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Groß war der Andrang von Interessierten, die sich am vergangenen Freitag, 13. Mai, an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig über Studienmöglichkeiten an der Universität Leipzig, der HTWK und ihrer benachbarten Hochschulen informierten. Viele von ihnen sind seit Kriegsbeginn aus der Ukraine geflüchtet, darunter Abiturienten sowie Studierende ukrainischer Universitäten, die nun ihr Studium fortsetzen möchten. Alle haben eines gemeinsam: Die deutsche Sprache erweist sich als Schlüssel für ihren weiteren Werdegang in Deutschland. Die Universität Leipzig und andere Einrichtungen ziehen alle Register, um Möglichkeiten für Studieninteressierte aufzuzeigen und zu schaffen.

Der Krieg hält keine akademischen Fristen ein

Kyrylo Pykyi war noch vor wenigen Wochen in der Ukraine dabei, die 11. Klasse abzuschließen und damit das Abitur, das in der Ukraine nur elf Schuljahre vorsieht. „Ich bin Mitte März nach Deutschland gekommen“, sagt er. „Jetzt kann unsere Familie in eine eigene Wohnung umziehen – unser Leben wird gerade etwas stabiler“, sagt Kyrylo, der den Infotag gemeinsam mit seiner Mutter besucht. Er möchte gern Informatik studieren. „Ich habe bereits programmiert und verschiedene Dinge im IT-Bereich gemacht“, berichtet er.

Yevheniia Potabenko, ebenfalls 11. Klasse, ist in einer ähnlichen Situation. Sie ist mit ihrer Mutter aus der Umgebung von Kiew geflüchtet und liest jeden Tag mit Sorge um Freunde und Bekannte die Nachrichten. Auch sie sucht nun einen Studienplatz in Leipzig. „Ich möchte gern Rechtswissenschaften studieren“, sagt sie. Sie und ihre Mutter haben inzwischen eine kleine Wohnung. „Momentan ist es etwas schwierig für mich, da so viele Formulare auf Deutsch auszufüllen sind“, sagt Potabenko. „Englisch wäre etwas einfacher für mich.“ Bevor sie an der Uni studieren kann, muss sie noch einige Stationen durchlaufen. „Zunächst möchte ich Deutsch lernen und das Studienkolleg besuchen“, so Potabenko.

Wichtige Brücken: Studienvorbereitungsprogramme

Das Studienkolleg Sachsen, das an der Universität Leipzig angedockt ist, habe die Aufgabe, Abiturienten anderer Länder auf das Abiturniveau von Deutschland zu bringen, erläutert Antje Schöne, Beraterin und Koordinatorin von Studienvorbereitungsprogrammen der Universität Leipzig: „Das ist notwendig, damit sie die Hochschulzugangsberechtigung erreichen.“ Dies sei für alle gleich; eine Vorzugsbehandlung erhalte niemand. Am Kolleg können sich internationale Studierende ein Jahr auf das Fachstudium vorbereiten, um sowohl ihr fachliches als auch sprachliches Wissen aufzubauen – je nach angestrebter Studienrichtung etwa technisch oder sozialwissenschaftlich ausgerichtet. Damit internationale Studienanwärter:innen den Inhalten folgen können, ist für den Besuch des Studienkollegs wichtig, bereits einige Kenntnisse auf Deutsch zu haben (Niveau B1 nach dem "Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen"). Dieser Grundstein kann ebenfalls in Kursen der Universität gelegt werden, wie beispielsweise bei interDaF e.V. am Herder-Institut der Universität, aber auch in staatlich geförderten Integrationskursen oder Angeboten anderer Bildungseinrichtungen. Der Bedarf für Sprachkurse sei enorm, so Schöne.

Universität bietet drei neue Kurse für Studienfortsetzer an

Vor einigen Tagen wurden gemeinsam mit dem Studienkolleg kurzfristig drei neue Kurse auf unterschiedlichen Sprachniveaus gestartet – zusätzlich zu jenen, die ohnehin schon eingeplant waren. „In den Kursen gibt es Plätze für etwa 70 Leute“, erläutert Stefanie Kölling von der Stabstelle Internationales. Sie ist für die Zulassung und Beratung von Masterstudierenden zuständig und Teil des Beratungsteams für Geflüchtete, das derzeit alle Hände voll zu tun hat. Diese zusätzlichen Kurse seien speziell für Geflüchtete konzipiert, die bereits in der Ukraine studiert haben und die die Universität befähigen möchte, ihr Studium in Leipzig auf Deutsch möglichst schnell fortzusetzen. Auswahlkriterien seien unter anderem, ob der gewünschte Studiengang hier angeboten wird und in welchem Semester der oder die Geflüchtete ist. Weitere Kurse wird es im Juli und Oktober geben. Generell seien die Kurse aber weiterhin ebenso für andere Geflüchtete, „für Syrer, für Afghaninnen, Menschen aus dem Irak und alle Schutzsuchenden“, betont Kölling.

Wer bei an der Universität Leipzig nicht im gewünschten Studienfach fündig wird, ist vielleicht an der HTWK oder der Hochschule Merseburg gut aufgehoben oder anders herum.

Studierende aus Drittstaaten ebenfalls betroffen

Das Angebot der Sprachkurse der Universität Leipzig gilt auch für ukrainische Studierende aus Drittstaaten, die ebenso vor dem Krieg flüchten mussten. Faidar Mohamed beispielsweise hat in Lwiw bereits sein Medizinstudium abgeschlossen. In Leipzig hofft der angehende Gastroenterologe, seine Approbation machen zu können und seinen Berufsweg als Arzt weiter verfolgen zu können. Eden Phlip Kenechukwu aus Nigeria war im zweiten Studienjahr der Medizin, als der Krieg in der Ukraine ausbrach. Aber auch er muss zunächst Deutsch lernen.

„Wir kennen das aus den Jahren zuvor, dass es für Betroffene erst einmal ein kleiner Rückschlag ist, dass sie nun noch erst Deutsch lernen müssen“, sagt Stefanie Kölling. „Aber wenn man dann die ersten Male in einer Vorlesung war – vielleicht als Gasthörer:in – merkt man, dass es schon notwendig ist. Dann klappt das meistens auch.“

Studentenwerk berät rund um das Studium

Derzeit wird wie die Hochschulen auch das Studentenwerk Leipzig mit Anfragen überhäuft. „Wir können den Beratungsanfragen gar nicht mehr Herr werden, die wir an den einzelnen Stellen bekommen“, sagt Jana Kuppardt, Leiterin der Sozialberatung und Ansprechpartnerin für internationale Studierende dort. „Deswegen ist es umso wichtiger, die Informationen hier an einem Ort zu bündeln“, wie auf dem gemeinsamen Informationstag, der nun im fünften Jahr stattfand und vom Studentenwerk in Kooperation mit der HTWK und der Uni Leipzig ausgerichtet wird. „Wir, das Studentenwerk, sind für alles rund um das Studium zuständig“, so Kuppardt. Es berät umfassend unter anderem zu finanziellen und sozialen Fragen, bietet Veranstaltungen an. Besondere Zielgruppen seien Studierende mit Kindern oder werdende studentische Eltern sowie Studierende mit Beeinträchtigungen oder einer chronischen Erkrankung, so Kuppardt. „Ziel ist, dass wir auch da eine Unterstützung geben, damit das Studieren auch für alle gleichberechtigt möglich ist.“