Steckbrief
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Länge des Aufenthalts
01.05.2019 – 31.07.2019 -
Stadt, Land
Brüssel, Belgien -
Arbeitssprache
Deutsch -
Studienrichtung
Wirtschaftswissenschaften -
Studiengang, Studienabschluss
Wirtschaftswissenschaften B. Sc., Bachelor of Arts -
Förderprogramm
Erasmus+ -
War Ihr Praktikum im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?
Freiwillig -
Wie haben Sie Ihr Praktikum organisiert?
Eigenständig -
Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?
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veröffentlicht am
Vor dem Praktikum im Ausland
Ich fand es spannender mein Praktikum im Ausland zu absolvieren und durch die attraktiven Fördermöglichkeiten mit Erasmus+ war das auch finanziell recht gut machbar. Ich habe mich sowohl bei privaten als auch öffentlichen Einrichtungen, die in Brüssel im EU-Kontext arbeiten, nach Praktika erkundigt. Mein persönlicher Eindruck war, dass die öffentlichen Einrichtungen flexibler bei der Praktikumsdauer sind, weshalb ich mich schlussendlich für die Landesvertretung Baden-Württembergs entschieden haben.
Ich habe mich nicht intensiv thematisch vorbereitet, da im Vorhinein nicht klar war, in welchem Referat ich arbeiten würde. Ich habe aber allgemein mein Wissen über die EU-Institutionen etwas aufgefrischt. Zur Unterkunftssuche wurde mir von der Landesvertretung eine Liste mit Wohnungsvorschlägen gegeben, ansonsten gibt es noch Praktikantengruppen auf Facebook und allgemeine Gruppen zur Wohnungssuche in Brüssel. Ich bin schlussendlich in einem privat geführten Wohnheim für Praktikanten untergekommen.
In der Landesvertretung wird auf Deutsch gearbeitet. Die Arbeitssprache der EU ist aber Englisch, manchmal auch Französisch. Wenn man ein gutes Englischniveau hat und bereit ist, sich mit den Fachwörtern zu beschäftigen, sollte man keine größeren Probleme haben. Im täglichen Leben ist Französisch als Landessprache natürlich von Vorteil, meine Kolleginnen und Kollegen sind aber teilweise auch komplett ohne sehr gut durchgekommen.
Während des Praktikums im Ausland
Ich habe dem Referenten des Wirtschaftsministeriums und dem Referenten des Finanzministeriums zugearbeitet. Das bedeutet, ich habe mich viel mit tagesaktuellen Wirtschafts- und Finanznachrichten, sowie entsprechender geplanter EU-Legislatur beschäftigt. Meine Kollegen waren alle sehr aufgeschlossen, nett und sind einem immer auf Augenhöhe begegnet. Besonders toll an einem Praktikum in der Landesvertretung Baden-Württemberg ist, dass man sehr viele Mitpraktikanten hat. Wir waren knapp zehn Stück und haben uns untereinander sehr gut verstanden. Wir waren auch außerhalb der Arbeit sehr viel zusammen unterwegs. Meine Chefs waren beide jung und überaus nett. Außerdem steht den Praktikanten eine Betreuerin zur Seite, die sich um euch kümmert und bei allen Fragen mit Rat und Tat zur Seite steht. Mein Workload war durchgehend angemessen, ich wurde teilweise zwar sehr gefordert - aber nie überfordert. Man arbeitet 39,5h die Woche, und der Arbeitstag beginnt gegen 9 Uhr. Mir hat besonders gefallen, dass wir als Praktikanten oftmals die externen Einladungen unserer Chefs übernehmen durften. Das bedeutet, ich durfte zu Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Abendveranstaltungen von anderen öffentlichen Institutionen und Interessensvertretungen . Abgesehen von dem guten Catering bekam ich dort auch spannende Einblicke in mir davor fremde Themen. Diese Veranstaltungen behandelten vielfältige Themenkomplexe - von makroökonomischen Prognosen der EZB über Jugendkriminalität in Göteborg bis hin zu philosophischen Vorträgen war alles dabei. Außerdem ist es ganz spannend mal neben einem EU-Kommissar oder der Vizepräsidentin des EU-Parlamentes am Buffet zu stehen.
Ich habe ein Zimmer in einem privaten Wohnheim während meiner Zeit in Brüssel gemietet. Das Zimmer war eher zweckmäßig eingerichtet, jeder hatte aber ein eigenes Bad. Die großzügige Küche teilte ich mir mit circa 20 Leuten, es gab aber viele die nie gekocht haben, sodass man außerhalb der Stoßzeiten eigentlich immer ohne zu warten kochen konnte. Außerdem wurden die Zimmer jede Woche von einer Reinigungskraft geputzt, die Küche jeden Tag. Weiterhin hatte das Wohnheim 24/7 eine Rezeption im gegenüberliegenden Haus, die Ansprechpartner bei allen Problemen war. Wir hatten einen großzügigen Aufenthaltsraum, der auch für größere Partys unseres Wohnheims herhalten musste. Insgesamt war der Umgang im Wohnheim sehr freundschaftlich. Meine 'Mitbewohner' waren alle junge Praktikanten, die in EU-Institutionen gearbeitet haben. Dafür war die Miete mit 630€/Monat recht hoch. Man zahlt hier nur bedingt für das Zimmer, sondern eher für den Service und die Flexibilität (Mindestmietdauer waren nur 2 Monate). Ich denke, man muss hier für sich persönlich beurteilen, ob man sich ein Zimmer im Wohnheim nehmen kann/will oder ob man sich ein WG-Zimmer nimmt, bei dem man dann meist nur zwischen 400€-550€ zahlen muss. Sehr billige Zimmer in meist schlechterer Lage sind ab 350€ zu haben, wenn man früh genug dran ist. Passt bitte sehr gut auf, dass ihr keinen Betrügern aufsitzt. Ein Freund von mir hatte Kaution und erste Monatsmiete überwiesen und stand dann vor einer verschlossenen Türe.
Die LV Baden-Württemberg zahlt im Gegensatz zu den meisten anderen Einrichtungen ein Praktikumsentgelt von 450€. Von anderen Vertretungen/Verbänden kenne ich Praktikanten, die nur 50€/Monat für ein Nahverkehrsticket bekommen. Reich wird man im teuren Brüssel also nicht.
Ich gehe davon aus, dass ich im Monat ca. 1050€ ausgegeben habe. Davon 630€ für Miete.
Ich habe mir für 15€/Monat ein Fahrrad geliehen und musste somit nie auf die Öffentlichen Verkehrsmittel zugreifen und war auch um einiges flexibler. Das kann ich wirklich nur jedem empfehlen. Mittags geht in Brüssel fast jeder in eine Sandwicherie - Mit Studentenrabatt wird man hier für 3,50-4€ am Tag satt. Abends habe ich selber gekocht oder bin zu Veranstaltungen gegangen, das hat mich also nichts gekostet. Der Rest meines Budgets wurde vornehmlich für die Abendgestaltung und Lebensmittel verwendet.
Eine Ausgabe, die man vielleicht nicht direkt sieht ist die für Businesskleidung. In Brüssel gilt für Männer Anzugspflicht, für Frauen natürlich auch ein dementsprechender Dresscode. Für ein paar schöne Hemden, Anzüge und Schuhe sind im ersten Moment ein beträchtlicher Betrag fällig, aber ich habe das eher als Investition gesehen. Früher oder später werde ich diese nämlich eh kaufen müssen.
Der kleine Supermarkt an der Ecke ist immer wirklich wirklich teuer, in etwa wie bei uns an der Tankstelle. Geht dort also nur für Kleinigkeiten hin und sonst immer ab zu Lidl oder samstags zum Markt am Place Flagey.
Wenn ihr die Möglichkeiten habt, geht auf externe Veranstaltungen, wann sonst hat man die Gelegenheit im Europäischen Parlament mit Abgeordneten zu frühstücken oder auf der Dachterrasse eines 5-Sterne Hotels umsonst zu Abend zu essen?
Erkundet Brüssel und Belgien am Wochenende. Es ist wirklich ein kleines Land - ihr seid in 1h in Gent und in 2h am Meer oder in Antwerpen.
Versucht wo auch immer ihr seid neue Leute kennenzulernen. In Brüssel herrscht eine wunderbar offene Stimmung und es ist einfach internationale Freundschaften zu schließen.
Donnerstag nach der Arbeit treffen sich wirklich alle Praktikanten aus dem EU-Umfeld am Plux direkt vor dem EU-Parlament. Und vergesst nicht den Wecker für Freitagmorgen zu stellen - es gibt ja bei all dem Vergnügen auch noch Arbeit zu erledigen ;)
Nach dem Praktikum im Ausland
Ich war im Semester darauf noch im Erasmus-Studium in Polen - hab dementsprechend mein Praktikum noch nicht anerkennen lassen. Die Betreuung durch das Akademische Auslandsamt während des Praktikums war sehr gut. Da ich mich relativ spontan für das Praktikum entschieden habe, hatte ich ein paar Konflikte mit Deadlines für die Erasmus+ Förderung , das AAA kam mir hier sehr entgegen. Meine Fakultät war hier eher unflexibel.
Da ich das nächste Semester mit meinem Erasmus-Studium in Polen verbracht habe, bin ich noch nicht nach Leipzig zurückgekehrt. Ich denke, die meisten von uns denken bei Erasmus in erster Linie an das Auslandsstudium, aber nachdem ich nun beides hinter mir habe, kann ich jedem nur raten sich zu überlegen auch ein Praktikum im Ausland zu machen. Dort schließt man genauso internationale Freundschaften und hat genug Möglichkeiten ein neues Land zu entdecken.