Die Arbeitsgruppe erforscht die Einstellungen von Kindern und Jugendlichen gegenüber Tieren, die Entwicklung dieser Einstellungen bis zum Erwachsenenalter und deren Variation in verschiedenen sozio-kulturellen Kontexten. Zudem wird untersucht, welche Zusammenhänge Kinder zwischen der belebten und unbelebten Welt wahrnehmen.
Beteiligte Fachdisziplinen: Verhaltensbiologie, Anthropologie, Entwicklungs- und Kulturvergleichende Psychologie der Universität Leipzig und des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie
Die Arbeitsgruppe
Wir erforschen die Beziehung von Kindern und Jugendlichen zu Tieren und untersuchen, wie sie Zusammenhänge zwischen Menschen und anderen Lebewesen sowie der unbelebten Umwelt wahrnehmen. Unser Team setzt sich aus Forschenden verschiedener Fachrichtungen zusammen, die mit ihrer Expertise zu multimethodalen (mixed-method) Ansätzen zur kulturvergleichenden Erforschung der Kind-Natur-Beziehung beitragen.
Wir konzentrieren uns auf die kognitiven und emotionalen Einstellungen von Kindern und Jugendlichen gegenüber Tieren, wie sich diese Einstellungen von der Vorschulzeit bis ins Jugendalter entwickeln und wie sie in verschiedenen Gesellschaften variieren, abhängig von der Art und Rolle des Tieres im jeweiligen kulturellen Kontext (z.B. Haustier, Nutztier oder Schädling). Wir möchten zum Beispiel herausfinden, welche Tiere Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Ländern kennen oder mögen und welche nicht, welchen Tieren sie bestimmte Eigenschaften zu- oder abschreiben und woher sie das Wissen über Tiere sammeln. Wir untersuchen zudem, inwiefern prosoziales Verhalten gegenüber Tieren gezeigt wird oder welche Moralvorstellungen in der Tier-Mensch-Beziehung Kinder im Vergleich zu Erwachsenen, abhängig von der Art und Rolle des Tieres, in verschiedenen Gesellschaften entwickeln.
Darüber hinaus erforschen wir, wie und warum Kinder und Jugendliche Tiere sowie andere Lebewesen mit der belebten und unbelebten Welt in Beziehung zueinander bringen. Wir möchten hier herausfinden, welche Zusammenhänge zwischen der belebten und unbelebten Umwelt hergestellt werden und ob beispielsweise Lebewesen und Objekte aufgrund ihrer Form, Funktion oder ökologischen Aspekten miteinander in Beziehung gebracht werden. Auch hier berücksichtigen wir einen möglichen Einfluss des Alters und des sozio-kulturellen Kontexts.
Erkenntnissinteresse der Arbeitsgruppe
Uns interessieren besonders die psychologischen Mechanismen, welche die kognitiven und emotionalen Einstellungen und Wahrnehmung von Kindern und Jugendlichen gegenüber Tieren und ihrer Umwelt bedingen. Ebenso möchten wir herausfinden, welche Faktoren dieser Einstellungen die Entwicklung beeinflussen. Wir konzentrieren uns dabei auf die kulturelle Variabilität und untersuchen universelle kognitive Mechanismen, um sensibler zu verstehen, wie Kinder und Jugendliche aus verschiedenen sozio-kulturellen Kontexten ihre unmittelbare Umwelt, die Natur und unterschiedliche Tiere wahrnehmen, darüber denken oder was sie fühlen. Aus unseren diversen Forschungsinteressen ergibt sich eine Vielzahl an Teilprojekten, die bereits Bestandteil einiger Abschlussarbeiten geworden sind und die eine Grundlage für kommende Publikationen schaffen.
Forschungsphasen
In der ersten explorativen Phase unseres Projekts setzen wir verschiedene qualitative und quantitative Methoden (mixed-methods) aus den Bereichen der Psychologie und Anthropologie ein, um einen fundierten Einblick in die Vielfalt der Einstellungen von Kindern und Jugendlichen zu anderen Lebewesen in verschiedenen sozio-kulturellen Kontexten zu gewinnen. Dieser erste Schritt bildet die Grundlage für den zweiten Schritt, in dem experimentelle Methoden entwickelt werden, die sowohl kulturelle Gegebenheiten berücksichtigen als auch einen systematischen Vergleich zwischen Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaften ermöglichen.
Kooperationspartner:innen
Vergleichende Kulturpsychologie, Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie; Institut für Sozial- und Kulturanthropologie, Freie Universität Berlin; Fakultät für Psychologie, Universität Plymouth und Institut für Forschung, Entwicklung und Evaluation, Pädagogische Hoschule Bern.
Laufzeit
2020 – 2023
Kurz und Knapp
Alles auf einen Blick: Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu unserer Arbeitsgruppe
Unsere Arbeitsgruppe setzt sich zusammen aus Forschenden der Fachdisziplinen der Verhaltensbiologie sowie Entwicklungs- und Kulturvergleichenden Psychologie an der Universität Leipzig und am Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit Forschenden der Universität Plymouth, der Freien Universität Berlin und der Pädagogischen Hochschule Bern zusammen.
Wir untersuchen die Einstellungen Kinder und Jugendlicher zu Tieren und die Entwicklung dieser Einstellungen in verschiedenen sozio-kulturellen Kontexten. Zudem erforschen wir, wie Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Gesellschaften die belebte und unbelebte Umwelt miteinander in Verbindung bringen.
Wir verwenden einen kindzentrierten, multi-methodalen Zugang und führen zum Beispiel Interviews und Fragebogenstudien sowie Verhaltensexperimente (z.B. Sortieraufgaben) mit Kindern und Jugendlichen zwischen vier und 17 Jahren in verschiedenen Ländern durch. Dort arbeiten wir mit Gemeinschaften in ländlichen und städtischen Gebieten, zum Beispiel in China, Indien, Sambia, Ecuador, Syrien und Deutschland.
- Dr. André Krebber, Umwelt- und Kulturwissenschaftler, war bis September 2023 Fellow am LeipzigLab. Er untersuchte gesellschaftliche Mensch-Natur-Verhältnisse aus historischer und theoretischer Perspektive. Schwerpunkt seiner Arbeit sind Fragen der Wissensproduktion und wie sie mit Mensch-Natur-Verhältnissen verflochten sind sowie die besondere Rolle von Tieren darin.
- Prof. Dr. Thomas Stodulka, Professor für Psychologische Anthropologie, Sozial- und Kulturanthropologie an der FU Berlin, war im Wintersemester 2020/2021 Gast in der Arbeitsgruppe Kinder und Natur. Er forscht in Indonesien und Timor Leste zur Etablierung von Permakultur, zum Beispiel in Schulgärten, und wie sich darin die Beziehungen von Kindern zu ihrer Umwelt entwickeln. Während seines Aufenthaltes im LeipzigLab entwickelte er gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Kinder und Natur den Interviewleitfaden und verschiedene Methoden zur Auswertung der Interviews als Teil des mixed-method-Ansatzes.
- Dr. Matti Wilks, Dozent an der Universität Edinburgh, war im April 2023 zu Gast in der Arbeitsgruppe Kinder und Natur. Sie erforscht moralische Wertvorstellungen und Handlungen mit sozial- und entwicklungspsychologischen Methoden, unter anderem in den USA, Großbritannien und Polen. Gemeinsam mit André Krebber bildete sie ein Tandem, um interdisziplinäres Forschen aus der jeweiligen Perspektive ihrer Disziplinen (Moralpsychologie, Umweltwissenschaften) zu beleuchten und zu diskutieren.
- Dr. Josh Rottmann, Außerordentlicher Professor am Franklin & Marshall College, USA, ist Moralpsychologe und beschäftigt sich mit den Gründen für die Entwicklung unterschiedlicher Moralvorstellungen und ob diese zum Beispiel in Abhängigkeit von der politischen Einstellung oder dem sozio-ökonomischen Hintergrund variieren. Gemeinsam mit Matti Wilks und der Arbeitsgruppe Kinder und Natur diskutierte er unterschiedliche Möglichkeiten, den sogenannten „moralischen Kreis“ auch auf Kinder und andere kulturelle Kontexte auszuweiten.
- Dr. Sebastian Tempelmann von der Pädagogischen Hochschule Bern, Schweiz, beschäftigt sich unter anderem mit dem Konzept der Naturverbundenheit aus einer didaktischen und psychologischen Perspektive. Im Rahmen seines Aufenthaltes in der Arbeitsgruppe Kinder und Natur nahm er unter anderem an einem Workshop des BIOWELL-Projektes teil und bereitet gemeinsam mit Arbeitsgruppenleiterin Katja Liebal eine Kooperation mit dem Zoo Leipzig im Zusammenhang mit deren Ausstellung zur Biodiversität vor.