Steckbrief

  • Länge des Aufenthalts

    10.08.2021 – 17.06.2022
  • Stadt, Land

    Stockholm, Schweden
  • Studienrichtung

    Lehramt und Erziehungswissenschaften
  • Studiengang, Studienabschluss

    Latein Lehramt an Gymnasien, Staatsexamen
  • Förderprogramm

    Erasmus+ , DAAD Stipendium
  • War Ihr Praktikum im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?

    Freiwillig
  • Wie haben Sie Ihr Praktikum organisiert?

    Eigenständig
  • Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?

    Mehr als erfüllt
  • E-Mail-Adresse

Vor dem Praktikum im Ausland

Schon seit dem Anfang meines Studiums wusste ich, dass ich einen Auslandsaufenthalt machen wollte. Mein ursprünglicher Plan war gewesen, ein Jahr in Schweden zu verbringen, wovon ich ein Semester ein Erasmusstudium an einer Universität und ein Semester ein Praktikum an einer Schule machen wollte. Da sich jedoch die deutschen und die schwedischen Semesterzeiten stark unterscheiden, war dies nicht möglich. Ich habe mich daher entschieden, ein ganzjähriges Praktikum zu machen, da man aus einem Praktikum deutlich mehr Erfahrung für den zukünftigen Berufsalltag gewinnt.

Ich habe Anfang 2020 begonnen, mich über das PASCH-Netzwerk an schwedischen Schulen zu bewerben, die das deutsche Sprachdiplom ausstellen. Nachdem mir diese aufgrund der Pandemielage jedoch keine festen Zusagen machen wollten, begann ich, mich auf eigene Faust zu bewerben. Meine beiden Fächer sind Mathe und Latein und ich wollte gern an eine Schule, die auch Latein anbietet. Da dies in Schweden bedeutend seltener ist als bei uns, habe ich online alle Gymnasien recherchiert, die Latein anbieten, und mich bei all diesen beworben. Hierfür habe ich folgende sehr nützliche Seite verwendet, die ich allen empfehlen kann, die auch über ein Schulpraktikum in Schweden nachdenken: www.gymnasieguiden.se (nur auf Schwedisch verfügbar).

Insgesamt bewarb ich mich an ca. 20 Schulen in ganz Schweden. Leider erhielt ich nur von einer Handvoll Schulen eine Antwort und nur eine Schule sagte zu: das Kungsholmens Gymnasium/Stockholms Musikgymnasium (wie sich später herausstellte, war das jedoch die perfekte Wahl).

Wer Leipzig kennt, kennt auch das Thomasgymnasium und es ist nicht übertrieben, KG (wie es die Schüler:innen und Lehrkräfte nennen) ein schwedisches Thomasgymnasium zu nennen. Die Schule hat eine Chorsektion, die mit dem Thomanerchor vergleichbar ist und jedes Jahr mehrere Auftritte in Schweden und Europa hat, zu Lucia singt der Chor im Berliner Dom. Außerdem gibt es noch eine internationale Sektion, in der nach schwedischem Lehrplan, aber auf englisch unterrichtet wird, und eine "normale" schwedische Sektion.

Nachdem ich meine Zusage von der Schule erhalten hatte, begann ich mich über die Wohnsituation zu informieren. In Schweden gibt es, genau wie in Deutschland, Studentenwohnheime. Diese kontaktierte ich zuerst. Leider bekam ich die Antwort, dass man dort nur wohnen darf, wenn man auch an einer schwedischen Uni eingeschrieben ist. Daraufhin begann ich, eigenständig nach einer Unterkunft zu suchen. Das Konzept "WG" ist in Schweden weitgehend unbekannt, als Student:in wohnt man meistens im Wohnheim oder ähnlichem. Ich suchte daher hauptsächlich nach Zimmern zur Untermiete. Glücklicherweise fand ich jedoch tatsächlich eine WG "nach deutschem Stile", wo ich das ganze Jahr gewohnt habe. Ich habe für die Wohnungssuche das schwedische Äquivalent zu eBay-Kleinanzeigen benutzt, das ich sehr empfehlen kann: bostad.blocket.se

Für die finanzielle Unterstützung habe ich mich auf das Stipendium "Lehramt.International" des DAAD beworben und wurde für die maximale Förderungsdauer von 6 Monaten gefördert. Das Stipendium kann ich sehr empfehlen. Für den Rest meines Aufenthalts habe ich Erasmus-Praktikumsförderung erhalten.

An meiner Schule war die Arbeitssprache Schwedisch, außer in der internationalen Sektion, wo Englisch gesprochen wird. Ich hatte bereits in der 12. Klasse angefangen, über Duolingo Schwedisch zu lernen. Jeder, der schon einmal Duolingo benutzt hat, weiß aber, dass man damit schnell an die Grenzen des Sinnvollen gelangt. Daher habe ich (nach einigen Schwierigkeiten, u.a. wegen der Pandemie) zuerst am Sprachenzentrum einen B1-Kurs und dann an der VHS Leipzig einen B2-Kurs in Schwedisch belegt. Hat man keinerlei Vorkenntnisse, bietet das Sprachenzentrum auch einen A1-Kurs als SQ an.

Man hört ja oft über die skandinavischen Länder, dass man die Landessprache eigentlich gar nicht zu lernen brauche, es könnten ohnehin alle sehr gut Englisch, und das stimmt auch. Jedoch habe ich es als großen Gewinn empfunden, mit meinen Kolleg:innen und auch Menschen im Alltag auf Schwedisch zu kommunizieren. Wenn man die Landessprache beherrscht, wird es einem auf jeden Fall leichter fallen, Kontakte zu knüpfen. Ein weiteres Vorurteil, das ich bestätigen kann, ist, dass Schwed:innen, wenn man mit ihnen auf Schwedisch spricht, oft direkt auf Englisch antworten, wenn sie merken, dass man kein:e Muttersprachler:in ist. Wenn man dann jedoch hartnäckig bleibt und weiter Schwedisch mit ihnen redet, ist die Reaktion oft sehr positiv und sie freuen sich oft über das Engagement, dass man die Landessprache lernt. Ich empfehle also, in jedem Fall die Landessprache zu lernen!

Während des Schuljahres in Schweden war in einer Klasse auch eine deutsche Austauschschülerin zu Gast. Sie hatte vor ihrem Aufenthalt ausschließlich über Duolingo Schwedisch gelernt und sprach aber nach kurzer Zeit ohne Probleme Schwedisch. Wenn man Englisch und Deutsch beherrscht, ist Schwedisch keine besonders große Hürde mehr.

Während des Praktikums im Ausland

Ich war während meines Praktikums Fremdsprachenassistent im Deutschunterricht. An meinem zweiten oder dritten Tag an der Schule, also noch in der Vorbereitungswoche, bekam ich meinen eigenen Schreibtisch in einem Lehrerzimmer sowie einen Schullaptop. In Schweden bekommen alle Schüler:innen und Lehrkräfte am Gymnasium einen solchen kostenlos zur Verfügung gestellt.

Meine Aufgabe als Fremdsprachenassistent war es hauptsächlich, im Deutschunterricht dabei zu sein und mit meinen muttersprachlichen Kenntnissen beizutragen. Allmählich habe ich auch eigene Stunden gehalten, sowohl im Deutschunterricht (auf Deutsch) als auch im Lateinunterricht (auf Schwedisch). Ich war außerdem an so gut wie allen Tätigkeiten der Lehrkräfte beteiligt, Fachkonferenzen, Weiterbildungen, usw.

Ein Höhepunkt des Jahres war, dass ich die Abschlussklasse des humanistischen Programms auf ihrer einwöchigen Studienfahrt nach Pompeji und Rom begleiten konnte.

Im Rahmen des Deutschunterrichts habe ich, neben dem eigentlichen Unterricht, auch bei der Vor- und Nachbereitung mitgewirkt. Des Weiteren habe ich auch Prüfungen korrigiert, hauptsächlich dann, wenn die Schüler:innen Texte schrieben. Was sicher niemanden überraschen wird, ist, dass die Digitalisierung in Schweden deutlich weiter fortgeschritten ist als bei uns. Die Schüler:innen schreiben die meisten ihrer Prüfungen (mit Ausnahme von Mathe, Physik u.ä.) am Computer in einem sicheren Programm, was den Vorteil hat, dass sie nicht verloren gehen können. Als Lehrkraft kann man dann entweder direkt in diesem Programm korrigieren oder die Texte ausdrucken. Ich habe mich anfangs an der digitalen Korrektur versucht, merkte aber schnell, das diese für den Deutschunterricht nicht geeignet war: zu oft musste ich umständlich erläutern, was ich per Hand mit einem einfachen Kringel anzeigen konnte.

Die Zusammenarbeit mit meinen Kolleg:innen war sehr gut. Die Schule hat zwei Deutschlehrerinnen, ich habe mit beiden eng zusammengearbeitet. Aber auch mit anderen Kolleg:innen habe ich eng zusammengearbeitet, vor allem innerhalb der Fachgruppe Fremdsprachen. Da die Schule sehr groß ist (ca. 1200 Schüler:innen) und es entsprechend viele Lehrkräfte und anderes Personal wie im Sekretariat, der Schulbibliothek oder dem "Schülergesundheitsteam" gibt (das sind Schulkrankenschwester, Spezialpädagog:innen und Berufsberater:innen), insgesamt an die 100 Leute, hat es sehr lange gedauert, bis ich alle Namen kannte. Da man jedoch meist innerhalb einer Arbeitsgruppe arbeitet, die aus 10-20 Mitarbeiter:innen besteht, kennt man seine nahen Kolleg:innen gut.

Ich habe in einer WG gewohnt. Wir wohnten in einem typisch klischeehaften schwedischen Haus (leider nicht rot angestrichen!) ganz oben in der dritten Etage, die restlichen Etagen bewohnten unsere Vermieterin und ihre Familie. Ich hatte großes Glück, diese Unterkunft zu finden, ich wohnte zwar im selben Haus wie meine Vermieterin, aber komplett räumlich getrennt, ganz anders als in einem Zimmer zur Untermiete, sodass wir alle ein großes Maß an Unabhängigkeit genossen.

Die Wohnsituation in Stockholm ist schwierig, als Student:in allein zu wohnen kann man getrost als unmöglich bezeichnen. Ich kann allen nur empfehlen, sich weit im Voraus umzuschauen (siehe Link weiter oben).

Von meiner Praktikumsschule habe ich kein Entgelt erhalten, ich wurde vom DAAD und Erasmus gefördert.

Ich kam im August in Schweden an und hatte im Februar mit der Wohnungssuche angefangen. Die Preise sind in Schweden deutlich höher als in Leipzig. Ich habe für mein WG-Zimmer in einer 4er-WG, ca 13 m² mit gemeinsamer Küche, gemeinsamem Wohnzimmer und Bad, 4740kr im Monat bezahlt und liege damit weit unter dem Durchschnitt. Als ich auf Wohnungssuche war, lag der durchschnittliche Preis für ein Zimmer zur Untermiete im Stadtzentrum (Kungsholmen, Vasastaden, Södermalm etc.) bei ca. 6000kr. Man sollte sich nicht scheuen, etwas außerhalb zu wohnen. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind in Stockholm sehr gut, die U-Bahn (ca. 2 min zu Fuß von meinem Zimmer entfernt) fuhr zur Hauptverkehrszeit alle 2-3 min, in der Innenstadt alle 90 Sekunden und ist auch im Winter zuverlässig und schnell. Wohnt man weiter außerhalb, gibt es auch S-Bahn-ähnliche "pendeltåg", mit denen man schnell in der Stadt ist. Der Nahverkehr ist jedoch astronomisch teuer. Eine einfache Fahrt kostet 39kr, die Monatskarte 970kr, die Jahreskarte 10190kr. Die Tickets kauft man am besten über die App ("SL"), Papiertickets gibt es nicht. Leider bekommt man keinen Studierendenrabatt, den gibt es nur, wenn man an einer Uni in Stockholm zu mindestens 50% eingeschrieben ist (und selbst dann kostet die Jahreskarte noch 6830kr).

Die Anschaffung eines Fahrrads kann ich somit sehr empfehlen. Radfahren ist in Stockholm, außer auf Södermalm, unkompliziert und schnell, jedoch mit dem großen Unterschied zu Leipzig, dass es ständig sehr weit rauf und runter geht, Brücke, Berg, Ufer, Berg, Brücke, Ufer usw. Eine Gangschaltung ist ein Muss!

Die Lebenshaltungskosten sind ebenfalls höher, jedoch stark davon abhängig, wo man einkauft. Am billigsten ist es bei Lidl und Willys.

Man muss zusätzliche Kosten für eine schwedische Hausratsversicherung einplanen. Diese ist hier verpflichtend. Die Kosten sind jedoch überschaubar.

Ein besonderes Erlebnis war auf jeden Fall der Schuljahresabschluss. Die schwedischen Traditionen, die mit dem "Studentexamen" (Abitur) verbunden sind, unterscheiden sich stark von unseren und sind, wie ich finde, deutlich schöner. Macht man ein Schulpraktikum in Schweden, sollte man sich dies auf gar keinen Fall entgehen lassen! Die Schüler:innen tragen allesamt eine matrosenartige Mütze und singen den "studentsången". An meiner Schule fand in der Aula eine Abschlussfeier statt, zu der auch die Lehrer:innen auftraten, sangen und tanzten.

Als EU-Bürger:in braucht man in Schweden keinerlei Aufenthaltsgenehmigung. In Schweden gibt es jedoch eine sogenannte "personnummer", die für so gut wie alles benutzt wird. Als Ausländer:in kann man sie erhalten, wenn man mindestens 12 Monate in Schweden bleibt. Das war für mich nicht der Fall, ich erhielt stattdessen eine "samordningsnummer", die jedoch bedeutend weniger nützlich ist. Hierüber sollte man sich auf jeden Fall im Voraus informieren und unmittelbar nach seiner Ankunft sollte man sich im "Skatteverket" (Mischung aus Finanz- und Einwohnermeldeamt) registrieren und diese Nummer geben lassen (sie kommt dann nach ca. 7 Wochen per Post). Die schwedische Digitalisierung ist in großem Maße von der personnummer abhängig und daher Ausländer:innen oft schwer zugänglich.

Nach dem Praktikum im Ausland

Das Praktikum konnte ich mir leider in keiner Weise anerkennen lassen, da es keinem der Pflichtpraktika des Lehramtsstudiums entsprach. Das sollte aber niemanden davon abhalten!

Ich bin nach meiner Rückkehr wieder in dieselbe WG gezogen wie vor meinem Aufenthalt. Das verlief auch sehr angenehm und unproblematisch.

Zu Hause in Leipzig angekommen habe ich mich sehr über das Treffen mit Freunden und Familie gefreut (so geht es wahrscheinlich den meisten, die eine längere Zeit im Ausland waren).

Ich vermisse aus meinem Praktikum vor allem meine Kolleg:innen, mit denen ich das ganze Jahr über eng zusammengearbeitet habe, mitunter aber auch einige Schüler:innen. Einige habe ich das Jahr über bis zu fünf Stunden in der Woche im Unterricht gehabt. Ich vermisse außerdem die obligatorischen schwedischen Zimtschnecken (Geheimtipp: Die Kardamomschnecken sind noch viel leckerer!).

Noch etwas, dass ich vermissen werde, ist, dass man sich in Stockholm viel mehr als hier auf den ÖPNV verlassen kann. Oft war es so, dass eine U-Bahn gerade abfuhr, als ich auf den Bahnsteig kam, als ich aber am anderen Ende des Bahnsteigs angekommen war, kam direkt die nächste.

Das war auf jeden Fall nicht das letzte Mal, dass ich an meiner Praktikumsschule war. Ich werde bereits im September für eine Woche zu Besuch kommen. Wer Zeit im Ausland verbringt, der knüpft dort auf jeden Fall Kontakte, sei es mit Mitbewohner:innen, Freund:innen oder mit Kolleg:innen o.ä. auf Arbeit!