1. Welches Ereignis Ihrer Studienzeit ist Ihnen in besonders guter Erinnerung geblieben?

Für mich war die Studienzeit ein großer Gewinn. Nachdem mir in der DDR-Zeit viele Bildungswege verbaut worden waren, konnte ich ab 1990 endlich meinen Wissenshunger stillen. Neben der Theologie hat mir vor allem die Beschäftigung mit der Kirchengeschichte, die immer auch mit der Welt verknüpft ist, Freude gemacht. Eine ernsthafte Herausforderung war mir die ungewohnte freie Studiengestaltung, durch die ich aber viel über Selbstorganisation lernen konnte. All das sind Dinge, für die ich im Nachhinein sehr dankbar bin.

 

2. Welche Bedeutung hat die Universität Leipzig heute für Sie?

Leipzig ist eine junge und dynamische Stadt, was sie vor allem ihrer Bedeutung als Universitätsstadt zu verdanken hat. Als solche ist sie auch Vermittler im Umgang mit verschiedenen Nationen, Kulturen und Religionen. Über den Weg der Bildung lernen Menschen nicht nur miteinander, sondern auch über- und voneinander. Diese Weltoffenheit gefällt mir und lässt mich gern hier wohnen. Schließlich ist die Universität Leipzig eine Universität mit Geschichte, die zwar auch ihre Brüche hatte, aber dennoch auf eine Reihe bedeutender Lehrer und Errungenschaften zurückblicken kann und wird.

 

3. Was wünschen Sie der Nikolaikirche zum 850. Geburtstag?

Ich wünsche der Nikolaikirche, dass sie als Gebäude erhalten, gepflegt und bewahrt wird. Sie ist ja die älteste noch erhaltene Kirche in der Stadt und damit auch interessant für Denkmalpflege, Forschung und Wissenschaft. Dennoch lebt sie von den Menschen, die in ihr Gottesdienst feiern, Friedensgebet halten und Musik treiben. Daher ist es auch mein Wunsch, dass die Nikolaikirche weiterhin von einer lebendigen Gemeinde genutzt wird und so in Stadt und Land ausstrahlt. Die Friedensgebete, die seit 1982 untrennbar mit der Nikolaikirche verbunden sind, mögen auch weiterhin zu Gewaltverzicht, Freiheit und Gerechtigkeit ermutigen.

 

Bernhard Stief (46) wurde in Zwickau geboren, machte zunächst eine Lehre als Orgelbauer in Dresden und kam 1990 nach Leipzig, um an der Universität Theologie zu studieren. Nach seinem Studienabschluss im Jahr 1996 und dem Vorbereitungsdienst trat er eine Pfarrstelle in Weißenborn im Erzgebirge an. 2008 kehrte er nach Leipzig zurück und wurde Pfarrer der Kirchgemeinde St. Nikolai. Die berühmte Nikolaikirche im Leipziger Stadtzentrum feiert derzeit ihr 850-jähriges Bestehen mit einem Festjahr, das noch bis 6. Dezember andauert.