1. Können Sie sich noch an Ihre ersten Studientage erinnern – wie war Ihr erster Eindruck von der Universität Leipzig?
Am besten erinnern kann ich mich noch an die einführende Blockvorlesung für Dolmetscher und Übersetzer von Professor Schmitt. Und an die Frage, wer von den anwesenden Studenten denn Dolmetscher werden wolle. Die Mehrzahl aller Hände ging nach oben. Als dann tatsächlich der Teil der Dolmetscherausbildung des Studiums begann, waren wir aber eine übersichtliche Gruppe mit tollem Zusammenhalt. Die meisten hatten sich nach dem Grundstudium für die Übersetzerrichtung entschieden.
2. Wenn Sie zurückblicken, wie würden Sie Ihr Studium kurz beschreiben?
Besonders schön fand ich immer die fast unendlichen Möglichkeiten, die eine Volluniversität in Sachen Lehrveranstaltungen und die Stadt Leipzig in Sachen Kultur und Studentenleben bereithielt.
3. Haben Sie jemals an Ihrer Studienwahl gezweifelt? Wenn ja, wie sind Sie damit umgegangen?
Gezweifelt habe ich an meiner Wahl von Informatik als Nebenfach. Da das Fach ebenso an mir (ver-)zweifelte, habe ich es schließlich zugunsten eines sprachlichen Nebenfaches aufgegeben und das auch nicht bereut.
4. Welche Motivationen haben Ihre Studien- bzw. Berufswahl bestimmt?
Meine Studienwahl war nicht von strategischen Überlegungen bestimmt, sondern von dem Wunsch „was mit Sprachen zu machen“. Philologie und Lehramt waren eher nichts für mich, sodass ich mich für den Eignungstest am IALT angemeldet und den auch bestanden habe. Mehr oder weniger zufällig war ich somit auf einen Beruf gestoßen, den ich gerne ausüben wollte und habe das, mit ein wenig Glück, schließlich geschafft.
5. Was waren wichtige Stationen auf Ihrem beruflichen Weg?
Allzu lang ist dieser Weg zwar noch nicht, aber ich habe unterwegs vor allem viele wunderbare Kollegen getroffen. Viele von Ihnen haben überaus spannende Biografien und mich gerade in der Anfangszeit sehr unterstützt.
6. Wie sehr hat Ihr Studium Ihre jetzige berufliche Tätigkeit geprägt? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ihrem Studium und Ihrer Tätigkeit? Können Sie noch Dinge aus Ihrem Studium nutzen?
Das Dolmetscherstudium ist sehr konkret und bereitet direkt auf die zukünftige berufliche Tätigkeit vor, insofern gibt es da bei mir eine starke Kontinuität. Ich fühlte mich nach meinem Studium gut vorbereitet und konnte natürlich auch vieles nutzen.
7. Wie sieht ein typischer Arbeitstag in Ihrer jetzigen Position aus?
Die Arbeit hier bei der EU-Kommission ist nicht gerade typisch für die Dolmetschertätigkeit, weil sie stark von Routine geprägt ist. Wir sitzen fast jeden Tag in der Kabine, arbeiten dafür aber häufig in denselben Arbeitsgruppen oder Ausschüssen und sind deshalb vertraut mit den Themen und Personen. Besonders charakteristisch ist sicher die fast unendliche Themenvielfalt.
8. Was sind die wichtigsten drei Kompetenzen in Ihrem Arbeitsalltag?
Neugier, Neugier und Neugier.
9. Wie gelingt Ihrer Meinung nach ein guter Berufseinstieg in Ihrer Branche (Einstiegswege, Bewerbungstipps, etc.)?
Die große Mehrheit der Dolmetscher ist freiberuflich tätig. Man sollte sich daher schon während des Studiums nicht nur mit Sprachen und Fachgebieten, sondern auch mit Finanzen oder Marketing beschäftigen. Erste Erfahrungen sammeln kann man mit ehrenamtlicher Arbeit, sollte aber aufpassen, dass man dabei nicht an ausbeuterische Auftraggeber gerät. Uneingeschränkt empfehlen kann ich einen möglichst frühzeitigen Eintritt in einen Berufsverband; meistens gibt es dort ermäßigte Studentenmitgliedschaften. Im Verband hat man Zugang zu einem Netzwerk professionell arbeitender Kollegen und vielen Weiterbildungsmöglichkeiten.
10. Was würden Sie den heutigen Studienanfänger/innen mit auf den Weg geben?
Der Dolmetscherberuf ist nach wie vor spannend und interessant. Aber ich meine, man sollte den Kunden auch mehr anbieten können, bspw. Übersetzungen oder andere Sprachdienstleistungen. Und keine Angst vor neuen Technologien! Das Internet wird eine immer größere Rolle in unserem Beruf spielen, etwa in Form von verdolmetschten Videokonferenzen.
Persönliche Angaben
- Drechsel, Alexander
- Geburtsjahrgang: 1981
- Studiengang: Diplom-Dolmetscher
- Jahr der Immatrikulation: 1999
- Jahr der Exmatrikulation: 2006
- Heutiger Arbeitgeber/Position: Konferenzdolmetscher bei der Europäischen Kommission
(Interview Stand Juni 2014)