Pressemitteilung 2007/234 vom

Das Institut für Mineralogie, Kristallographie und Materialwissenschaft (IMKM) der Universität Leipzig bekommt jetzt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und vom Freistaat Sachsen einen 3D-Röntgentomographen, der für richtungsweisende, zerstörungsfreie Verfahren eingesetzt werden kann. Gemeinsam mit den im letzten Jahr beschafften Geräten wie dem 3D-Digitalmikroskop, dem hoch auflösenden Fotoscanner und einem 3D-Laser Scanner bietet die Ausstattung des IMKM nun optimale Bedingungen für interdisziplinäre Materialforschungen sowie für den Masterstudiengang Mineralogie und Materialwissenschaft.

"Möglich wurde die Anschaffung des 3D-Tomographen durch eine von weiteren drei Fakultäten unterstützten Antrag der Fakultät für Chemie und Mineralogie, erklärt der federführende Antragsteller Professor Dr. Klaus Bente, Direktor des Instituts für Mineralogie, Kristallographie und Materialwissenschaften (IMKM). Die Kosten des Tomographen in Höhe von einer Million Euro werden zur Hälfte vom Freistaat Sachsen getragen. Das Großgerät wird ab Anfang 2008 einsatzbereit sein. Es basiert auf der Absorption hochenergetischer Röntgenstahlen und erlaubt mikrostrukturelle Auflösungen bis unter einen Mikrometer. Das Gerät leistet zudem durch ein Mehrenergieverfahren eine chemische 3D-Analytik. Gemeinsam mit dem Gerätelieferanten soll das Gerät bis zu einer Auflösung von 200 nm weiterentwickelt werden.

Forschungsperspektive

"Mit den neuen zerstörungsfreien Geräten werden in Kombination mit den elektronenmikroskopischen und den Röntgenbeugungsmethoden am IMKM zukunftsweisende Grundlagen auch für den profilbildenden Forschungsbereich 1 "Von Molekülen und Nanoobjekten zu multifunktionalen Materialien und Prozessen" gelegt. Dabei widmet sich das IMKM u. a. so genannten mineralmimetischen Funktionswerkstoffen, die der Natur abgeschaut sind", erläutet Bente.

Der 3D-Tomograph wird auch für interdisziplinäre Studien von Natur- und Kulturwissenschaften sowie mit Museen und Sammlungen bei der Begutachtung und Restaurierung von archäologischen und Kunstgegenständen genutzt werden. " Auf diesem Feld hat Prof. Bente einen Forschergruppenantrag initiiert, der sich mit "Archäometrischen Herstellungssignaturen antiker bis neuzeitlicher Objekte aus Keramik und Glas" beschäftigt.

Lehre

Der Lehreinsatz des Gerätepools insbesondere des 3D-Tomographen gilt nicht nur dem Masterstudiengang Mineralogie und Materialwissenschaft, sondern auch speziellen Workshops zur Weiterbildung u. a. von Doktoranden, Wissenschaftlern, Ingenieuren und Restauratoren. Der Gerätepool steht zudem Museen und Sammlungen an der Universität, in Leipzig und Sachsen als Serviceeinrichtung zur Verfügung.

Aktuelle Forschung an Gläsern und Steinen, Zähnn und Hölzern

In nahezu 100 Messungen an Objekten organischer Natur wie Sporen und Tieraugen, natürliche und technische Gläser, Keramiken, oxidische, sulfidische und silikatische Naturstoffe, Zähne, Knochen, Hölzer zur Dendrochronologie sowie Materialien technischer Prozesse wurde die 3D-Tomographie erfolgreich getestet.

Neuentdeckung:
Besonderes Metallskelett in Glasfiguren und Mikrostruktur von Teratomzähnen

Aktuell wurde mit dem 3D-Tomographen eine 3D-Animation einer Glasfigur des Grassi Museums aus dem 16./17. Jahrhundert erstellt. In diesem "Imperator" wurde erstmals in einer solchen Glasfigur ein extrem feinmaschiges Drahtnetz im Corpus sowie einer Kupferplatte im Kopf zur Stabilisierung festgestellt. Am oberflächlich mit Silber legierten Draht konnten erstmals in ihren Zwischenstufen detektierbare Korrosionsminerale des Kupfers festgestellt werden, die ein wichtiges Kriterium in der Restaurierung darstellen. Zur Komplettierung der Daten wurden die das Glas färbenden Metalloxide sowie die den Erweichungspunkt verringernden Bleigehalte mittels Elektronenstahlmikrosonde erfasst.

Im medizinischen Bereich wurde die Tomographie u. a. zur Diagnostik körpereigener biomineralische Materialien genutzt. Hierzu wurden z. B. in Gebärmuttergeschwülsten auftretenden Teratomzähne (s. Abb.), die durch Prof. Wittekind, Direktor des Instituts für Pathologie, zur Verfügung gestellt wurden, zum Abgleich mit menschlichen Milchzähnen in Zusammenarbeit mit der Zahnmedizin studiert.