Pressemitteilung 2015/181 vom

Der Japanologe Dr. Martin Roth erforscht seit Januar dieses Jahres als neu berufener Juniorprofessor am Ostasiatischen Institut der Universität Leipzig ein ebenso ungewöhnliches wie interessantes Thema: "Japan im Zeitalter der Neuen und Digitalen Medien". Im Fokus der wissenschaftlichen Arbeit des 31-Jährigen stehen vor allem Videospiele. Roth untersucht diese beispielsweise als Ausdrucksraum für neue Ideen, befasst sich aber auch im weiteren Sinne mit digitalen Regionen und Gemeinschaften - immer mit Blick auf Japan. Ebenfalls neu berufen an die Universität Leipzig wurde zum 1. April dieses Jahres der Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Frieder von Ammon, als Professor für "Neuere deutsche Literatur (19. bis 21. Jahrhundert)". Im weiten Spektrum der Gegenwartsliteratur hat sich der 41-Jährige insbesondere der Lyrik verschrieben.

Martin Roth, der von 2004 bis 2009 an der Universität Leipzig Japanologie in Kombination mit Kommunikations- und Medienwissenschaft studierte, ist nun nach seiner Promotion im niederländischen Leiden an die Alma mater zurückgekehrt. Die politischen Ausdrucksmöglichkeiten japanischer Videospiele waren der Dreh- und Angelpunkt in Roths Dissertation. "Ich erforsche, inwiefern Videospiele als neuer Möglichkeitsraum für alternative Ideen dienen können. Oder inwiefern sie uns mit Situationen konfrontieren, über die wir nachdenken und aufgrund derer wir unser Handeln selbstkritisch in Frage stellen müssen, weil sie uns aus dem Alltag fremd sind", sagt der Japanologe.

Roths Fragestellungen stehen im Kontext politischer Philosophien oder soziologischer Theorien, wenn er den Zusammenhang zwischen den Potenzialen und Ausdrucksmöglichkeiten von Medien und konkreten Ideen und Möglichkeiten des Nutzers oder Spielers aus der Rezipienten-Perspektive untersucht. "Mein Interesse an digitalen Medien ist zum einen dadurch geleitet, dass ich es für notwendig erachte, deren Potenziale und Risiken genau zu betrachten. Das heißt: Welchen Beitrag leisten sie zur Verbesserung oder Verschlechterung der Welt? Oder: Wie verändern Sie unser Handeln und unsere Handlungsmöglichkeiten? Andererseits interessieren sie mich hinsichtlich ihres Potenzials für Ideen. Das heißt: Wie können Medien zu neuen Ideen und Visionen beitragen?" Zusammenfassend lasse sich die Frage formulieren, wie Menschen Medien aktiv nutzen könnten, um die Gesellschaft mitzugestalten.

Der Lyrik und der Musik verschrieben

Frieder von Ammon studierte Literatur- und Musikwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. "Die gegenwärtige Literaturszene ist eine ganz ergiebige und gerade in einer spannenden Epoche", sagt der Experte, dem persönlich unter anderem die österreichische Sprachkünstlerin Friederike Mayröcker besonders am Herzen liegt. Bereits seit dem Jahr 2000 hat der Literaturkenner unter anderem Lesungen im Münchner Lyrik-Kabinett moderiert. In Leipzig möchte der Wissenschaftler neue Kooperationen aufbauen, etwa mit dem Deutschen Literaturinstitut Leipzig oder der Sprechwissenschaft, aber auch der hiesigen Kultur- und Verlagslandschaft. Seine Leidenschaft für die Musik verbindet der Forscher in intermedial angelegten Projekten mit der Literatur. "Schumann, Bach, Mendelssohn … Auch in Bezug auf Musik ist Leipzig ein Standort mit einer wunderbaren Tradition, der man sich als Wissenschaftler widmen kann", so Frieder von Ammon, der gerade noch an einer kommentierten Edition eines Operntraktates aus dem 18. Jahrhundert arbeitet.

In seiner Promotion hat sich der Literaturwissenschaftler mit den 1796 veröffentlichten Xenien von Goethe und Schiller befasst. "Damit war etwas unglaublich Freches in über 400 Zweizeilern publiziert, was die literarische Szene der Zeit aufs Korn genommen hat. Das hat einen ungeheuren Skandal verursacht", erklärt er. Die unter die Gürtellinie zielende Art, sich mit literarischen Widersachern auseinander zu setzen, habe eine eigene Tradition begründet und unter anderem auch in der DDR-Literatur, zum Beispiel zwischen Peter Hacks und Heiner Müller, eine Rolle gespielt.

Den österreichischen Dichter und Schriftsteller Ernst Jandl, dem der Wissenschaftler seine Habilitation gewidmet hat, nennt er einen "großartigen Performer". "Ich habe versucht, ein Verfahren zu entwickeln, wie man überhaupt mit live vorgetragener Literatur umgehen kann. Denn das ist Lyrik, die man hören muss." Dabei hat er sich Analyseinstrumente der Musik- und Theaterwissenschaft zunutze gemacht und diese verfeinert und auf das literarische Format zugeschnitten. Diese Methode will Frieder von Ammon an seine Studierenden weitergeben, die, wie er sagt, in seinen Lehrveranstaltungen eigene Erfahrungen aus dem Literaturbetrieb einbringen können und sollen. Auch sein Seminar zur Analyse von Liedtexten stößt auf großes Interesse bei den angehenden Literaturwissenschaftlern. Für das kommende Jahr plant er zudem eine wissenschaftliche Tagung zu den Zusammenhängen von Gedichten und Songtexten.

Am 17. Juni 2015 hält Frieder von Ammon im Leipziger Literaturwissenschaftlichen Colloquium (LLC) einen Vortrag mit dem Titel "Überseezungen. Zu einer Tendenz in der Gegenwartslyrik". Die Veranstaltung findet im Seminargebäude, Universitätsstraße 1, Raum 127, statt. Beginn ist 19:15 Uhr.