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Weltweit erkranken jährlich eine halbe Million Menschen an Speiseröhrenkrebs. Es ist eine der tödlichsten Krebserkrankungen. Eine Studie mit maßgeblicher Beteiligung der Universitätsmedizin Leipzig zeigt, wie die Heilungschance für Patient:innen verbessert werden kann. Die Ergebnisse wurden im renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht.

Heilbar ist Speiseröhrenkrebs durch eine Operation, wenn der Krebs noch nicht gestreut hat. „Die Heilungschancen steigen deutlich, wenn die Operation mit zusätzlichen Therapien kombiniert wird,“ sagt Prof. Dr. Florian Lordick, Onkologe und Direktor des Universitären Krebszentrums Leipzig sowie des Mitteldeutschen Krebszentrums Leipzig-Jena. Dafür stehen unterschiedliche ergänzende Behandlungsmethoden zur Verfügung – doch welche den Krebs tatsächlich am wirksamsten bekämpft, war bislang nicht klar.

An der klinischen Studie waren 25 auf Krebs spezialisierte Einrichtungen in Deutschland beteiligt. Untersucht wurden Patient:innen mit Adenokarzinom, der hierzulande häufigsten Form des Speiseröhrenkrebses. Diese Krebsart entsteht im unteren Teil der Speiseröhre am Übergang zum Magen und wird durch aufsteigende Magensäure verursacht. Diese reizt die Speiseröhre über Jahre und ruft schließlich bösartige Zellveränderungen hervor, die Grundlage für Krebswachstum in der Speisröhre. Übergewicht, Rauchen und Alkoholkonsum erhöhen das Risiko für Speiseröhrenkrebs. Die Häufigkeit der Erkrankung hat in den letzten Jahrzehnten in Deutschland dramatisch zugenommen.

Bessere Überlebenschancen

Konkret ging es in der ESOPEC-Studie darum, eine Kombination aus Chemotherapie und Strahlentherapie vor der Operation („CROSS“) mit einer intensivierten Chemotherapie sowohl vor als auch nach der Operation („FLOT“) zu vergleichen. „Beide Methoden sind besser als eine alleinige Operation, aber weltweit wurde CROSS der Vorzug gegeben“, betont Prof. Dr. Jens Höppner, Leiter der klinischen Studie und der Universitätsklinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Klinikum Lippe, die der Universität Bielefeld angeschlossen ist.

Zwischen 2016 und 2020 nahmen 438 Patient:innen aus Deutschland mit einem Adenokarzinom der Speiseröhre an der Studie teil. Über mehr als vier Jahre wurde nachverfolgt, wie viele Personen einen Rückfall erlitten und wie viele an der Krankheit gestorben waren. Die Ergebnisse zeigen: Patient:innen, die vor und nach der Operation eine FLOT-Chemotherapie erhielten, hatten bessere Überlebenschancen als diejenigen, die nur vor der Operation eine CROSS-Chemo- und Strahlentherapie erhalten hatten. 

Wichtiger Schritt für zukünftige Behandlung

Drei Jahre nach Studienschluss lebten in der FLOT-Gruppe 57,4 Prozent der Patient:innen im Vergleich zu 50,7 Prozent in der CROSS-Gruppe. Dies entspricht einem statistisch signifikant niedrigeren Sterberisiko der mit FLOT Behandelten. Nach fünf Jahren erhöhte sich der Unterschied zwischen beiden Gruppen weiter. Die Sicherheit der FLOT-Chemotherapie war vergleichbar mit der weniger wirksamen CROSS-Radiochemotherapie.

Die Ergebnisse zeigen, dass die perioperative Chemotherapie die Überlebenschancen bei Speiseröhrenkrebs erheblich verbessert. Professor Lordick von der Universitätsmedizin Leipzig berichtet, dass sich durch die Studienergebnisse die nationalen und internationalen Leitlinien für die Behandlung des Adenokarzinoms der Speisröhre bereits verändert haben. „Aktuell wurden sie sowohl für Europa wie auch in Deutschland überarbeitet“, sagt er. Die perioperative FLOT-Chemotherapie ist jetzt die bevorzugt empfohlene Behandlungsmethode für Patient:innen mit operierbarem Adenokarzinom der Speiseröhre. „Das ist ein wichtiger Schritt für die zukünftige Behandlung von Speiseröhrenkrebs“, sagt Professor Lordick.

 

Originaltitel der Publikation im New England Journal of Medicine:
Perioperative Chemotherapy or Preoperative Chemoradiotherapy in Esophageal Cancer“, doi: 10.1056/NEJMoa2409408