Pressemitteilung 2017/029 vom

"Sprache und germanischer Mythos im Rechtsextremismus" ist der Titel eines neuen Buches, das in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD erschienen ist. Der Autor, Prof. Dr. Dr. Georg Schuppener von der Universität Leipzig, beschäftigt sich darin intensiv mit der rechtsextremen Adaption von Sprache und germanischem Mythos. Der Germanist beschreibt darin unter anderem detailliert, wie Rechtsextremisten die Mythologie für ihre Zwecke instrumentalisieren und umdeuten. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Fokussierung auf ein sozialdarwinistisches Weltbild, das auch Gewalt als Mittel der Politik legitimiert.

"Um ihre Identität zu legitimieren, greifen Rechtsextremisten weit in die Geschichte zurück, und zwar bis auf die germanische Frühzeit. Vor allem die nordisch-germanische Mythologie wird hierbei intensiv genutzt. Sie findet sich in Namen, Redewendungen und Symbolen, bei Musik und Bekleidung wieder und bildet einen integralen Bestandteil der Selbstdarstellung der Rechtsextremisten", erklärt Schuppener. Sehr detailliert analysiert er in seinem Buch auch die Sprache des Rechtsextremismus, die in der wissenschaftlichen Literatur bisher wenig Beachtung fand. Konkret beschreibt er sprachliche Besonderheiten rechtsextremer Auftritte im Internet, speziell in sozialen Medien, in Print-Publikationen und in Liedtexten rechtsextremer Musik.

Szenetypische Phrasen, wie beispielsweise der Neujahrswunsch "einen guten Start ins Kampfjahr", oder auch häufig genutzte Begriffe wie "Widerstand" vermittelten einerseits Gruppenidentität und transportierten andererseits die gewaltbereite rechtsextreme Ideologie, sagt Schuppener. Auch die rechtsextreme Adaption des Konzeptes "Heimat" sei Ausdruck der ideologischen Instrumentalisierung von Sprache. "Gerne wird auch der Hochwertwortschatz der demokratisch verfassten Gesellschaft mit Worten wie Bürgerinitiative, Bürgerbewegung, Zivilcourage, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung und Solidarität instrumentalisiert. Dabei wird aber eine speziell rechtsextreme Bedeutung transportiert. Die rechtsextreme Szene verwendet diese Terminologie für sich selbst. Das hat Verschleierungsfunktion, zum anderen kann man so andere ansprechen", erläutert der Autor. Außerdem werde der DDR-Wortschatz für die eigene Szene mit Begriffen wie Aktivist oder Sozialismus neu ausgedeutet. Schließlich werde auch der NS-Wortschatz neu belebt. Als Beispiele nannte Schuppener Begriffe wie Volksgemeinschaft, Volksverrat oder völkisch.

"Die Ergebnisse zeigen, dass rechtsextreme Zugriffe auf die germanische Mythologie eng mit spezifischen sprachlichen Mustern verknüpft sind. Ferner belegen die Befunde, dass rechtsextreme Ideologie weniger durch Parteiorganisationen, sondern vielmehr durch eine breite Basis transportiert wird, sehr häufig auch gebunden an subkulturelle Muster", resümiert der Autor. Er ist außerplanmäßiger Professor am Institut für Germanistik der Universität Leipzig im Bereich Sprachgeschichte. Seine 256 Seite umfassende Publikation ist Mitte Januar im Verlag Edition Hamouda erschienen und kostet 18 Euro.

"Sprache und germanischer Mythos im Rechtsextremismus", Georg Schuppener, ISBN 978-3-95817-027-8 [D].