Pressemitteilung 2023/122 vom

Apotheker:innen in Deutschland benötigen für eine optimale Beratung in der Selbstmedikation leicht zugängliche Informationen aus aktuellen klinischen Studien und ärztlichen Leitlinien. Um diese Lücke zu schließen, arbeitet die Abteilung für Klinische Pharmazie der Universität Leipzig fortlaufend an einer Datenbank und einem Newsletter für diese Berufsgruppe. Welche Vorteile das Recherchetool EVInews im Vergleich zur üblichen Internetrecherche für die Apotheker:innen besitzt, haben die Forschenden in einer aktuellen Studie überprüft und die Ergebnisse im „Journal of Medical Internet Research“ publiziert.

Die Beratung in der Selbstmedikation stellt eine Kernkompetenz von Apotheker:innen in öffentlichen Apotheken dar. Sie umfasst die eigenverantwortliche Behandlung von Erkrankungen mit nicht verschreibungspflichtigen Produkten ohne ärztliche Beratung. Die Selbstmedikation spielt im Gesundheitswesen eine wichtige Rolle, da sie vor allem bei leichten Erkrankungen zur Linderung oder Heilung beiträgt. Auf diese Weise kann sie auch dem Übergang in ärztlich zu behandelnde Krankheiten vorbeugen und die gesetzlichen Krankenkassen entlasten. Um das beste Therapieergebnis zu erzielen, ist neben dem Wunsch der Patient:innen und der Praxiserfahrung der Apotheker:innen die beste verfügbare, wissenschaftliche Datengrundlage entscheidend. Der ständige Erkenntnisgewinn in der Forschung stellt die Apotheker:innen allerdings vor große Herausforderungen. 

„Wenn die Wirksamkeit von Arzneimitteln oder Therapien aus klinischen Studien für die individuelle Therapie-Entscheidung berücksichtigt wird, ist ein möglichst optimaler Behandlungserfolg am ehesten zu erwarten“, sagt Thilo Bertsche, Professor für Klinische Pharmazie an der Universität Leipzig. Dafür ist die leichte Zugänglichkeit von Informationen aus Studien und Leitlinienstandards für die Apotheken erforderlich. Prof. Bertsche und sein Team in der Abteilung für Klinische Pharmazie der Medizinischen Fakultät haben deshalb eine Datenbank namens EVInews entwickelt, die nun in einer wissenschaftlichen Studie im Vergleich zur normalen Recherche im Internet geprüft wurde.

Spezielle Informationsangebote für Apotheker:innen nötig

Die teilnehmenden Apotheker:innen aus ganz Deutschland erhielten Rechercheaufgaben zu Selbstmedikationen und wurden in zwei Gruppen eingeteilt. In der Internet-Gruppe durften ausschließlich web-basierte Informationsquellen genutzt werden. Die andere Hälfte griff ausschließlich auf die EVInews-Datenbank zu. Ergebnisse von insgesamt 141 Apotheker:innen flossen in die Auswertung ein. In der Internet-Gruppe lag die Qualitätsbewertung zu den Antworten, die mithilfe eines Scores ermittelt wurden, bei knapp 33 Prozent. Die EVInews-Gruppe erreichte eine signifikant höhere Qualitätsbewertung mit 85 Prozent. Zudem schlossen in der Internetgruppe weniger Apotheker:innen die gesamte Suchaufgabe zur Selbstmedikation ab. 

„Die Studie zeigt, dass es einen Handlungsbedarf in der evidenzbasierten Beratung der Selbstmedikation in den Apotheken gibt, denn die Qualität der Informationsquellen variierte in der Internet-Gruppe stark“, sagt Diplom-Pharmazeutin Jennifer Alexa, die die vorliegende Studie im Rahmen ihrer Promotion an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig angefertigt hat. Die hohe Abbruchquote in der Internet-Gruppe zeigt, dass Apotheker:innen durch Informationsangebote unterstützt werden sollten, die auf ihre speziellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Der EVInews Newsletter mit der dazugehörigen Datenbank befindet sich seit diesem Jahr in der dritten Projektförderphase. Weitere Wirkstoffe und Indikationen sollen folgen, um die deutschlandweite Nutzbarkeit der Datenbank weiter zu erhöhen. Dabei steht die Praxisrelevanz der Informationen einerseits und die wissenschaftliche Evaluation andererseits im Fokus der künftigen Anstrengungen der Mitarbeitenden des Projekts der Klinischen Pharmazie. 

Weitere Informationen: EVInews ist ein Angebot von der Klinischen Pharmazie der Universität Leipzig und wird finanziell durch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. und die Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH unterstützt. Monatlich erscheinen Newsletter, für die sich Apotheker:innen kostenfrei anmelden können. Eine für eingeschriebene Nutzer:innen jederzeit verfügbare Datenbank liefert unabhängige Arzneimittelinformationen zur evidenzbasierten Selbstmedikation für Apotheker:innen in Deutschland. 

Originalpublikation in Journal of Medical Internet Research: Enhancing Evidence-Based Pharmacy by Comparing the Quality of Web-Based Information Sources to the EVInews Database: Randomized Controlled Trial With German Community Pharmacists. doi: 10.2196/45582