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Kim Maurus, 26 Jahre, hat den Master of Science Journalismus am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft studiert und macht gerade ein Volontariat bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Vom Journalismus-Studium in den praktischen Journalismus, das ist ein gängiger Weg. Doch eine ihrer Publikationen im Jahr 2021 war kein Zeitungsartikel, sondern eine Studie mit dem Titel: „Stereotypen und Sexismus? Auswirkungen von Gender-, Themen- und Nutzerkommentaren auf die Glaubwürdigkeit von Journalistinnen und Journalisten“. Gemeinsam mit Jun.-Prof. Dr. Mario Haim schrieb und veröffentlichte sie das Paper in der renommierten Fachzeitschrift Journalism. Die Studie ist aus ihrer Masterarbeit hervorgegangen. Und das ist doch schon etwas Außergewöhnliches. Wir sprachen mit Kim Maurus über ihre Arbeit, das Studium und ihre Zukunft.

Wie hat sich aus Ihrer Masterarbeit eine publizierte Studie entwickelt?

Ich habe mich erstmals im Frühjahr 2020 mit Herrn Haim über das Thema meiner Masterarbeit unterhalten. Damals ging es nur um die Themenfindung. Herr Haim fand meinen Vorschlag sehr interessant und meinte schon damals, dass daraus vielleicht eine richtige Studie werden könnte.

Als Betreuer meiner Masterarbeit hat er mich dann stets unterstützt, zum Beispiel einen Kontakt zur Befragungsplattform „SoSci Survey“ und deren Teilnehmer:innen-Panel vermittelt. Darüber habe ich ohne viel Aufwand 417 Teilnehmer:innen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz gewinnen können. Das war super, normalerweise ist es ja immer recht aufwendig, genügend Menschen für die Teilnahme an einer Studie zu begeistern, zum Beispiel über die sozialen Medien.  

An der Masterarbeit habe ich bis Dezember 2020 geschrieben. Nachdem Herr Haim die Arbeit bewertet hat, hat er vorgeschlagen, sie in Kurzform bei wissenschaftlichen Fachzeitschriften einzureichen. Wir haben die Arbeit dann zusammengefasst – die dort veröffentlichten Studien sind in der Regel nicht mehr als 20 Seiten lang –, sie bezog sich aber auf die gleichen Daten und das gleiche Studiensetting. Herr Haim hat mich gleich gewarnt: Der Prozess kann sehr lange dauern und auch schiefgehen. Im sogenannten „peer review“-Verfahren lesen andere Wissenschaftler:innen die eingereichte Studie und machen kritische Anmerkungen. Wenn ein Journal die Studie ablehnt, und das passiert aufgrund der hohen qualitativen Ansprüche sehr oft, überarbeitet man die Studie anhand der Kritik und probiert es bei der nächsten Fachzeitschrift. Und dann bei der übernächsten. Bei uns hat aber zum Glück alles geklappt.

Eine Masterarbeit in eine Studie zu überführen und diese in einem renommierten Journal zu publizieren, das gelingt also nicht so einfach?

Nein, das war ein großes Glück. Ohne Herrn Haim mit seiner Expertise und Erfahrung, wie dieser Veröffentlichungsprozess funktioniert, wäre das nicht möglich gewesen. Es war wirklich ermutigend, dass er dieses Potenzial in dem Thema gesehen hat. Denn natürlich war ich selbstkritisch beim Schreiben meiner Masterarbeit. Es sitzt wohl kaum jemand am Laptop und denkt die ganze Zeit: „Das läuft ja super. Ich kann das alles.“ Aber Herr Haim war immer ein guter Ansprechpartner, trotz Corona und den besonderen Umständen. Dass daraus jetzt eine Studie geworden ist, das macht mich natürlich stolz. In der Regel lesen ja nur die Betreuer:innen eine Masterarbeit, meine ist jetzt für jeden öffentlich zugänglich.
 

  • „Kim Maurus hatte für ihre Masterarbeit von Anfang an eine sehr durchdachte Idee in einem hochrelevanten Forschungsfeld. Ihr sehr gewissenhaftes Arbeiten und die spannenden Befunde legten nahe, die Arbeit einer breiteren Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen.“
    Junior-Professor Dr. Mario Haim

 

Was haben Sie aus Ihrem Studium für die Masterarbeit und für sich selbst mitnehmen können?

Da muss ich jetzt ein wenig zurückblicken: Ich habe 2018 mein Masterstudium am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft begonnen. Wir waren der erste Jahrgang des reformierten Studiengangs M. Sc. Journalismus. Ich fand damals den Ansatz sehr gut, denn der Studiengang möchte mehr in Richtung  Online- und Daten-Journalismus ausbilden. Es geht darum, interdisziplinär zu arbeiten, mit Informatiker:innen und Grafiker:innen. 

Unser Jahrgang war davon geprägt, dass manches noch in den Kinderschuhen gesteckt hat. Wir konnten aber stets Rückmeldung geben, es gab eine konstruktive Feedbackkultur am Institut, auch gegenüber den Dozent:innen. Wir durften Teil des Prozesses sein, den Studiengang stets zu verbessern. Und ich hoffe, dass das allen danach kommenden Jahrgängen zugutekommt. Inhaltlich betrachtet hat mir der Studiengang ein gutes Grundverständnis vermittelt, wie Informatiker:innen und Datenjournalist:innen arbeiten.

Ich habe mein Studium in Leipzig auch allgemein als sehr bereichernd wahrgenommen. Wir hatten zum Beispiel viele Diskussionen mit Kommiliton:innen und Journalist:innen, wie man einen Artikel über die Wiedervereinigung schreibt, ohne dass er abwertend für die eine oder andere Seite klingt. Solche Auseinandersetzungen, behaupte ich, hat man weniger an westdeutschen Universitäten. Und dann noch die Geschichte der Stadt Leipzig und das kulturelle Angebot. Die Uni wird dem Erbe dieser Stadt sehr gerecht, viele Student:innen engagieren sich politisch. Das ist sehr inspirierend.

Und wie geht es weiter?

Die Wissenschaft ist ein sehr spannendes Berufsfeld. Nach meinem Volontariat möchte ich aber erst mal journalistisch arbeiten. Ich kann aber auch nicht ausschließen, dass ich künftig nicht wieder wissenschaftlich arbeiten werde. Das eine schließt das andere ja auch nicht aus, zum Beispiel bei der Herangehensweise. Es ist ein guter Anspruch, die wissenschaftliche Präzision bei der journalistischen Arbeit beizubehalten. Den Anspruch, alles so präzise wie möglich zu beschreiben, den sollte man als Journalist:in immer haben.