Steckbrief

  • Länge des Aufenthalts

    18.08.2018 – 30.06.2019
  • Lehrsprache

    Englisch
  • Studienrichtung

    Geschichte, Kunst- und Regionalwissenschaften
  • Studiengang, Studienabschluss

    Religionswissenschaft B. A., Bachelor of Arts
  • Förderprogramm

    Erasmus+
  • War Ihr Studium im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?

    Freiwillig
  • Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?

    Erfüllt
  • E-Mail-Adresse

Vor dem Studium im Ausland

Ich hatte ein Jahr vorher spontan den Entschluss gefasst, in den Niederlanden einen Auslandsaufenthalt zu verbringen. Ich bin in der Grenzregion zu den Niederlanden aufgewachsen und wollte gerne einmal "richtig" dort leben. Leiden lag am weitesten von der deutschen Grenze weg, deshalb erhoffte ich mir, dass dort wenig deutsch gesprochen würde.

Ein Jahr vorher begann ich mit der Recherche nach niederländischen Unis, an denen mein Studienfach gelehrt wird. Da mein Institut keine Kooperation mit einer niederländischen Uni hat, musste ich recherchieren, welche Institute Kooperationen haben und Kontakt zu ihnen aufnehmen.

Die Unterkunft habe ich mir selbst organisiert, also die Angebote der Uni zur Wohnungssuche mehrfach ausgeschlagen. Da der Wohnungsmarkt ziemlich ausgelastet ist, besser solche Angebote in Anspruch nehmen. Regelmäßig müssen ausländische Studierende frühzeitig abreisen, weil sie auch nach einigen Monaten noch keine Wohnung finden. Das gilt für fast alle niederländischen Großstädte, wie Amsterdam, Groningen, ... .

Die hauptsächliche Sprache war Englisch. Dafür reicht das Schulniveau B2. An niederländischsprachigen Lehrveranstaltungen konnte ich nur durch ausdrückliche Bitte und Nachweis des entsprechenden Niveaus teilnehmen.

Wenn der Auslandsaufenthalt mit Erasmus+ angetreten wird, gibt es freiwillige Online-Sprachkurse in der Hauptunterrichtssprache (in diesem Fall also englisch), an die man regelmäßig per E-Mail erinnert wird.

Während des Studiums im Ausland

Das Studium an der Uni Leiden hat sich um einiges von dem an der Uni Leipzig unterschieden. Zum einen ist es dort "verschulter", das heißt, gut angepasst an die Bologna-Reformen. Eine Anwesenheitspflicht gibt es praktisch zwar nicht, zumindest was Vorlesungen betrifft, die im Bachelor den Großteil der Lehrveranstaltungen ausmachen, dafür brauchte ich aber auch erstmal ein Semester, um das herauszufinden. Aber in verschiedenen Instituten wird das möglicherweise auch anders gehandhabt. Es gibt deutlich mehr Prüfungen, d.h. das Semester ist in midterms und endterms geteilt, jeweils ein - vier Wochen in der Mitte und am Ende des Semesters, wo in jedem Fach, d.h. jeder Lehrveranstaltung eine Prüfung geschrieben wird, oder ein Paper abgegeben werden muss. Für eine "Hausarbeit" hat man manchmal nur 3 Tage Zeit. Außerdem gibt es keine "Semesterferien" zwischen "Winter-" und "Sommersemester", sondern nach 3-4 Wochen Prüfungszeitraum (Zeit, wo Prüfungen stattfinden können) geht es direkt weiter. Dafür sind im Sommer lange Ferien.

Meine Lieblingslehrveranstaltungen waren "New Religions" und "Global Christianity", was zum einen an den Dozierenden lag, aber auch an ihrer Unterrichtsgestaltung. Obwohl die Fächer wie die meisten im Bachelor als "Vorlesungen" ausgeschrieben waren, versuchten die Dozierenden, die Unterrichtsstunden interaktiv zu gestalten und Diskussionen anzuregen.

Für Austauschstudierende gab es einen Raum im Lipsius-Gebäude (dem Gebäude der Geisteswissenschaften), der POP-Corner heißt, und dafür dienen soll, dass sich die ausländischen Studierenden untereinander vernetzen und beispielsweise sich gegenseitig ihre Muttersprachen beibringen. Auch niederländische Studierende sind angehalten, dort nach Tandems für ihr Sprachtraining zu gucken.

Am Campus Den Haag, wo die meisten internationalen Studiengänge (wie internationales Recht, Politik etc.) angesiedelt sind, gibt es eine regere Hochschulkultur, wo mehr Vernetzung stattfindet. Das habe ich nur peripher mitbekommen.

Außerdem gibt es zu Beginn eine Einführungswoche für ausländische Studierende, die aber um die 80€ kostet. Ich habe nicht daran teilgenommen.

Ich habe bei einem älteren Mann (um die 60) und seinem Sohn (Anfang 20) in einem eigenen Zimmer gewohnt, wo eine kleine Küche integriert war. Dadurch habe ich de facto nur den Flur und das Bad mit den beiden geteilt. Das Haus war in der Nähe vom Strand, ein wenig außerhalb in Den Haag. Dadurch musste ich fast täglich 60min nach Leiden pendeln. (Fahrrad/Tram zum Bahnhof, 10min Bahnfahrt, 15min vom Bahnhof Leiden zur Uni zu Fuß).

Es ist sehr schwierig, in Leiden eine Wohnung zu finden, weshalb sich Den Haag als Ort zum pendeln besser anbietet. Dabei solltet ihr vielleicht versuchen, eine etwas zentrumsnahere Wohnung zu finden, im Endeffekt aber doch das anzunehmen, was sich ergibt, bevor ihr gar keine Wohnung findet.

Ein Tipp ist die Wohnungssuche in den Dörfern rund um Leiden. Z. B. Katwijk, Voorburg, Leiderdorp, Leidschendam, Voorschoten, Oud Wassenaar oder Valkenburg. Obwohl "Dorf" erst einmal abschreckend klingt, sind diese Orte sehr gut verbunden. Mit dem Fahrrad kann man so problemlos in bis zu 20min nach Leiden fahren und auch die Busse fahren meist bis in die Nacht.

Für die Wohnungssuche gilt: es gibt etliche kostenpflichtige Portale. Einfach eins aussuchen und es damit versuchen. Meins war kamer.net. Es zahlt sich aus, wenn man niederländisch kann. Viele antworten gar nicht auf englische Nachrichten. Bei Studentenverbindungen (sieht man schon daran, dass ganz ganz viele Personen auf dem Bild der Anzeige in Partystimmung sind) sollte man es gar nicht erst versuchen; man muss Mitglied werden, um dort einzuziehen. Viele Wohnungen verlangen auch, dass man eine niederländische Postleitzahl angibt, weil sie der Wohngesellschaft DUWO gehören, die nach einer Rangliste Studierende, die weiter weg wohnen den Vortritt gewährt. Viele niederländische Studierende bleiben bei ihren Eltern wohnen und pendeln zur Uni.

Pro Monat habe ich knapp 1000€ aufgebracht.

Für mein WG-Zimmer habe ich 475€ bezahlt, was ein durchschnittlicher Preis ist. Teilweise haben Wohnungen in Leiden 700€ gekostet.

Zusatzkosten: Durch das Pendeln und die Ermangelung einer richtigen Mensa (nur dünne Suppen und Brötchen, ab 5 Uhr Mahlzeit, die war aber auch nur klein portioniert) bin ich häufig Essen gegangen. Für die Uni musste ich außerdem Bücher besorgen.

Durch den großzügigen Auslandszuschlag von Erasmus+ und ein weiteres Stipendium musste ich mir aber nie Sorgen machen, sondern hätte eigentlich noch mehr Geld ausgeben können.

Die niederländischen Studierenden socialisen sich nicht so sehr an der Uni wie Deutsche. Deshalb: sucht euch ein Hobby, um dort Leute vor Ort kennenzulernen.

Wenn ihr wie ich zwischen Leiden und Den Haag pendelt, überlegt euch, wo ihr euer soziales Netzwerk aufbauen möchtet. Ich habe zum Beispiel nicht an den Angeboten des Hochschulsports (der um einiges teurer ist als in Leipzig) teilgenommen, weil ich mich nicht entscheiden konnte, ob ich mich für den Campus Den Haag oder den Campus Leiden anmelden sollte.

Nach dem Studium im Ausland

Alles lief rund. Alle Leistungen konnten problemlos anerkannt werden. Ich hätte sie mir auch als Leipziger Module auf dem Zeugnis anerkennen lassen können, wollte aber lieber, dass dort der Original-Titel steht. Mein Erasmus-Beauftragter, die Sekretärin an meinem Institut und der Prüfungsamt-Zuständige waren dabei sehr kooperativ.

Wir haben gemeinsam eine Notenumrechnungstabelle im Internet recherchiert und zusammen überlegt, ob die umgerechnete Note der Originalnote entspricht. Damit lief alles fair und ich wurde in alle Prozesse miteinbezogen.

Erst zu Semesterbeginn und nicht schon "mitten in den Semesterferien" umziehen, um besser "anzukommen". Ich habe meinen Umzug einige Monate vorher vorverlegt und hatte dann Probleme mit der Wohnungssuche, weil die meisten Umzüge in Leipzig im August, September stattfinden und dann auch erst die Wohnungen frei sind.

Ich habe während der Umzugsphase, also zwischen den beiden Semestern in Leiden und Leipzig meine Bachelorarbeit geschrieben. Das hat mich neben dem Umzug auch gestresst. Also: wenn möglich früher/später ins Ausland oder Bachelorarbeit verschieben.

3 Dinge, die ich vermisse: meine Freunde, das Meer, die Umgebung.

Eine andere Uni in einem anderen Land weitet den Horizont (Lernkultur, fachliche Unterschiede, ...) und man baut sich ein größeres soziales Netzwerk auf, auf das man möglicherweise später berufstechnisch zurückgreifen kann.