"Ernst Bloch war ein freundlicher und optimistischer Mensch, aber konnte auch stur sein und war durch abweichende Meinungen nicht leicht zu beeindrucken", so beschreibt Tagungsorganisator Dr. Henning Tegtmeyer vom Institut für Philosophie den ehemaligen Professor für Philosophie an der Universität Leipzig. "Er entwarf zu DDR-Zeiten eine ganz eigene Variante einer kommunistischen Utopie, fast einen alternativen Marxismus und beeinflusste, obwohl er selbst Atheist war, sogar die evangelische Theologie. In die Partei einzutreten hat er sich immer geweigert und vermittelte seinen Studenten humanistische Freiheitsideen." Dafür musste Bloch büßen. Er wurde 1957 in Leipzig zwangsemeritiert und übersiedelte nach Tübingen.
Suche nach Lebenssinn
Blochs Philosophie der Hoffnung, seine aufgestellten Thesen und Fragen, scheinen jedoch gerade jetzt - in Zeiten der globalen Instabilität und Orientierungslosigkeit - wieder aktuell zu werden. Denn "Bloch beschäftigte sich mit den großen Fragen, mit Metaphysik, mit Ursache und Sinn des Lebens, mit dem, was Leben wirklich Sinn verleiht - eine Betrachtungsweise die die Mehrzahl der Philosophen im 19. und 20. Jahrhundert aufgegeben haben", erklärt Dr. Tegtmeyer. "Sein Denken fußte auf der Idee, dass die Gesellschaft, noch nicht bei sich angekommen ist, weil sie Mangel fühlt. Aber der Mensch ist Blochs Meinung nach ein Hoffnungswesen - er hofft, er strebt und er soll es auch. Vereinfach gesagt: Hoffnung leben heißt nicht einfach dazusitzen, sondern die Welt aktiv in die erhoffte Richtung zu verändern." Ziel der Wissenschaftler - Philosophen, Theologen, Politologen und Literaturwissenschaftler - ist es nun Blochs Denken der 20-70er Jahr wieder und neu zu verstehen und Relevanz und Nutzen für die Gegenwart herauszustellen.
Geheime Briefe erstmals öffentlich
Ein Mittel in die philosophische, aber auch private Gedankenwelt Blochs einzutauchen ist der geheime Briefwechsel mit seinem Leipziger Uni-Assistenten Jürgen Teller, der die Distanzierung von seinem Lehrer auch nach dem Uni-Rauswurf Blochs verweigerte. Zum Schutz vor der Stasi wurden alle Briefe verschlüsselt übermittelt. Erst Blochs Sohn, der heute über 70jährige Jan Robert Bloch, hat sie kürzlich dekodiert und in einem Buch zusammengestellt: "Briefe durch die Mauer. Aus dem Briefwechsel Ernst und Karola Blochs mit Jürgen und Johanna Teller. Hrsg. von Jan Robert Bloch, Anne Frommann und Welf Schröter. Aus diesem Buch wird im Rahmen der Tagung nun erstmals öffentlich vorgelesen - am 1. Oktober, 20:15 Uhr in der Universitätsbuchhandlung, Universitätsstraße 16.
Für interessierte Laien bieten sich außerdem folgende Veranstaltungen an:
- 30. September, 18:00 Uhr : Tagungseröffnung durch den Rektor der Eniversität Leipzig Professor Franz Häuser und Abendvortrag Professor Christoph Türcke (Leipzig): "Die Unvermeidlichkeit der Utopie" Ort: Hörsaal 1, Neuer Campus Augustusplatz
- 2. Oktober, 18:30 Uhr: Abendvortrag Professor Jürgen Moltmann (Tübingen): "Denken heißt Überschreiten. Ernst Bloch und die Zukunft der Hoffnung" Ort: Hörsaal 1, Neuer Campus Augustusplatz
Die interdisziplinäre Tagung wird gemeinsam organisiert vom Institut für Philosophie der Universität Leipzig und "Ethos e. V. -Verein für Ethik und Philosophie" in Leipzig. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.http://www.uni-leipzig.de/~philos
Medienvertreter sind besonders zur erstmaligen öffentlichen Vorstellung und Lesung der geheimen Briefe zwischen Ernst Bloch und seinem Assistent Jürgen Teller eingeladen.
Zeit: 01.10.2009, 20:15 Uhr
Ort: Universitätsbuchhandlung
Universitätsstraße 16