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Die Signalübertragung von Dopamin ist ein komplexer Prozess, den Wissenschaftler:innen insbesondere wegen seiner Rolle bei Bewegungsstörungen wie der Parkinson-Krankheit untersuchen. Nun haben Forschende aus Boston und Bethesda (USA), Leipzig sowie Peking einen neuen Mechanismus für die Freisetzung von Dopamin im Gehirn identifiziert. Die Ergebnisse wurden kürzlich im renommierten Wissenschaftsmagazin Science publiziert.

Der neuronale Botenstoff Dopamin ist entscheidend an der Kontrolle von Bewegungen beteiligt, die Mechanismen der Dopamin-Freisetzung im Gehirn sind bislang jedoch nicht vollständig verstanden. Ein besseres Verständnis dieser Vorgänge ist allerdings wichtig, weil eine verringerte Dopamin-Freisetzung die Willkürbewegungen stört und ursächlich für die Parkinson-Erkrankung ist.

Die Signale zwischen Nervenzellen werden normalerweise in eine bestimmte Richtung übertragen: Die „Empfänger“-Nervenzellfortsätze (Dendriten) registrieren Signale und leiten diese zum Nervenzellkörper zur Signalverarbeitung weiter. Vom Zellkörper werden elektrische Impulse (Aktionspotenziale) dann über „Sender“-Nervenzellfortsätze (Axone) an andere Zellen gesendet.

Technik, die elektrische Signale von einzelnen Nervenfasern misst

Ein internationales Team von Forschenden, darunter Dr. Andreas Ritzau-Jost und Prof. Stefan Hallermann von der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, hat nun einen neuen Mechanismus der Freisetzung des Botenstoffes Dopamin identifiziert: Beim entdeckten Mechanismus entsteht das zur Dopamin-Freisetzung führende Aktionspotenzial direkt im sendenden Axon, hervorgerufen durch die Wirkung eines zweiten Botenstoffs namens Acetylcholin. Diese Acetylcholin-freisetzenden Zellen können sich in unmittelbarer Nähe zu Dopamin-freisetzenden Axonen befinden. Die Autoren konnten in ihrer Arbeit nun zeigen, dass Acetylcholin Dopamin-freisetzende Nervenfasern direkt erregt. Der „Sender“ wird gleichzeitig zum „Empfänger“.

Die Möglichkeit, dass Acetylcholin durch eine direkte axonale Erregung eine Dopaminausschüttung hervorrufen kann, war in Versuchen an der Harvard Universität aufgezeigt worden. Das Team aus Leipzig um Dr. Ritzau-Jost und Prof. Hallermann entwickelte kürzlich eine Technik, mit der elektrische Signale von einzelnen Nervenfasern gemessen werden können. „Mit dieser Technik gelang es uns letztlich, den vermuteten Mechanismus zu bestätigen und direkt zu untersuchen“, sagt Ritzau-Jost und erklärt: „Dopamin und Acetylcholin gehören zu den wichtigsten Neurotransmittern im Körper. Ihr besonderes Zusammenspiel findet über einen völlig neuen Mechanismus statt, der bisher von anderen Botenstoffen im Gehirn nicht bekannt ist. Eventuell ist dieses Zusammenspiel aber nicht einzigartig, sondern auch in anderen Teilen des Nervensystems möglich. Unsere kürzlichen Ergebnisse werfen also eine Vielzahl neuer spannender Fragen auf.“

Originaltitel in Science:
An action potential initiation mechanism in distal axons for the control of dopamine release, DOI: 10.1126/science.abn0532