Steckbrief

  • Länge des Aufenthalts

    29.08.2018 – 27.05.2019
  • Lehrsprache

    Englisch
  • Studienrichtung

    Lehramt und Erziehungswissenschaften
  • Studiengang, Studienabschluss

    Lehramt, Staatsexamen
  • Förderprogramm

    PROMOS
  • War Ihr Studium im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?

    Obligatorisch
  • Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?

    Mehr als erfüllt
  • E-Mail-Adresse

Vor dem Studium im Ausland

Zu Beginn meines Studiums stand ein Auslandsaufenthalt eigentlich nicht auf meinem Plan. Aber dann, mitten drin, hatte ich auf einmal Fernweh und Lust auf einen Tapetenwechsel. Dadurch, dass ich Englisch Lehramt studiere, wollte ich gerne ins englischsprachige Ausland. Die USA schienen für mich die beste Idee, da ich dort bereits kurz nach der Schule eine Weile gelebt hatte und ich so die Unsicherheit, die ich manchmal gegenüber ungewohnten Umständen empfinde, besser umgehen konnte. Anschließend habe ich mich über die Möglichkeiten beim Akademischen Auslandsamt informiert und grenzte die Auswahl der Universitäten und Colleges, die für mich infrage kamen, langsam ein. Mount Holyoke College blieb am Ende übrig. Es wurde mir von vielen Seiten empfohlen: von einer Freundin, von einem Dozenten in der Amerikanistik und auch von Frau Moros selbst. Es überzeugte mich letztendlich auch, weil es geographisch sehr gut liegt, klein im Vergleich zur Uni Leipzig ist, interessante und relevante Kurse anbietet und mich die Weltoffenheit und Familiarität sehr ansprachen.

Nachdem die Zusage für Mount Holyoke kam, stand ich nun vor der Wahl, ob ich den Platz annehmen wollte und mir die zwei Semester dort finanzieren könnte.

Aufgrund der bilateralen Partnerschaft zwischen Mount Holyoke College und der Uni Leipzig wurden mir glücklicherweise die hohen Studiengebühren erlassen. Ich musste „nur“ die Krankenversicherung, die Unterbringung auf dem Campus und die Verpflegung bezahlen. Diese Summe hatte mir meine verstorbene Großtante vererbt und ich glaube, dass ich dieses Geld so auch in ihrem Sinne verwenden konnte. Zusätzliche finanzielle Unterstützung hatte ich durch das PROMOS Stipendium der Uni Leipzig, meine Eltern und den Nebenjob, den ich am College hatte.

Abgesehen vom Finanziellen mussten auch einige andere Dinge organisiert werden: Ich musste für mein Zimmer in Leipzig eine*n Untermieter*in finden, eine ärztliche Kontrolluntersuchung durchführen lassen, diverse Impfungen nachweisen, meine Kurse wählen, einen Sprachnachweis vorlegen und ein paar Dinge für mein Zimmer vor Ort organisieren (insbesondere Bettzeug und -wäsche sowie Handtücher, weil ich das nicht in meinem Koffer mitbringen wollte). Dabei half mir die Studentin, die das Jahr vor mir am Mount Holyoke College studierte. Alternativ hätte man die Sachen auch im Vorhinein per Post ans College senden oder bestellen können.

Dadurch, dass ich bereits einmal in den USA gelebt hatte und ich Englisch studiere, musste ich mich sprachlich nicht auf meinen Auslandsaufenthalt vorbereiten. Am College selbst waren alle meine gewählten Kurse auf Englisch. Verständnisprobleme hatte ich keine, jedoch kam meine schriftliche und mündliche Ausdrucksweise natürlich nicht an die einer Muttersprachlerin heran. Das kommt sie zugegebenermaßen auch bis heute nicht, aber dennoch hat sich mein Englisch vor Ort deutlich verbessert. Ich habe auch nie einen sprachlichen Nachteil erlebt, weil etwa 25 % aller Studierenden am College ebenfalls aus dem Ausland kommen.

Während des Studiums im Ausland

Das Studium am Mount Holyoke College ist ganz anders, als ich es von der Uni Leipzig kenne, was natürlich auch an der geringeren Gesamtgröße liegt. Die Kursgruppen sind viel kleiner (meine eine Vorlesung, die ich hatte, bestand aus 40 Personen; in meinen Seminargruppen waren wir zwischen sechs und 20 Personen), die Professor*innen pflegen ein inniges Verhältnis zu ihren Studierenden und auch meine Prüfungsleistungen waren anders strukturiert: Es gab eine Anwesenheitspflicht, regelmäßige Aufgaben, Mitarbeitsnoten und zwei Prüfungsphasen pro Semester. Dadurch war man im Semester viel beschäftigt, hatte aber auch mehr Orientierungspunkte und konnte seine eigenen Fortschritte miterleben. Ich habe in der Zeit dort beispielsweise viele Essays geschrieben, wodurch ich sprachliche und argumentative Fähigkeiten schulen konnte. Auch generell habe ich den Eindruck, dass ich mir nachhaltiges Wissen und beständige Kompetenzen aneignen konnten, weil meine Kurse viel individueller auf mich zugeschnitten waren.

Die allermeisten der Kurse am Mount Holyoke College eignen sich für Austauschstudierende, da die Lehrveranstaltungen differenziert und individualisiert werden können. Zum Beispiel belegte ich den Kurs „Public Speaking“, wo ich selbstständig festlegen konnte, was ich persönlich durch den Kurs erreichen möchte. Meine Reden wurden dabei unter diesem Gesichtspunkt betrachtet und nicht unter grammatikalischer Vollkommenheit.

Ein weiterer Pluspunkt, den ich jedoch nicht in Anspruch genommen habe, ist das erweiterte Kursangebot durch den Zusammenschluss von Mount Holyoke und den vier anderen Colleges in der Umgebung. Dadurch hat man natürlich eine viel größere Auswahl und kann wirklich die Kurse wählen, die einen interessieren.

Am Mount Holyoke College wohnen die Studierenden auf dem Campus in verschiedenen Wohnhäusern. Man teilt sich ein großes Gemeinschaftsbad und wohnt entweder in Einzel- oder Mehrbettzimmern. Diese sind möbliert, es stehen ein Bett mit Matratze, ein Schreibtisch, ein Schrank, ein Regal und eine Kommode zur Verfügung.

Dadurch, dass ich über die bilaterale Universitätspartnerschaft von Anfang an einen Nebenjob am German Department hatte, wohnte ich auch auf dem German Floor im Language House in einem Einzelzimmer und war für sporadisch Freizeitangebote für meine Mitbewohner*innen verantwortlich. Dadurch bildeten sich natürlich kleine Gemeinschaften und auch Freundschaften.

Zum Kochen gibt es nur eine Mikrowelle und ein Waschbecken auf dem Flur, was jedoch völlig ausreichend ist, da man alle Mahlzeiten in einer zentralen Mensa einnimmt. Das kulinarische Angebot in Mount Holyoke ist außergewöhnlich gut und war auf die Zufriedenstellung aller Geschmäcker und Vorlieben ausgelegt.

Mount Holyoke College ist eine teure Angelegenheit, die ich mir nur dank besonderer Umstände leisten konnte. Die größten Summen zahlt man im Voraus: Ich habe zum ersten Semester 8.000€ bezahlt für die Unterkunft, Verpflegung und Krankenversicherung (für ein Jahr) und für das zweite Semester noch einmal 6.000€ für die Unterkunft und Verpflegung. Durch das PROMOS Stipendium habe ich etwa 3.500€ ausgezahlt bekommen. Das kann man ja jetzt mal auf die 9 Monate aufteilen; macht also etwas weniger als 1.200€ pro Monat. Auf dem Campus hatte ich über das German Department einen Nebenjob, bei dem man bis zu $400 im Monat verdienen konnte. Dadurch waren zusätzliche Kosten für Freizeit und persönliche Dinge gut abgedeckt. Mein meistes Geld habe ich für Kurztrips nach Boston und New York ausgegeben. Außerdem war ich über die Winterferien für einen Monat wieder in Deutschland, wodurch auch zusätzliche Kosten für den Flug entstanden sind.

Auf eine Sache, die einem bei der Finanzübersicht immer wieder begegnet, möchte ich noch hinweisen: Häufig wird gesagt, dass man sich die Literatur für seine Kurse kaufen muss. Das war bei mir nie der Fall und ich habe viele Kurse mit langen Literaturlisten belegt. Alle Bücher gab es zur Ausleihe in der Bibliothek.

Es fällt mir schwer, auf diese Frage zu antworten, ohne melancholisch zu werden. Es war eine großartige Zeit. Der schöne Campus, die wunderbaren Menschen, das gute Essen, die vielen interessanten Kurse und spannenden Events (insbesondere die Abschlusszeremonien) haben es unvergesslich und unvergleichlich gemacht. Mount Holyoke College hat mir andere Seiten unserer westlichen Gesellschaft gezeigt und mich gelehrt, mir meiner eigenen Privilegien bewusst zu werden. Ich war davor unsicher, ob es die richtige Entscheidung sein würde, schließlich verlässt man nicht gerne seine Komfortzone. Insbesondere dann nicht, wenn das Leben in Leipzig so schön ist. Jetzt weiß ich, dass es sich gelohnt hat und dass ich ruhig öfter die Chancen nutzen sollte, die ich bekomme. Allen anderen kann ich nur empfehlen, neugierig und aufgeschlossen zu bleiben. Das bereichert das Leben ungemein.

Nach dem Studium im Ausland

Von den insgesamt acht Kursen, die ich im Ausland belegt habe, konnte ich mir sechs (zwei für Englisch, vier für Ethik/Philosophie) anerkennen lassen. Die Anerkennung obliegt immer dem Fach, das heißt, man muss sich immer mit den Verantwortlichen der einzelnen Fächer auseinandersetzen. Manche Fächer haben mehr, manche weniger Erfahrungen mit der Anerkennung von im Ausland erbrachten Leistungen.

Folgende Tipps können jedoch in jedem Falle helfen:

1. Am besten spricht man mit den Verantwortlichen schon vor Beginn des Auslandsjahres und guckt, welche Bedingungen erfüllt werden sollten. Auch macht es Sinn zu überlegen, welche Module sich für eine Anerkennung eignen und welche eher weniger.

2. Essenziell ist auch, dass man einen schriftlichen Nachweis hat, wie vielen ECTS die Credits an der Austauschuni entsprechen. Beispielsweise haben vier Mount Holyoke Credits einem Workload eines acht Leistungspunkte Moduls an der Uni Leipzig entsprochen. Daher musste ich teilweise zwei Kurse in Mount Holyoke für ein 10 Leistungspunkte Modul der Uni Leipzig belegen.

3. Frau Moros vom Akademischen Auslandsamt kann Empfehlungen aussprechen, auch wenn die Anerkennung letztendlich dem Fach obliegt. Das kann helfen, auch wenn es um die Umwandlungen der Noten geht.

Nach Leipzig zurückzukehren war erst mal sehr schön, weil man seine altbekannte Umgebung im besten Sommerwetter endlich wiederhatte: Man hat Familie und Freund*innen wiedergesehen, hatte wieder ein ganz eigenes Zuhause, mehr Freizeitangebote und konnte sich unabhängig überallhin bewegen. Natürlich überkommt einen dann und wann Heimweh zurück, aber damit lernt man umzugehen und die Zeit mehr wertzuschätzen.

Persönlich hat mir der zelebrierte Abschluss und Abschied vom College geholfen. Am Ende hatte man ein paar ereignisreiche Tage, wo man dem Campus und den lieb gewonnenen Menschen gebührend auf Wiedersehen sagen konnte. Meine Mama und mein Freund waren zu Besuch und ich konnte ihnen mein kleines Zuhause dort vorstellen und sie waren bei den Zeremonien dabei. Und dann verließ ich den Campus und es war irgendwie auch okay. Die Erinnerungen bleiben einem ja erhalten.

 

Drei Dinge, die ich bis heute sehr vermisse?

1. Das Gemeinschaftsgefühl; ausgelöst durch das gemeinsame Wohnen auf dem schönen Campus, die überschaubare Zahl an Studierenden und Mitarbeiter*innen, die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit, die einem im und außerhalb des akademischen Raums begegnen.

2. Die Menschen; angefangen von meinen Freundinnen, über die Professor*innen und Kolleg*innen, bis hin zu den anderen Mitstudierenden. Sie haben die Zeit dort ungemein bereichert und sind mir bis heute (und hoffentlich auch in meiner Zukunft) treue Begleiter*innen.

3. Die Frauenpower; Mount Holyoke ist nämlich eines der ältesten Frauencolleges der Welt. Dadurch spielen gegenseitiges Empowerment und Feminismus eine essenzielle Rolle im Alltag, die natürlich nicht überall eine Selbstverständlichkeit sind. Seit 2014 können neben Cis-Frauen auch Trans- und non-binäre Personen an Mount Holyoke studieren, wodurch das College eine fortschrittliche Einstellung gegenüber Geschlechtsidentität und -zugehörigkeit zeigt.

Weil ich finde, dass wir durch einen Auslandsaufenthalt lernen können, uns unsere kindliche Neugierde und Unvoreingenommenheit auf die Welt zu sehen, zu erhalten.