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Am 14. Oktober 2022 fand die Forschungswerkstatt KuBiLand für die Promovierenden der Förderrichtlinie "kulturelle Bildung in ländlichen Räumen" in Leipzig statt.

Kulturelle Bildung in Ländlichen Räumen... was ist das eigentlich? Und wie lässt sie sich erforschen? Für die Forschungswerkstatt KuBiLand fanden sich am 14. Oktober 2022 Promovierende aus ganz Deutschland zusammen. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Thi Huyen Trang Le leitete das Format, welches vom Metavorhaben MetaKLuB ausgerichtet wurde. Der Tag war bestimmt vom intensiven Austausch zu Promotionsprojekten mit Fokus auf die kulturelle Bildung in ländlichen Räumen. Nach einer Runde zum aktuellen Stand der Forschungsprojekte folgte ein intensiver Austausch über die verschiedenen Forschungsvorhaben. Alle Promotionen sind an Forschungsprojekte aus der Förderrichtlinie angelehnt und damit Teil des facettenreichen Blicks auf ländliche kulturelle Bildung in Deutschland.

# Kulturelle Bildung? In Ländlichen Räumen?

Die vorgestellten Forschungsvorhaben reichen von quantitativer Felderschließung über qualitative Detailstudien und eine vergleichende Problemanalyse bis hin zur großangelegten Gesamtschau mit Mixed Methods Ansatz. Ganz klar: So vielfältig wie die Landschaften kultureller Bildung sind auch die Weisen, diesen auf den Grund zu gehen. Wo also anfangen? Wie eingrenzen? Wen fragen? Wie auswerten? Diese und tiefergehende Fragen wurden ausführlich besprochen.

Vergleichbarkeit oder Detailperspektive

Ein wiederkehrendes Diskussionsthema war die Schwierigkeit, den richtigen Abstraktionsgrad zu finden. Werden etwa mehrere Untersuchungsregionen miteinander verglichen, so braucht es Kategorien, welche regionale Gemeinsamkeiten bzw. Kontraste abbilden können. Dabei kommt es zwangsläufig zur Reduktion von Details aus den Einzelfällen vor Ort. Da die vorgestellten Projekte der Perspektive der untersuchten Akteur:innen kultureller Bildung gerecht werden wollen, müssen die lokalen Besonderheiten jedoch ausreichend komplex dargestellt werden.

Die richtige Passung

Den Forschungsgegenstand richtig zu beleuchten, ist also gar nicht so leicht, wie sich an einem Beispiel nachvollziehen lässt: Beim quantitativen Vergleich Kultureller Bildung in einem der Projekte wurde schnell klar, dass die statistischen Kategorien "zentral" und "peripher" des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung sich hinsichtlich der Praxis Kultureller Bildung als realitätsfern erweisen. Denn diese orientieren sich an der Erreichbarkeit des nächsten Zentrums per Automobil. Ein Einhundert-Seelen-Dorf in Autobahnnähe geht damit als zentral durch, während eine schlecht angebundene, mittelgroße Stadt als peripher gilt – selbst, wenn in Letzterer das kulturelle Leben blüht, während es sich in ersterem auf den Angelverein beschränkt. Die Kategorien bilden hier also nicht den kulturellen Kontrast von Urbanität und Ruralität ab, sondern die Infrastrukturpolitik der BRD. Im Zuge der Diskussion wurde deutlich, dass die Analysekategorien kritisch begutachtet werden müssen und oftmals keine fertige Lösung vorhanden ist. Im besprochenen Fall konnten die anderen Projekte auf eigene Erfahrungen zurückgreifen und konkrete Vorschläge unterbreiten, wie sich die Analysedimension „zentral – peripher“ auf eine solide statistische Grundlage stellen lässt.

Kulturelle Bildung ist kein neutraler Begriff

Als urbanes Konzept, das der politisch-administrativen Praxis entstammt, ist Kulturelle Bildung an Fördermittelvergaben, öffentliche Stellen und die Praxis Regionaler Governance geknüpft. Dies wirkt sich auf seine Erforschung aus: Als Befund wurde etwa genannt, dass der Begriff der kulturellen Bildung in der Selbstbeschreibung der befragten Akteur:innen gar nicht auftaucht. Handelt es sich hier also um eine geeignete Analysekategorie? Lässt sich der Begriff vom komplexen Machtgefälle zwischen Stadt und Land trennen, welches ihn in der politischen Realität umgibt? Forschende müssen ihre eigene Position unbedingt reflektieren, so wurde im Verlauf der Diskussion klar, wenn die Realität der Erforschten nicht durch eine "urbane Brille" verzerrt werden soll. Gleichwohl kann sich Forschung zutrauen, durch methodische Professionalität und ständiges Hinterfragen belastbare Aussagen über die Forschungsobjekte zu treffen.

# Selbstbewusste Forschung

Allen diskutierten Forschungsvorhaben ist der Fokus auf die Handlungspraxis der KuBi-Akteur:innen in ländlichen Räumen gemein. Daraus ergeben sich Einblicke in die die Bedarfe und Hürden, aber auch die Erfolgsrezepte kultureller Bildungspraxis auf dem Land, welche durch die Brille urbaner Kulturpolitik so nicht möglich sind. Kulturelle Bildung wird nicht im luftleeren Raum erforscht, und gerade weil kulturelle Bildung fest mit der Praxis politischer Verwaltung verknüpft ist, kann die Sozialwissenschaft hier ihre reflexive Distanz zum Forschungsgegenstand nutzen, um erkannte Machtungleichgewichte zu benennen. Das kann beispielweisen heißen, selbstbewusst Handlungsempfehlungen zur Unterstützung ländlicher kultureller Bildung zu geben, um so die wissenschaftliche Erkenntnis in die öffentliche Debatte und kulturelle Bildungspolitik einfließen zu lassen.

# Wie weiter?

Das Metavorhaben (MetaKLuB) unterstützt die Vernetzung der geförderten Projekte untereinander. Ganz in diesem Sinne eröffnete die Forschungwerkstatt KuBiLand einen Raum, übergreifende Problemstellungen zu diskutieren, einander aus verschiedenen Forschungsperspektiven zu beraten  und gemeinsam Ideen zu entwickeln. Der Standort- und methodenübergreifende Ansatz zielt auf Austausch und Synergieeffekte zwischen den Forschungsvorhaben. Zum Abschluss des Tages wurde daher eine Transfertagung im kommenden Jahr geplant. Für den weiteren Austausch über die dann überwiegend abgeschlossenen Forschungsvorhaben gibt es bereits jetzt eine Menge Ideen. Damit soll der künftige Wissenstransfer zwischen den Forscher:innen und über die Wissenschaft hinaus gesichert werden.