Der Historikertag findet alle zwei Jahre an einer Universität in Deutschland statt und ist einer der größten geisteswissenschaftlichen Fachkongresse Europas. Neben internationalen Wissenschaftler:innen und Studierenden kommen auch zahlreiche Geschichtslehrkräfte und Schüler:innen zu der Veranstaltung. Die Ausrichter sind der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD), der Verband der Geschichtslehrerinnen und -lehrer Deutschlands e.V. (VGD) sowie ein Ortskomitee an der jeweiligen Gastgeber-Universität.
„Unserer Universität ist es eine große Ehre und Freude, nach 1894 und 1994 zum dritten Mal Gastgeberin des Historikertags zu sein. Wir haben uns dafür vielfältig engagiert. Besonderer Dank gilt Professorin Julia Schmidt-Funke und Professor Dirk van Laak, Sprecherin und Sprecher des Ortskomitees“, sagte Eva Inés Obergfell, Rektorin der Universität Leipzig, beim feierlichen Eröffnungsabend. „Leipzig bietet als Messestadt ideale Voraussetzungen für die Ausrichtung eines solchen Kongresses. Zudem steht unser Standort für eine ausdifferenzierte, gerade in der Globalgeschichte ausgewiesene Geschichtswissenschaft.“
Als Schirmherr des 54. Historikertags sagte der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen Michael Kretschmer: „Ich freue mich, dass der Deutsche Historikertag erneut in Sachsen zu Gast ist. Leipzig war Schauplatz großer historischer Ereignisse wie der Friedlichen Revolution. Es ist wichtig, aus der Geschichte zu lernen und unser Wissen über die Vergangenheit für nachfolgende Generationen lebendig zu halten. Die Arbeit der Historikerinnen und Historiker ist von unschätzbarem Wert für unsere Gesellschaft. Sie hilft, unsere Identität zu definieren und unsere Zukunft zu gestalten. Ich bin sicher, dass der Deutsche Historikertag in Leipzig ein inspirierendes und fruchtbares Forum für den Austausch von Ideen und Wissen sein wird.“
Bei seiner Festrede zur Eröffnung sagte der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: „In einer Demokratie ist das Wissen über die Geschichte nicht nur wünschenswert – es ist unverzichtbar: Nur mit dem Wissen um die Vergangenheit können wir die Ereignisse der Gegenwart einordnen. Historisches Wissen gehört zum Wesenskern einer Demokratie. Und es ist die Grundlage für eine aktive, aufgeklärte Beteiligung in der Demokratie. Die Voraussetzung dafür ist eine unabhängige, kritische, auch unbequeme Geschichtswissenschaft.“
Mit besonderem Dank wandte er sich an die Lehrerinnen und Lehrer für Geschichte: „Sie alle setzen sich Tag für Tag dafür ein, historisches Wissen und historisches Urteilsvermögen an junge Leute zu vermitteln. Um Geschichtsbewusstsein und Urteilsvermögen zu entwickeln, sind Ihr Engagement und Ihre Leidenschaft von unschätzbarem Wert.“
Zum Motto „Fragile Fakten“ erklärte Lutz Raphael, Vorsitzender des VHD: „Die Methodik der Geschichtswissenschaft bietet ein scharfes Schwert, um Mythen und Manipulationen zu entlarven. Unter dem Mikroskop der Historikerin und des Historikers erweisen sich viele sogenannte historische Tatsachen als ‚fragile Fakten‘. Zudem wird Geschichte im öffentlichen Raum immer stärker in Formaten dargestellt, die den medialen Voraussetzungen unserer digitalisierten Gegenwart gerecht werden. ‚Fakten‘ sind heute aber auch fragil, weil digitale Vergangenheitsfiktionen so verführerische ‚Echtheitseffekte‘ erzeugen können. Diese großen Themen werden uns in den nächsten Tagen beschäftigen.“
Der Historikertag in Leipzig rückt viele weitere hochaktuelle Herausforderungen für die Geschichtswissenschaften in den Blick – von der künstlichen Intelligenz über die europäische „Zeitenwende“ bis hin zu den Arbeitsbedingungen in der Ukraine und in Russland. Rundherum gibt es ein vielfältiges Programm mit Workshops und Foren für Schüler:innen und Lehrkräfte, Angeboten für Studierende und Berufsanfänger:innen sowie Festveranstaltungen. Buchverlage, Stiftungen, Forschungsinstitute und verschiedene Initiativen stellen ihre historischen Programme bei einer Fachausstellung vor.