Pressemitteilung 2016/199 vom

Als 1896 die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit in Athen stattfanden, waren Frauen von den Wettkämpfen komplett ausgeschlossen. "Sie waren nur die Petersilie auf der olympischen Platte. Frauen sollten bei den Spielen nicht wetteifern, sondern allenfalls im Publikum applaudieren und die Sieger bekränzen", beschreibt Dr. Petra Tzschoppe, Sportwissenschaftlerin der Universität Leipzig, die Situation damals. Der Begründer der Spiele, Baron Pierre de Coubertin, blieb bei diesem Thema ganz in der Tradition der antiken Olympischen Spiele. Erst ganz allmählich und über einen langen Zeitraum hinweg wurden die Olympischen Spiele auch für Athletinnen geöffnet. Bei den Sommerspielen vom 5. bis 21. August 2016 in Rio de Janeiro werden Frauen voraussichtlich 45 Prozent der Teilnehmer stellen - ein neuer Rekord.

Petra Tzschoppe, die auch Vizepräsidentin des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und in dem Gremium für Frauen und Gleichstellung zuständig ist, hat sich wissenschaftlich intensiv mit diesem Thema befasst. "Erstmals nahmen Frauen 1900 bei den Olympischen Spielen in Paris in den Sportarten Golf und Tennis teil,- sehr zum Leidwesen von Coubertin", berichtet die Expertin. Wenig später kamen Eiskunstlauf und Schwimmen, aber erst 1928 Turnen und Leichtathletik hinzu. Dem war jedoch ein harter Kampf der Sportlerinnen mit dem rein männlich besetzten olympischen Komitee voraus gegangen. "Die Frauen drohten damals, eigene Weltspiele zu veranstalten", sagt Tzschoppe.

Seither ist in Sachen Gleichberechtigung in der Olympischen Bewegung einiges passiert. 2012 in London wurden zum ersten Mal alle Sportarten von Frauen und Männern ausgeübt. Eine Premiere gibt es diesbezüglich auch in diesem Jahr in Rio: Rugby kehrt nach 92 Jahren in das Programm zurück- und nun auch für Frauen.

Was in den sportlichen Wettbewerben inzwischen zur Selbstverständlichkeit geworden ist, dauert in den olympischen Gremien länger. "Die Führungspositionen waren jahrzehntelang ausschließlich mit Männern besetzt. Im Sport und bei der Ausübung von Macht sind traditionelle Rollenklischees besonders ausgeprägt.", erklärt Petra Tzschoppe. Erst 1981 wurden die ersten beiden Frauen ins Internationale Olympische Komitee aufgenommen, inzwischen sollen Frauen gezielt für Führungspositionen gewonnen werden.

Petra Tzschoppe, die als DOSB-Vizepräsidentin in der ersten Olympiawoche nach Rio de Janeiro reist, erforscht gerade die Situation von Trainerinnen im Spitzensport. Diese sind - wie sie sagt - fast ebenso selten wie Frauen in den olympischen Spitzengremien. Die Sportwissenschaftlerin befasst sich unter anderem auch mit den Themen Diskriminierung im Sport, Olympiabewerbungen und Nachhaltigkeit sowie mit den Olympischen Kunstwettbewerben.

Ein Interview zu diesem Thema ist auf Youtube zu finden.

Hinweis:
Dr. Petra Tzschoppe ist eine von mehr als 120 Experten der Universität Leipzig, auf deren Fachwissen Sie mithilfe unseres Expertendienstes zurückgreifen können.