Datum/Uhrzeit: bis Uhr
Art: Ringvorlesung, Präsenz
Ort: Audimax, Campus Augustusplatz, Augustusplatz 10, 04109, Leipzig
Referent:in: Prof. Dr. Annette Weinke
Veranstaltungsreihe: Studium universale: 75 Jahre Grundgesetz

Die Fokussierung der Geschichtsschreibung auf die „Anti-Weimar-Haltung“ des Grundgesetzes ist seit einiger Zeit in die Kritik geraten. Welche unterschiedlichen Vergangenheitsdeutungen lagen der Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes zugrunde?

Unter dem Eindruck des plötzlichen Endes des Kalten Kriegs und der unverhofften deutsch-deutschen Wiedervereinigung wurde die Geschichte der alten Bundesrepublik oftmals als „ausgebliebene Katastrophe“ oder „geglückte Demokratie“ beschrieben. In beiden bundesrepublikanischen Großerzählungen, die in den letzten Jahren zunehmend unter Druck geraten sind, spielten das „Provisorium“ Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht als „Hüter der Verfassung“ eine auffallend marginale Rolle. Während sich die Geschichtswissenschaft lange damit begnügte, die Überlegenheit des Grundgesetzes gegenüber der – vermeintlich fehlerhaften – Weimarer Verfassung herauszustellen, ist die Fokussierung auf die „Anti-Weimar-Haltung“ des Grundgesetzes im Zeichen einer aufkommenden kritischen Verfassungsgeschichtsschreibung seit einiger Zeit verstärkt in die Kritik geraten. In Anknüpfung an diese jüngsten Kontroversen will der Vortrag anlässlich des 75. Jubiläums des Grundgesetzes danach fragen, welche unterschiedlichen Vergangenheitsdeutungen (Kaiserreich, Weimar, NS) der Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes zugrunde lagen und welche erinnerungskulturellen Repräsentationen möglicherweise auf die spezifischen Einflüsse des Kalten Kriegs und die sich damals vollziehende „conservative human rights revolution“ (Marco Duranti) zurückgingen.

Prof. Dr. Annette Weinke, seit 2020 apl. Professorin für Neuere und Neueste Geschichte an der FSU Jena; Beiratsmitglied Vereinigung für Verfassungsgeschichte und Forum Justizgeschichte; zuletzt Senior Fellow des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin (2021/22), Gastprofessorin an Université Paris 1 Sorbonne-Panthèon (2022) und Hebrew University Jerusalem (2023). Sie forscht zu Themen der deutschen Geschichte im 20. und 21. Jahrhundert, zur Geschichte des internationalen Umgangs mit staatlicher Gewalt, der Menschenrechte und des Völkerstrafrechts.

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