An dieser Stelle sollen Projekte und Websites vorgestellt werden, die durch eine aktive Erinnerungskultur gekennzeichnet sind.

„Kindereuthanasie“ im Nationalsozialismus

Das Wort „Euthanasie“ entstammt dem Altgriechischen, kombiniert aus „eu“ (gut) und „thanatos“ (Tod), und bezeichnete ursprünglich einen schmerzlosen, schnellen Tod ohne langanhaltendes Leiden. In der Frühmoderne erweiterte sich die Bedeutung des Begriffs um das ärztliche Bemühen, einen schmerzfreien Tod zu ermöglichen, ohne dabei aktiv in den Sterbeprozess einzugreifen.

Ab dem späten 19. Jahrhundert begann man, den Begriff auch im Kontext der Tötung schwerstkranker und unheilbar kranker Menschen zu verwenden. Die Konnotationen reichen von Sterbehilfe und „Tötung auf Verlangen“ bis hin zur gezielten Tötung von Menschen, die aufgrund eugenischer oder „rassenhygienischer“ Überlegungen als „lebensunwert“ angesehen wurden. Daher ist es problematisch, den Begriff „Euthanasie“ unreflektiert zu verwenden.

Zwischen 1939 und 1941 kennzeichnet der Begriff NS-„Euthanasie“ den industriellen Massenmord, unabhängig davon, ob die Betrachtung aus historischer, juristischer oder ethischer Perspektive erfolgt. Auch der in Fachkreisen und der Öffentlichkeit gelegentlich verwendete Begriff „Krankenmord“ ist kritisch zu sehen, da nicht alle Opfer dieser Verbrechen tatsächlich psychische Erkrankungen oder Behinderungen hatten.

In der Bewertung dieser historischen Ereignisse und der Einstufung der Betroffenen als Opfer sowie ihrer Tötung als Mord ändert diese Tatsache jedoch nichts. Alle Opfer wurden durch die Täter als „lebensunwertes Leben“ klassifiziert und aus Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie deportiert.

Ausstellung "Ausgegrenzt, entwürdigt, vernichtet" in Leichter Sprache

In Deutschland waren von 1933 bis 1945 die National·sozialisten an der Macht.

Das kurze Wort für National·sozialisten ist: Nazis.

Die Nazis waren gegen Menschen mit Behinderungen.
Die Nazis haben Menschen mit Behinderungen getötet.
Das böse Wort von den Nazis dafür ist: Euthanasie.

Diese Internet·seite informiert über die Verbrechen von den Nazis.

Diese Internet·seite gehört zu einem Denkmal in Leipzig.
Das Denkmal ist ein Mahnmal.
Das bedeutet:
Die Menschen heute sollen an die getöteten Menschen denken.
Und die Menschen heute dürfen die Verbrechen nicht vergessen.
Welche Verbrechen sind damals passiert?
Das erklärt diese Internet·seite.

Der Text informiert über:

- Gewalt.
- Und Mord.

Der Text kann Sie belasten.

Die Nazis waren gegen Menschen mit Behinderungen
Wieso waren die Nazis gegen diese Menschen?
Die Nazis haben Arbeiter gebraucht.
Die Nazis haben geguckt:

- Kann dieser Mensch arbeiten?

- Oder kann dieser Mensch nicht arbeiten?

Menschen mit Behinderungen konnten nicht viel arbeiten.
Deshalb haben die Nazis gesagt:
Menschen mit Behinderungen sind weniger wichtig.
Deshalb dürfen wir diese Menschen töten.

Die Nazis haben Gesetze gegen behinderte Menschen gemacht.
             Ein Gesetz ist eine Regel.
Was hat in diesem Gesetz gestanden?
In dem Gesetz hat gestanden:
Alle Menschen mit Behinderungen sollen sterben.
Deshalb haben die Nazis die Menschen getötet.

Wie haben die Nazis die Menschen getötet?
Die Nazis haben die Menschen in Vernichtungs·lager gebracht.

Ein Vernichtungs·lager ist ein Gefängnis.
Die Nazis töten die Menschen in dem Gefängnis.

Die Nazis haben dort über 70.000 Menschen getötet.

Wie haben die Nazis die Menschen mit Behinderungen getötet?
Die Menschen waren in einem Raum eingesperrt.

Die Nazis haben Gift in die Luft gemacht.

Dann haben die Menschen das Gift eingeatmet.
Deshalb sind die Menschen gestorben.

Manche Menschen mit Behinderungen kamen nicht in ein Vernichtungs·lager.
Die Nazis haben diese Menschen anders getötet.
Die Nazis haben den Menschen kein Essen gegeben.
Die Nazis haben den Menschen Gift gegeben.
Deshalb sind die Menschen gestorben.

Wie viele Menschen mit Behinderungen haben die Nazis getötet?
Die Nazis haben 250.000 bis 300.000 Menschen getötet.

Die Nazis haben Gesetze gegen Menschen mit Behinderungen gemacht.

Ein Gesetz ist eine Regel.

Was hat in dem Gesetz gestanden?

In diesem Gesetz hat gestanden:

Kinder mit Behinderungen müssen den Nazis gemeldet werden.

Wer musste die Kinder mit Behinderungen melden?

- Ärzte.
- Und Hebammen.

Die Kinder mit Behinderungen mussten zu einem Gutachter.
Der Gutachter hat die Kinder untersucht.

Der Gutachter war ein Nazi.
Der Gutachter hat entschieden:
Dieses Kind mit Behinderungen darf weiterleben.
Dann hat das Kind eine Therapie gemacht.
Der Gutachter konnte aber auch entscheiden:
Dieses Kind mit Behinderungen ist sehr krank.
Deshalb soll das Kind sterben.

Was ist mit diesen Kindern mit Behinderungen passiert?
Die Nazis haben die Kinder zu einem anderen Ort gebracht.
Die Nazis haben die Kinder dort getötet.

Wie haben die Nazis diese Kinder mit Behinderungen getötet?
Die Nazis haben den Kindern kein Essen gegeben.
Die Nazis haben den Kindern Gift gegeben.
Deshalb sind die Kinder gestorben.

Wie viele Kinder mit Behinderungen haben die Nazis getötet?
Die Nazis haben circa 5.000 Kinder getötet.

Wie war das in Sachsen?
In Sachsen haben die Nazis circa 800 Kinder mit Behinderungen getötet.

Die Nazis haben auch in Leipzig Kinder mit Behinderungen getötet.

Die Nazis haben Gesetze gegen Menschen mit Behinderungen gemacht.

Ein Gesetz ist eine Regel.

Was hat in dem Gesetz gestanden?

In diesem Gesetz hat gestanden:
Menschen mit Behinderungen dürfen keine Kinder bekommen.

Deshalb müssen diese Menschen den Nazis gemeldet werden.

Wer musste die Menschen mit Behinderungen melden?

-  Ärzte.
- Und Pfleger.
- Und Lehrer.

Dann mussten die Menschen mit Behinderungen zu einem Arzt.
Der Arzt hat entschieden:

- Der Mensch darf Kinder bekommen.

- Oder der Mensch darf keine Kinder bekommen.

Dann mussten die Menschen mit Behinderungen zum Gericht.
Der Richter war ein Nazi.
Der Richter hat entschieden:

- Dieser Mensch wird sterilisiert.

- Oder dieser Mensch wird nicht sterilisiert.

Eine Sterilisation ist eine Operation.
Die Geschlechts·organe werden unfruchtbar gemacht.

Dann kann der Mensch keine Kinder mehr bekommen.

Wie viele Menschen mit Behinderungen haben die Nazis sterilisiert?
Die Nazis haben circa 400.000 Menschen sterilisiert.
Die Nazis haben dabei 6.000 Menschen getötet.

Wie war das in Sachsen?
In Sachsen haben die Nazis circa 1.000 Menschen mit Behinderungen sterilisiert.
Die Nazis haben auch in Leipzig Menschen mit Behinderungen sterilisiert.

Die Nazis haben viele Menschen mit Behinderungen getötet.
Die Nazis wollten diese Verbrechen verheimlichen.

Wie haben die Nazis die Verbrechen verheimlicht?
Die Nazis haben die Familien von den Menschen mit Behinderungen angelogen.
Die Nazis haben zu den Familien von den Menschen mit Behinderungen gesagt:

Euer Verwandter wird in ein anderes Kranken·haus gebracht.
Deswegen könnt ihr den Verwandten nicht mehr besuchen.

Die Nazis haben die Menschen aber getötet.
Deswegen konnten die Familien die Menschen nicht mehr besuchen.
Aber die Familien wussten das nicht.
So haben die Nazis die Ermordung vor den Familien verheimlicht.

Was wissen die Wissenschaftler heute über die Verbrechen der Nazis?
Die Wissenschaftler wissen nur sehr wenig über die Verbrechen.
Die Nazis haben fast alle Beweise vernichtet.
Beweise sind zum Beispiel Kranken·akten.

In einer Kranken·akte steht:

- Wie heißt der Mensch?
- Welche Krankheit hat der Mensch?
- Woran ist der Mensch gestorben?

Die Wissenschaftler wissen aber:
Leipzig war ein wichtiger Ort für die Verbrechen.
Die Nazis haben in Leipzig viele Menschen mit Behinderungen untersucht.
Die Nazis haben in Leipzig ungefähr 2.000 Menschen mit Behinderungen getötet.
Die Verbrechen dürfen die Menschen heute nicht vergessen.

Ausstellungen und Informationen zur „Kindereuthanasie“ in Leipzig

1998 wurde in Leipzig ein wichtiger Fund gemacht, der die Forschung zu NS-Euthanasieverbrechen intensivierte. Auf dem Ostfriedhof der Stadt entdeckte man eine Sammlung von 35 Urnen, die höchstwahrscheinlich die Überreste von Patienten der Heil- und Pflegeanstalt Leipzig-Dösen enthielten. Diese Patient:innen wurden während des Nationalsozialismus nach Pirna-Sonnenstein deportiert und dort zwischen 1940 und 1941 ermordet. Weitere Untersuchungen ergaben, dass auch viele Kinder, die Opfer der NS-Kindermordaktionen waren, nicht nur in Leipzig getötet, sondern auch dort begraben wurden.

Das vorliegende Dokument ist als pädagogisches Hilfsmittel für den Unterricht in Schulen, insbesondere für die 9. und 10. Klassen in Leipzig, konzipiert. Es zielt darauf ab, die Lehrinhalte in den Fächern Ethik, Geschichte und Religion zu bereichern, indem es speziell die Verbrechen des Nationalsozialismus gegen behinderte und psychisch kranke Menschen beleuchtet. Der Inhalt stützt sich dabei auf lokale Begebenheiten aus Leipzig und dient der Umsetzung eines Stadtratsbeschlusses vom 13. Dezember 2006. Dieser Beschluss verfolgt das Ziel, die Erinnerung an die Opfer der NS-Euthanasieverbrechen wachzuhalten, die Erforschung dieser Thematik zu fördern und die Öffentlichkeit umfassend zu informieren.

Euthanasieverbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus in Leipzig - Informations-Material für Lehrer und Schüler der 9. und 10. Klassen in Mittelschulen und Gymnasien in Leipzig 
PDF 2 MB

Am 27. Januar 2007 wurde die Wanderausstellung - „Kindereuthanasie“ in Leipzig. Eine Erinnerung. Schüler auf der Suche nach verblassten Spuren. eröffnet, die dem Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gewidmet ist. Diese Ausstellung wurde unter der Leitung der Fachstelle für Extremismus und Gewaltprävention im Zentrum für demokratische Bildung der Stadt Leipzig sowie dem Psychiatriekoordinator der Stadt organisiert. Jugendliche aus verschiedenen Bildungseinrichtungen wie dem Berufsschulzentrum „Henriette-Goldschmidt-Schule“, dem Evangelischen Schulzentrum, der Petri-Mittelschule und dem Projekt „Youth Start“ für Schulverweigerer haben zusammen an der Konzeption und Gestaltung der Ausstellung mitgewirkt. Ihr Fokus lag auf dem sensiblen Thema der Kindereuthanasie, wobei sie wichtige historische Spuren aufgedeckt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben.
 

Wanderausstellung - „Kindereuthanasie“ in Leipzig. Eine Erinnerung. Schüler auf der Suche nach verblassten Spuren.
PDF 997 KB

Die Webpräsenz des Gedenkort "Wiese Zittergras"  bietet Besucher:innen umfassende Informationen, Erklärungen und Hintergründe zu der "Kindereuthanasie"-Verbrechen in Leipzig. Darüber hinaus stellt sie Materialien zur Verfügung und gibt Hinweise auf andere Orte in Leipzig, die dem Gedenken an diese Verbrechen gewidmet sind.

Webseite "Gedenkort Wiese Zittergras"

Am 6. Mai 2011 wurde die Gedenkstätte für die Opfer der Kindereuthanasieverbrechen im Nationalsozialismus – als zentralen Gedenkort von Euthanasieverbrechen – im Leipziger Friedenspark eingeweiht. 

Flyer zum Gedenkort "Das ist die Wiese Zittergras und das der Weg Lebwohl"
PDF 2 MB

Ausstellungen und Informationen zur "Kindereuthanasie" in Deutschland

Ein entscheidendes Dokument für die Durchführung der sogenannten "Kinder-Euthanasie" im Nationalsozialismus war der geheime Runderlass des Reichsinnenministeriums vom 18. August 1939. Dieser Erlass verpflichtete Ärzt:innen und Hebammen dazu, Neugeborene und Kleinkinder, die an schweren, angeborenen Leiden litten, beim Reichsausschuss zu melden. Ursprünglich betraf die Meldepflicht Kinder bis zum Alter von drei Jahren, später wurde diese Altersgrenze jedoch auf bis zu 16 Jahre erweitert.

Die gemeldeten Kinder wurden in speziell eingerichteten „Kinderfachabteilungen“ innerhalb von Heilkliniken untergebracht. In diesen Abteilungen wurden sie nicht nur medizinischen Experimenten unterzogen, sondern viele wurden auch durch Injektionen oder durch gezieltes Verhungernlassen getötet. Darüber hinaus wurden im Zuge weiterer „Euthanasie“-Programme im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten Tausende weiterer Kinder ermordet.

Die Kinderärzte und die Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit

Ausstellungstext:

Über siebzig Jahre nach dem Beginn systematischer Tötungen von geistig und körperlich behinderten Menschen 1939/40 erinnerte die Ausstellung an das dunkle Kapitel der „Kinder-Euthanasie“ während der Zeit des Nationalsozialismus. Auf der Grundlage der nationalsozialistischen Rassenideologie wurden in Deutschland auch an kranken und behinderten Kindern und Jugendlichen medizinische Verbrechen begangen. Über 10.000 von ihnen fielen bis 1945 den verschiedenen Programmen zur Vernichtung „lebensunwerten Lebens“ zum Opfer.
Die Ausstellung zeigte, dass es Ärzten bei der Tötung in der Regel nicht um die schmerzlose Beendigung individuellen Leidens ging, sondern entsprechend der nationalsozialistischen Rassenideologie um die „Befreiung“ des Allgemeinwesens von „Balastexistenzen“, deren Leben nur dann verlängert wurde, wenn sie noch „der Wissenschaft dienen“ konnten. Eine Ausstellung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V..

Ausstellung: Im Gedenken der Kinder

Der Gedenk- und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde an der Berliner Tiergartenstraße 4 besteht seit 2014. An diesem Ort organisierten Verwaltungsfachleute und Ärzte von 1940 bis 1945 den Massenmord an Menschen mit geistigen Behinderungen und psychischen Erkrankungen. Die Vernichtung von über 70.000 Anstaltspatienten erhielt später nach dieser Adresse den Namen »Aktion T4«.


Auf der Website finden Sie vertiefende Informationen zu den nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morden und weiteren Mordaktionen.

Gedenk- und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde an der Berliner Tiergartenstraße 4 

Im Nationalsozialismus wurden spezielle Abteilungen in Krankenhäusern und psychiatrischen Heil- und Pflegeanstalten unter dem euphemistischen Namen „Kinderfachabteilung“ eingerichtet. Diese Einrichtungen waren Orte, an denen Forschungen durchgeführt und Kinder sowie Jugendliche, die körperliche oder geistige Behinderungen hatten, getötet wurden, im Rahmen dessen, was als „Kinder-Euthanasie“ bekannt ist.

Website: Kinderfachabteilungen: Orte der nationalsozialistischen "Kinder-Euthanasie" Verbrechen und der Erinnerung daran in Europa

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