wunderbaren Cafés. Ich habe ein Großteil meines Aufenthalts in Ankara damit verbracht, in Cafés zu sitzten, besonders in und um das Viertel Tunalli gibt es viele. Im Gegensatz dazu gibt es eine ganz andere Welt in der "Altstadt" von Ankara im Viertel Ulus. Hier sollte man sich am besten nicht zu freizügig anziehen, dafür gibt es aber ein riesiges Bazaarviertel mit allem, was das Herz begehrt und dem Sengül Hamami, ein sehr altes Hamam, in dem man von Kopf bis Fuß von resoluten Frauen abgeschrubbt wird und wie neugeboren wieder herauskommt. Außerdem würde ich jedem empfehlen, während seiner Zeit in Ankara am Wochenende weitere Teile der Türkei zu entdecken, da man von hier aus mit Fernbus oder Flugzeug wirklich überall für wenig Geld hinkommt. Mir hat es besonders der Süden des Landes angetan. Wenn es die politische Lage ermöglicht, sollte man auf keinen Fall Antakya oder Mardin verpassen!

Nach dem Studium im Ausland

Meine Anrechnung hat problemlos funktioniert, was aber definitiv auch an dem zuständigen Mitarbeiter meines Instituts lag.

Meine Rückkehr nach Leipzig war für mich kein großes Problem, da ich mich schon während meines Aufenthalts in Ankara dafür entschieden hatte, mein Studium um ein Semester zu verlängern. Dies hat mir definitiv den Druck genommen und ich konnte locker in das neue Semester starten, ohne meine Bachelorarbeit im Nacken zu haben. Aus Ankara vermisse ich die hohe Motivation der Studierenden und meine doch sehr, sehr große finanzielle Freiheit während des Auslandsaufenthalts. Nicht vermissen tue ich es, ein bis zwei Stunden bis zur Universität zu brauchen!

Weil an einem Ort zu sein was anderes ist, als über ihn zu lesen.