Pressemitteilung 2020/255 vom

Die Europäische Union scheint zunehmend zerrissen zu sein zwischen integrationsfreundlichen Großstädtern und Integrationsskeptikern in ländlich-peripheren Räumen. Im Osten Mitteleuropas ist die Beteiligung an Europawahlen vielerorts schwach. Zugleich weiß die Wissenschaft noch wenig über die spezifischen Einstellungen zur EU in ländlichen Regionen. – Das neue interdisziplinäre Jean-Monnet-Spitzenforschungszentrum „Die Europäische Union und ihre ländliche Peripherie in Ostmitteleuropa“ an der Universität Leipzig will dazu beitragen, dies aufzuklären.

Mehr als 15 Wissenschaftler befassen sich mit Wahrnehmungen, Praktiken und Potenzialen von EU-Bürgerschaft und nehmen dafür speziell Jugendliche in den Blick. Sie sprechen mit Menschen in ländlichen Räumen darüber, was es für sie bedeutet, Bürger der EU zu sein, stellen neue Daten bereit, erklären in Lehrveranstaltungen, wie die EU funktioniert, bereisen mit Studierenden Europa und besichtigen in internationalen Sommerschulen ländliche Regionen.

Die Koordinatorin des neu gegründeten Zentrums, Prof. Dr. Astrid Lorenz vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Leipzig, erklärt: „Diese Aktivitäten sollen in der Wissenschaft Impulse für die bessere Berücksichtigung ländlicher Räume setzen, ein neues Nachdenken über die Lebensbedingungen und Bedürfnisse der dort lebenden Menschen anregen und aktuelle Forschungsergebnisse unmittelbar in die Lehre in zahlreiche Studiengängen sowie in Politik und Gesellschaft einspeisen“. Auch der Dialog mit der interessierten Öffentlichkeit sei für das Zentrum von elementarer Bedeutung. Dafür lade es zu einer Reihe von öffentlichen Veranstaltungen wie Diskussionsrunden, Bürgergesprächen und Workshops ein. Der Namensgeber des Zentrums, Jean Monnet (1888 bis 1979), war ein französischer Unternehmer. Er gilt als Wegbereiter der europäischen Einigungsbestrebungen.

Mit der Etablierung des neuen Jean-Monnet-Spitzenforschungszentrums wird auch der strategische Forschungsbereich „Veränderte Ordnungen in einer globalisierten Welt“ der Universität Leipzig weiter gestärkt. Im Mai hatte das Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) seine Arbeit aufgenommen, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird und dessen Themen von neuen sozialen Konflikten über das Auseinanderdriften von Stadt und Land bis hin zu Populismus und zunehmendem Antisemitismus reichen. Erst kürzlich ist das neue Else-Frenkel-Brunswik-Institut an der Universität Leipzig eingerichtet worden. Die neue Dokumentations- und Forschungsstelle zur Analyse und Bewertung antidemokratischer und menschenfeindlicher Tendenzen wird vom Freistaat Sachsen gefördert. Das neue Institut wird als eigenständige Forschungseinheit im interdisziplinären Zentrum der Universität Leipzig „Leipzig Research Centre Global Dynamics“ etabliert.